Pörnbach
Spargelstechen fürs Traumhaus

160 Saisonkräfte arbeiten im Pörnbacher Großbetrieb, um ihr Leben daheim zu verbessern

11.04.2017 | Stand 02.12.2020, 18:19 Uhr

Genau gewogen wird der Spargel kurz vor dem Verkauf von der Rumänin Kristina Lazar (oben), die zusammen mit ihrem Mann als Saisonkraft bei Spargel Schiebel arbeitet. Ein Reisebus bringt die Arbeiter zu ihren Feldern (unten), sie schlafen in Mietcontainern.

Pörnbach (PK) Stechen, waschen, sortieren: Auf rund 80 Hektar Land sind bei Spargel Schiebel in Pörnbach 160 Saisonarbeiter aus Osteuropa beschäftigt. Für sie ist es ein guter Verdienst. Und für den Betrieb sind die Arbeiter die Grundlage fürs Überleben.

Grigore Sorin Lazar rudert mit den Armen: "Hier rüber", ruft der sonnengebräunte Rumäne in seiner Muttersprache. Ein paar der 60 Männer auf dem Feld nahe Pörnbach richten sich auf und schauen ihren Vorarbeiter an, warten. Erst beim dritten Ruf laufen sie in die Spargelreihe, die der Rumäne ihnen zugewiesen hat. Es ist Lazars erste Saison als Vorarbeiter, in der er unter anderem die Arbeiter gleichmäßig auf den Feldern verteilen muss, in enger Absprache mit seinem Chef, der wissen will, wann welches Feld angefahren werden soll.

Lazars Entscheidungen sind wichtig, denn sie haben direkte Auswirkungen auf den Ertrag. Und der ist heuer zum Auftakt ziemlich gut. Das liegt am Wetter, bei 20 Grad fühlt sich das Gemüse am wohlsten. "Im Moment ist das Angebot sehr hoch", sagt Geschäftsführer Christian Schiebel, "die Preise sind allerdings noch recht niedrig." Das bestätigt auch der Leiter des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Pfaffenhofen, Josef Konrad. Die 39 Spargelbetriebe im Landkreis Pfaffenhofen hatten es zum frühen Saisonauftakt eher schwer, ihren Spargel zu verkaufen. "Der Markt war ziemlich gesättigt", sagt Konrad. "Doch nun hat der Spargelerzeugerverband in München die Saison offiziell eröffnet. Ab da läuft es meist besser." Am Ende der Saison werden es rund 1200 Tonnen sein, die auf 302 Hektar Ackerfläche im Landkreis geerntet werden, so Konrad. 5 bis 18 Tonnen stechen allein die Helfer bei Spargel Schiebel am Tag.

Vorarbeiter Lazar deutet auf eine Plane. "Legt sie drüber", ruft er seinen Kollegen zu, die ihn erst nicht verstehen. Schon will der 29-Jährige über die Spargeldämme springen, um das Problem selbst zu beheben, aber dann hört ihn doch noch einer, der die Plane über einer Spargelreihe wieder zurechtzieht.

Wird der Spargel direktem Sonnenlicht ausgesetzt, verfärbt er sich violett, erklärt Schiebel. "An sich nichts Schlechtes. Es bedeutet nur, dass der Spargel lebt." Die Kunden allerdings sind den weißen oder grünen Spargel gewöhnt, alles andere lässt sich schlecht verkaufen.

Lazar weiß das, deshalb hat er in seiner achten Saison den Vorarbeiter-Job bekommen. Er macht es wegen des höheren Stundenlohns. "Das reine Stechen gefällt mir eigentlich besser", sagt er. "Den ganzen Tag von Reihe zu Reihe gehen, ganz ohne Stress." Aber, in Rumänien strebe nun einmal jeder nach einem Eigenheim und auch er will sich diesen Traum erfüllen - zusammen mit seiner Frau, die mit ihm beim Spargelbetrieb arbeitet.

Während der rund dreimonatigen Saison schläft das Ehepaar zusammen mit dem Bruder der Frau in einem Mietcontainer, der etwa zweieinhalb mal sechs Meter misst. Die Bezahlung macht das wett, sagt Lazar. "In Deutschland werden Erntehelfer einfach viel besser bezahlt als bei uns in Rumänien."

Trotzdem wird es für die Schiebels zunehmend schwer, in Ostereuropa gute Mitarbeiter zu finden. "Und die sind für unseren Betrieb unersetzlich", sagt der Geschäftsführer. Bei Schiebel verdienen die Spargelstecher den Mindestlohn in Höhe von 8,60 Euro pro Stunde, dazu kommt eine Prämie für diejenigen, die besonders viel Gemüse stechen - als Anreiz für mehr Leistung.

Wie viel jeder gesammelt hat, wird direkt nach dem ersten Waschgang abgewogen. Damit die Körbe zuzuordnen sind, trägt jeder einen individuellen Code. Danach bleibt das Gemüse rund eine Nacht in der Kühlkammer - zwei Grad kaltes Wasser fließt über die empfindlichen Spitzen, "so bleibt er länger frisch", erklärt Schiebel. Als Nächstes waschen die Frauen den Spargel per Hand, er wird mit einer Maschine grob vorgeschnitten, "mehr als 22 Zentimeter sind nicht erlaubt", mit Frischwasser gereinigt und sortiert. Dabei verlässt sich Schiebel nicht auf die Maschine, das Personal sortiert mit der Hand nach und schneidet zum Beispiel unschöne Stellen weg. Mit Brucheis und Frischwasser wird am Ende noch einmal die Kühle bewahrt, bevor das Gemüse auf der Waage von Kristina Lazar landet, der Ehefrau des Vorarbeiters.

Die Rumänin sortiert und wiegt seit drei Jahren in dem Pörnbacher Betrieb. Auch auf einem Champignonfeld in Deutschland arbeitet sie einige Monate. Ihr gefällt dieses Leben, sagt sie. "Mehr als ein halbes Jahr möchte ich momentan nicht zu Hause sein, dann wird mir langweilig." Aber eigentlich geht es ihr genau wie ihrem Mann darum, eines Tages ein Haus zu kaufen, und zwar näher an der westrumänischen Stadt Oradea. Momentan lebt das Paar in einem abseits gelegenen Dorf. Da ist der Weg zur nächsten Schule weit, sagt sie. "Wenn wir einmal Kinder haben, will ich, dass sie ein schönes Zuhause haben."