Reichertshausen
Schonungslos und aufrüttelnd

"Eisenzeit – Abgründe eines Krieges": Reichertshausener Friseur schreibt Roman über Ersten Weltkrieg

29.08.2014 | Stand 02.12.2020, 22:18 Uhr

Buchautor Raimund Simmet mit zwei Stücken aus seiner Sammlung: Eine alte Pickelhaube und ein Stahlhelm, der erst ab dem Jahr 1916 zur Truppe kam - Foto: Steininger

Reichertshausen (PK) Es war der 1. August 1914, an dem Kaiser Wilhelm II. die Mobilisierung der deutschen Streitkräfte angeordnet hatte. Heute, 100 Jahre später, erinnern viele Veröffentlichungen an den Ersten Weltkrieg, darunter der Roman von Raimund Simmet.

„Eisenzeit – Abgründe eines Krieges“ lautet der Titel, den der 45-jährige Reichertshausener seinem Erstlingswerk gegeben hat. Das beinhaltet als Hauptcharakter die Fronterlebnisse eines Pfaffenhofener Soldaten, die ungeschminkt die Realität in den Schützengräben darstellen „und zwar schonungslos, realistisch bis ins kleinste Detail und aufrüttelnd“, wie der Autor erzählt. Simmet ist eigentlich selbstständiger Friseurmeister mit zwei Salons in München, außerdem Dozent an der Berufsbegleitenden Meisterschule für Friseure und Stellvertretender Obermeister der Friseurinnung München. Trotzdem findet er noch Zeit für seine Hobbys, nämlich „Geschichtsforschung“ und „experimentelle Geschichte“. Unter letzterer versteht er eine Darstellungsgruppe in Form eines eingetragenen Vereins, der das süddeutsche Militär von 1870 bis 1918 nachstellt und auch im Internet unter www.dsm1918.de dreisprachig vertreten ist.

Zur Geschichtsforschung sei er während seiner Reserveoffiziers-Laufbahn bei der Bundeswehr gekommen, wo er mit Ernst Jüngers Buch „In Stahlgewittern“ konfrontiert wurde. Dessen Tagebuchaufzeichnungen schildern die Kampfhandlungen an der Westfront aus Sicht eines jungen Freiwilligen. Das und viele Bilder hätten ihn ebenso schockiert wie beeindruckt und waren der Beginn eines 25-jährigen Recherchierens in Sachen Erster Weltkrieg. Und das beschränkte sich nicht nur auf das Lesen einschlägiger Literatur, sondern Simmet unternahm viele Informationsreisen an Orte, die Kriegsgeschichte geschrieben haben wie Verdun mit Fort Douamont, Cambrais, Douai, Ypern und andere mehr. Die guten Verbindungen zu ähnlich gelagerten, befreundeten französischen Interessengruppen ermöglichten den Zugang zu Anlagen, „die Pauschaltouristen verschlossen bleiben“, so Simmet. Da stelle sich ein „beklemmendes Gefühl“ ein, wenn man die Stätten sinnlosen Blutvergießens besichtige, und auf der Suche nach Geschosssplittern brauche man nur mit den Füßen zu scharren.

Und genau diese Realität in den Schützengräben hat er in seinem Roman festgehalten, „denn selbst der beste Spielfilm über den Ersten Weltkrieg kann nur einen Bruchteil dessen wiedergeben, was tatsächlich los war“. Das übersteige die Vorstellungskraft der heutigen Generation bei weitem. Dem abzuhelfen, sei eines der Ziele seines Romans, in dem der fiktive Brauersohn Rudolph Schmidt als Leutnant der Reserve im Jahr 1916 nach Verdun kommandiert wird und dort das Leid mit seinen Untergebenen teilt, aber gleichzeitig auch Führungsstärke beweisen muss.

Ähnlichkeiten mit historischen oder lebenden Personen seien rein zufällig, darauf weist der Autor ausdrücklich hin. Die Frage, ob Erich Maria Remarques Roman „Im Westen nichts Neues“ ihn beeinflusst habe, verneint Raimund Simmet ausdrücklich: „Der beschreibt nicht tief genug die Realität, wie sie wirklich war, zum Beispiel, wie die Landser in den Gräben zwischen verwesenden Leichenteilen hausen mussten“.

Rund 340 Seiten in 20 Kapiteln umfasst das Buch, für das er mit dem Schreiben schon vor einigen Jahren begonnen hat, zunächst noch handschriftlich in einem College-Block. Dann geriet das Skript nach einigen Umzügen erst mal in Vergessenheit, bis es ihm „beim Stöbern im Keller“ wieder in die Hände gefallen ist. Das wurde nach seinem mittlerweile besseren Kenntnisstand in den PC übertragen, was teilweise in Nachtarbeit bis gegen fünf Uhr früh geschah. Für die letzten 200 Seiten habe er rund drei Monate gebraucht, denen zugrunde lägen aber 25 Jahre Recherche, die den Stoff für einen möglichst authentischen Roman geliefert hätten. Es sei ihm ein Bedürfnis gewesen, „einmal zu schreiben, wie es wirklich war“, sagt der 45-Jährige.

Simmet verfügt auch über eine Sammlung historischer Militaria von 1870 bis 1918, wie original Patronentaschen oder Uniformen, die er als Statist bei Filmaufnahmen schon öfter tragen durfte. Alles originalgetreu, versteht sich. Eines seiner wertvollsten Stücke sei die Uniformjacke des Königlich-Bayerischen Leibregiments. Die Holzrahmen der Tornister früherer Zeit seien qualvoll zu tragen gewesen, das kennt er aus eigener Anschauung, wie auch erst 1916 der Stahlhelm die frühere Pickelhaube zum besseren Schutz der Soldaten ersetzte, dazu passt auch sein Buchtitel „Eisenzeit“. Waffen besitzt er übrigens keine.

„Eisenzeit – Abgründe eines Krieges“ erscheint Ende September/Anfang Oktober 2014 im Wagner-Verlag, Gelnhausen, und ist bereits jetzt bestellbar unter der ISBN-Nr. 978-3-95630-240-4.