Pfaffenhofen
Streit um vierten Sanka-Standort

Gutachten schlägt Rettungswache in Rohrbach vor Pfaffenhofen sieht Landkreissüden benachteiligt

21.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:31 Uhr

In der BRK-Rettungswache an der Pfaffenhofener Ilmtalklinik ist einer drei Sankas im Landkreis stationiert - die anderen beiden in Geisenfeld und Reichertshofen. Umstritten ist, wo nun ein vierter Rettungswagen am dringendsten benötigt wird. ‹ŒArch - foto: Junkmann

Pfaffenhofen (PK) Der Landkreis Pfaffenhofen soll endlich den seit Jahren geforderten vierten Rettungswagen bekommen. Dieser soll voraussichtlich in Rohrbach stationiert werden. Doch dagegen protestiert die Stadt Pfaffenhofen, die vor einer Unterversorgung des südlichen Landkreises warnt.

Eigentlich wäre es ja ein Grund zur Freude: Der vierte Rettungswagen für den Landkreis ist zum Greifen nah. Im sogenannten Trust-III-Gutachten, das die Rettungsdienstsituation in der Region untersucht, kommt das Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement zum Schluss, dass der zusätzliche Sanka angeschafft werden müsste - finanziert durch die Krankenkassen. Bisher ist je ein Rettungswagen in Pfaffenhofen, Geisenfeld und Reichertshofen stationiert.

"Wir bekommen eine Erhöhung der Rettungskapazitäten zuerkannt und das Gutachten schlägt den Standort Rohrbach vor - wegen der Dreifachabdeckung nach Geisenfeld, Reichertshofen und Pfaffenhofen", berichtet Landrat Martin Wolf (CSU). Der neue Rettungswagen könne so tagsüber die anderen drei Standorte absichern, sollte bei einer Alarmierung der dortige Rettungswagen bereits im Einsatz sein. "Und es zeichnet sich ab, dass die Krankenkassen das mittragen", erklärt Wolf.

Der Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung (ZRF) in der Region 10, dessen Vorsitzender Wolf ist, wollte diesen Standort ursprünglich bei seiner heutigen Sitzung in Ingolstadt beschließen. Doch an dem vorgeschlagenen Standort hat sich ein politischer Streit entzündet. Die Stadt Pfaffenhofen fordert den vierten Rettungswagen für den Landkreissüden. "Die Stationierung muss sich am Bedarf orientieren und sollte nicht politisch entschieden werden", argumentiert Pfaffenhofens Bürgermeister Thomas Herker (SPD). Rückendeckung bekommt er unter anderem vom SPD-Kreisrat Werner Hammerschmid, der hauptamtlich selbst im Rettungsdienst arbeitet. Er sieht die Stationierung in Rohrbach kritisch, obwohl er als Wolnzacher persönlich davon profitieren würde. "Aber im mittleren und nördlichen Landkreis käme dann ein Rettungswagen auf rund 22 000 Bürger, in den Südgemeinden ist der eine Rettungswagen hingegen für über 57 000 Menschen zuständig", rechnet Hammerschmid vor. Und dabei sei noch gar nicht berücksichtigt, dass der Landkreisnorden einerseits auch von der Rettungswache im Ingolstädter Süden abgedeckt werde, andererseits bei außergewöhnlichen Notfällen auch die Rettungswagen von Airbus und Bayernoil eingreifen könnten. Im Vergleich dazu seien die südlichen Randgemeinden wie Scheyern, Jetzendorf und Gerolsbach unterversorgt: "Das sind weiße Flecken", warnt Hammerschmid.

Zwar bescheinige das Gutachten diesen Gemeinden eine ausreichende Abdeckung durch die Rettungsdienste der südlichen Nachbarlandkreise. "Aber das zweifle ich an", sagt der Insider. "Die Versorgung der Randgemeinden von Allershausen und Markt Indersdorf aus ist allein von den Wegstrecken her gar nicht in der vorgeschrieben Hilfsfrist von zwölf Minuten möglich", erklärt er - allein von den zeitaufwendigeren Abläufen der Alarmierung her. Die nähmen bereits mehrere Minuten in Anspruch, ehe der Sanka überhaupt ausrücke. "Man darf da doch nicht blind einem Gutachten vertrauen, sondern muss auf den gesunden Menschenverstand hören", sagt der Kreisrat.

Ähnlich argumentiert Pfaffenhofens Bürgermeister Herker in einem scharf formulierten Brandbrief an den Landrat: "Die Hilfsfristen im Stadtgebiet Pfaffenhofen und den südlichen Gemeinden werden, wenn überhaupt, nur knapp eingehalten." Das würden Statistiken belegen. "Insgesamt dürfte es sich um rund ein Drittel der Landkreisbevölkerung handeln, das aus unserer Sicht nachteilig behandelt wird", argumentiert Herker. Die Standortwahl sei nicht nachvollziehbar. Nicht nur, weil Rohrbach keine Infrastruktur für eine Rettungswache habe. Sondern vor allem wegen des steigenden Bedarfs im Süden. Laut Stadtverwaltung steigen die Einsatzzahlen im Einzugsbereich der Pfaffenhofener BRK-Rettungswache stetig - auch wegen der wachsenden Zahl an Alten- und Pflegeheimen. Der Sanka aus Allershausen oder Markt Indersdorf müsse immer öfter Einsätze übernehmen, weil der Pfaffenhofener Rettungswagen in anderweitig gebunden ist. Und auch die Feuerwehren müssten zunehmend einspringen und Erste Hilfe leisten.

Landrat Wolf will sich den Forderungen aus Pfaffenhofen nicht grundsätzlich verschließen: "Die Stadt hat ein berechtigtes Anliegen, über die Hintergründe informiert zu werden", sagt er - schon weil die Kommune sich im Vorfeld sehr stark für den vierten Rettungswagen engagiert habe. Also hat Wolf die für heute angesetzte Entscheidung im Zweckverbandsrat kurzfristig noch einmal vertagt. Das Trust-Gutachten, das alle Landkreise der Region umfasst, solle in einem Grundsatzbeschluss zwar anerkannt werden - um den anderen Landkreisen keine Möglichkeiten zu verbauen. Der konkrete Vergabebeschluss zum vierten Sanka im Landkreis Pfaffenhofen werde aber noch mal vertagt, verspricht der Landrat. Voraussichtlich in den September. "Es gibt offensichtlich noch Aufklärungsbedarf", erklärt Wolf diese Entscheidung. "Da sollte die Standortfrage nicht binnen weniger Tage übers Knie gebrochen werden." Er wolle mit der Kreisstadt und den betroffenen Bürgermeistern vorher das Gespräch suchen und das Gutachten erörtern. "In der Diskussion soll dann die beste Lösung gefunden werden." Dabei sei aber wichtig, die Belange des ganzen Landkreises zu würdigen. "Sonst besteht die Gefahr, dass wir die Unterstützung der Krankenkassen verlieren", warnt Wolf. "Und ich will nicht, dass wir das positive Ergebnis für den Landkreis gefährden."