Pörnbach
"Die Rolle der Frau ist entscheidend"

Der parlamentarische Staatssekretär Thomas Silberhorn (CSU) will die Ursachen der Flucht bekämpfen

01.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:53 Uhr

Pörnbacher Spargel bekam der parlamentarische Staatssekretär Thomas Silberhorn (CSU) von der Frauen-Union-Kreisvorsitzenden Emilie Bergmeister. - Foto: Vogl

Pörnbach (vov) Über Fluchtursachen und deren Bekämpfung referierte am Freitagabend der parlamentarische Staatssekretär Thomas Silberhorn (CSU) in Pörnbach. Die Frauen-Union (FU)- Kreisvorsitzende Emilie Bergmeister hatte zu dem Vortrag vor rund 60 Zuhörern eingeladen.

Auch Landtagsmitglied Karl Straub (CSU) kam, um über die aktuelle Flüchtlingspolitik zu sprechen. Straub sagte, dass dies die ersten Wochen seien, in denen die Flüchtlingspolitik nicht oberste Priorität erfahre. Momentan gäbe es kaum Neuankömmlinge. Den Grund dafür sah Straub in der Schließung der mazedonischen Grenze, außerdem hielten auch Österreich und Italien "dicht. Wenn es so weitergegangen wäre, hätten wir es nicht geschafft."

Auch Silberhorn nahm diesen Gedanken in seinem Vortrag auf. Der Politiker stammt aus dem Wahlkreis Bamberg-Forchheim. Er ist seit 2002 Mitglied des Bundestages und seit 2014 parlamentarischer Staatssekretärs im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung inne. Der Staatssekretär sieht eine Lösung des Flüchtlingsproblems weder im totalen Dichtmachen der Grenzen noch in einer ungebremsten Aufnahme. Er riet vielmehr dazu, die Probleme in den Herkunftsländern der Flüchtlinge selbst zu lösen. Man müsse den Menschen dort Lebensperspektiven, eine Arbeit und ein Auskommen bieten. Klar sei aber, dass "das, was wir tun, nur ein Beitrag sein kann, der nie ausreichen kann." Weltweit gäbe es momentan 60 Millionen Flüchtlinge, fasste Silberhorn zusammen, die zu 90 Prozent aus den Entwicklungsländern stammten. Viele fliehen vor Krieg und Gewalt, andere vor Hunger und Armut.

In Afrika soll sich die Bevölkerung voraussichtlich innerhalb einer Generation von 1,2 Milliarden auf 2,4 Milliarden Menschen bis 2050 verdoppeln. Hier kennt sich Silberhorn aus, denn er ist Deutscher Gouverneur bei der afrikanischen Entwicklungsbank. Es sei daher anzunehmen, so Silberhorn, dass die Migration aus diesen Ländern zunehmen wird. Mitverantwortlich sei auch die zunehmende Verbreitung von Smartphones: "Die bringen die europäische Glitzerwelt noch in die kleinste Hütte." In Afrika gäbe es mittlerweile mehr Handys als Toiletten oder Zugang zu sauberem Trinkwasser.

Ein Diskussionsteilnehmer, der anonym bleiben wollte, vermutete, dass ein Wachstumsland wie Afrika ähnlich wie China oder Indien letztlich zur Geburtenkontrolle gezwungen sei. Er fragte, ob dies nicht auf diplomatischem Wege mittels UN durchsetzbar sei. Silberhorn stellte klar, dass sein Ministerium keine Geburtenregelung vorschlage. Jedoch stelle man den Familien die Frage, ob sie sich Bildung und Gesundheit für eine wachsende Kinderschar leisten könnten. Grundsätzlich würden Frauen ihr erwirtschaftetes Einkommen zu 90 Prozent in die Familie investieren, Männer jedoch nur zu 40 Prozent. Deswegen sei es wichtig, die Frauen ins Erwerbsleben einzubeziehen. "Die Rolle der Frau ist entscheidend für die Entwicklung."

Die dritte Bürgermeisterin von Wolnzach, Kathi Gmelch, fragte, warum die Rückführung vieler junger männlicher Flüchtlinge nicht schneller erfolge: "Sie könnten in ihren Ländern doch für den Wiederaufbau genutzt werden." Silberhorn erwiderte, dass die Rückführung in afrikanische Staaten mittlerweile gut klappe, auch habe es bereits Rückführungen nach Afghanistan gegeben. Beim Wiederaufbau sei "Hilfe zur Selbsthilfe gefragt". Die jungen Männer müssten in den lokalen Arbeitsmarkt integriert werden.

Silberhorn berichtete auch von erfolgreichen Projekten, die Hoffnung machten: So hätten bayrische Unternehmen in Tunesien 50 000 neue Arbeitsplätze geschaffen. In eine syrische Stadt seien momentan wieder 90 Prozent der Vertriebenen nach Aufbaubemühungen zurückgekehrt.

Nachdenklich wurden die Mienen im Saal, als der Staatssekretär über den Besuch in einem der weltgrößten Flüchtlingscamps Zaatari in Jordanien berichtete. Dort gäbe es viele syrische Kinder, die bereits jahrelang keine Schulbildung mehr erfahren haben - der Krieg in Syrien tobt bereits im sechsten Jahr. Im Camp werden die Kinder beschult, und zwölf- bis 13-jährige Mädchen hätten stolz berichtet, dass sie später Krankenschwestern, Ärztinnen und Lehrerinnen werden wollten. Die Realität sähe aber anders aus: Im Alter von 14 Jahren würden diese Mädchen meist an einen erheblich älteren Mann verheiratet.