Pörnbach
Armes, reiches Pörnbach

Die Gemeinde ist trotz hohen Potenzials wirtschaftlich schwach Viele Bürger wollen das aber nicht anders

25.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:23 Uhr

So schön kann Heimat sein: Ein Blumenfeld nördlich von Pörnbach, im Hintergrund die Kirche und rechts die Schornsteine, die zur einst florierenden Brauerei gehören. In Pörnbach gibt es heute wenig Gewerbe, dafür viel Natur. - Foto: Brenner

Pörnbach (PK) Sanft senkt sich die Gemeinde in die Landschaft. Umgeben von Hopfenfeldern, Birkenalleen und Mischwäldern lässt es sich hier verweilen - nur das Rauschen der B13, die direkt durch die Ortsmitte führt, deutet darauf hin, dass Pörnbach nicht nur reine Idylle ist. Dass hier auch die Verkehrsadern der Region fließen, mit direktem Anschluss an die B 300 und rund acht Fahrminuten von der Autobahn entfernt.

Ein Traum also für die Industrie im wirtschaftlich florierenden Bayern. Eigentlich. Doch obwohl es genug Flächen rund um Pörnbach gebe und in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder die Gelegenheit da war, die Gewerbesteuereinnahmen der Gemeinde ansteigen zu lassen, sind die nackten Zahlen nach wie vor eher ernüchternd. So freute sich Bürgermeister Helmut Bergwinkel (FUW) vor Kurzem schon über die "vergleichsweise hohe" Gewerbesteuer von 355 000 Euro im Jahr 2015. Das ist allerdings vergleichsweise wenig. Die südliche Gemeinde Hettenshausen - mit aktuell 2082 Einwohnern sogar noch kleiner als Pörnbach (heuer 2194 Einwohner) - kommt im selben Jahr auf satte 865 000 Euro.

Auch der Bürgermeister weiß, dass seine Gemeinde wirtschaftlich nicht die Stärkste ist. "Es ist hier finanziell schon alles sehr eng", sagt er. Stolz ist er dennoch, etwa auf die Rücklage von 1,7 Millionen Euro. Die Verschuldung beträgt 1 081 063 Euro. "Eigentlich wären wir somit schuldenfrei."

Dennoch generiert die Gemeinde seine Einnahmen vor allem aus dem, was die Bewohner in den wirtschaftsstarken Städten Ingolstadt und Pfaffenhofen oder auch in den Betrieben vor Ort verdienen - rund 1,7 Millionen Euro kamen vergangenes Jahr von der Einkommenssteuer oder von Gebühren und Entgelten. Davon muss die Gemeinde einiges bezahlen: Die Kreisumlage, laufende Kosten wie Abwasserbeseitigung, dazu stehen demnächst die Ertüchtigung der Kläranlage und die Schulhaussanierung an. Auch die Wasserleitungen müssen erneuert werden. "Da bleibt nicht viel Spielraum für zusätzliche Maßnahmen. Jedes Gewerbe, das weggeht, schmerzt." Zuletzt scheiterte das 21 Hektar große Sondergebiet "Logistik", das nördlich der Gemeinde geplant war. Die Untere Naturschutzbehörde des Landratsamtes in Pfaffenhofen befand, dass das Gebiet einen zu großen Eingriff in die Natur darstelle. "Über die Störche wurde viel diskutiert", sagt Bergwinkel. "Im Nachhinein hat sich herausgestellt, dass die Störche gar nicht auf der Wiese sind. Auch die Wiesenbrüter gibt es nicht." Für den Bürgermeister wäre es der große Wurf gewesen - damit hätte er sein Wahlversprechen, mehr Gewerbe nach Pörnbach zu bringen, übererfüllt.

Doch für die Gemeinde, so scheint es, soll es immer nur die kleine Lösung geben. Das rund vier Hektar große Gewerbegebiet nördlich der Bundesstraße wird weiter verfolgt. Anfang August hatte dort sogar ein Investor aus dem Reich der Mitte Interesse, wie Bergwinkel bestätigte. Er sucht ein Grundstück mit 10 000 Quadratmeter Fläche für die Produktion. Derzeit prüft er aber gerade noch andere Optionen in Deutschland.

Ob sich in dem Gebiet überhaupt Gewerbe ansiedelt, das dürfte vielen Pörnbacher ohnehin nicht so wichtig sein. Sie sind mit der Entwicklung ihres Ortes zufrieden. "Die Bürger sind bei der Frage sehr gespalten", sagt ein Bürger, der lieber anonym bleiben will. Während die eine Hälfte für Fortschritt und Gewerbe sei, wolle die andere möglichst viel der Naturidylle schützen und halte das Vorhaben für naturschutzmäßig bedenklich.

Auch der Bürgermeister will kein Wachstum um jeden Preis. Zwar müsse man auch künftig neue Anfragen überprüfen. Allerdings: "Wir wollen nicht jede Firma hier." Zusätzlicher Verkehr oder extreme Geruchsbelästigung seien nicht erwünscht.

Diese Angst vor einer Veränderung, die auch negative Folgen mit sich bringen kann, prägte immer schon die Debatte um die Gewerbeansiedlung in Pörnbach. Die Frage, warum es nicht viel früher deutlich mehr Ambitionen für mehr Wirtschaft gegeben hat, ist für viele Bewohner ein heikles Thema. So heikel, dass selbst ehemalige Gemeinderatsmitglieder gegenüber unserer Zeitung nicht darüber reden wollen. Zu groß sind die Bedenken, missverstanden zu werden, denn eines ist ihnen wichtiger, als öffentlich Versäumnisse anzukreiden: Sie lieben ihre Heimatgemeinde, mit all ihren Vorzügen und Schwächen. Und dennoch: "Es wurde lange, lange Zeit sehr wenig getan für ein Industriegebiet", sagt einer. Vor rund 50 Jahren habe es beispielsweise die Gelegenheit gegeben, ein Ziegelwerk anzusiedeln, "aber die Grundstückseigner wollten das Land nicht verkaufen." Immer wieder seien Avancen vonseiten des Gewerbes an Landwirten gescheitert. Nie sei Pörnbach seinen Ruf als schlafendes Dorf losgeworden.

Ein anderer ehemaliger Gemeinderat sagt, Ende der 80er Jahre habe der damalige Bürgermeister nicht genug dafür getan, dass sich zusätzliche Industrie ansiedele. Allerdings habe es früher auch noch eine florierende Brauerei gegeben. Heute ist der einstige Glanz des sonnengelben Gebäudes weitgehend verblasst, es wird nur noch für die Logistik gebraucht. In das Verwaltungsgebäude sollen demnächst Flüchtlinge einziehen.

Noch mehr Rückgang prägte die vergangenen Jahre. Die Heiglbeck-Filiale mit Lebensmittelmarkt machte 2011 dicht und ein Supermarkt ist ganz gewiss nicht in Sicht, betont Bürgermeister Bergwinkel. "Das Einzugsgebiet um Pörnbach herum ist einfach zu klein." Kein Investor habe da Interesse. Ob das schade ist? Bergwinkel spricht das aus, was vermutlich viele Pörnbacher denken: "Man muss sich auch fragen: Was verliert man" Und meint zum Beispiel das kleine Lebensmittelgeschäft in der Dorfmitte, das der Konkurrenz eines Supermarktes sicher nicht gewachsen wäre. Im Prinzip habe der Ort ja ohnehin alles, was man für das tägliche Leben braucht, sagt der Bürgermeister: Einen kleinen Lebensmittelladen, Metzger, Tankstelle, Bäcker, zwei Bankfilialen und sogar Kita und Schule.

Auch mit den Einwohnerzahlen ist er zufrieden. So leben derzeit 2194 Menschen in dem Ort, Ende 2015 waren es noch rund 50 weniger. Zu große Sprünge wie von 2013 auf 14 hält er eher für schwierig. "Jährlich 80 Leute mehr, das wäre zu viel für die Gemeinde." So wie es jetzt läuft, mit rund 20 Geburten im Jahr, sei die Kita gerade richtig ausgelastet. "Pörnbach ist eine wunderbare Gemeinde. Mein Hauptanliegen ist es, sie so zu erhalten."