Pfaffenhofen
Wer soll auf die Kinder aufpassen?

Caritas schlägt Alarm: Im Landkreis gibt es bald nicht mehr genug Tagesmütter und -väter

27.08.2015 | Stand 02.12.2020, 20:52 Uhr

Mit Spaß bei der Arbeit: Sabine Engelhard ist eine von rund 50 Tagesmüttern im Landkreis, sie kümmert sich aktuell um fünf Kinder - dazu gehören Anna (von links), Constantin und Ron. Die Caritas hofft, dass noch mehr Pfaffenhofener die Freude an der Kinderbetreuung entdecken, denn sonst gibt es im Landkreis bald einen Engpass in der Tagespflege - Foto: Lodermeyer

Pfaffenhofen (PK) Die Caritas warnt: Im Landkreis gibt es nicht genug Tagesmütter und -väter, ein Kurs zur Qualifizierung wird erstmals womöglich sogar ausfallen – es liegen nicht genug Anmeldungen vor.

Sandra Moll ist langsam mit ihrer Weisheit am Ende. „Es ist das erste Mal, dass wir nicht wissen, ob er stattfinden kann“, sagt die Sozialpädagogin, die bei der Caritas im Tagespflegezentrum arbeitet. Zweimal im Jahr gibt es einen solchen Qualifizierungskurs, in zehn Einheiten lernen Interessierte, was sie für die Tagespflege von Kindern wissen müssen. Und bisher haben sich auch stets die nötigen sechs Personen gefunden – für den Kurs ab September hingegen liegen erst vier Anmeldungen vor. Moll sieht hier quasi Gefahr im Verzug: „In den letzten Jahren ist es immer recht gut rausgegangen“, erzählt sie. Meist konnten die Kinder wie gewünscht bei Tagesmüttern und -vätern untergebracht werden. Doch sieht die Sozialpädagogin hier eine Entwicklung hin zu einem Ungleichgewicht: „Jetzt wird es extrem, weil viele Eltern keinen Krippenplatz bekommen – da stehen die Kinder dann auf der Warteliste und es bräuchte als Übergang eine andere Betreuung.“ Die Tagespflege wäre hier eine Option – aber ohne das entsprechend geschulte Personal kann die Caritas die Kinder nicht mehr passend vermitteln.

Aktuell gibt es in der Stadt Pfaffenhofen 17 Tagesmütter, vier davon arbeiten in der Großtagespflege. Im gesamten Landkreis sind es 49 Frauen und zwei Männer, die sich um Kinder kümmern. Eine davon ist Sabine Engelhard aus Schweitenkirchen. Sie arbeitet seit 2004 in der Tagespflege – fast 20 Kinder hat sie so schon mit groß gezogen. „Ich hatte mal ein Tageskind – die Alexandra – die kam zu mir, als sie drei Monate alt war“, erinnert sich Engelhard. Das ist nun genau zehn Jahre her. „Sie kommt heute noch zu mir und besucht mich“, freut sich die Mutter zweier erwachsener Kinder. Vier bis fünf Kinder betreut die Schweitenkirchenerin parallel. „Aber es sind nicht immer alle da.“ Für sie ist die Arbeit als Tagesmutter eine gute Mischung. „Es ist für beide Seiten flexibel“, sagt sie. „In einer Einrichtung müssen Eltern ihre Kinder zu einer bestimmten Zeit abgeholt haben. Wenn sie jetzt aber nach der Arbeit am Münchener Hauptbahnhof stecken bleiben, können sie bei mir anrufen – und dann bleibt das Kind halt mal länger.“ Umgekehrt läuft es genauso: Wenn Engelhard mal ein privater Termin dazwischen kommt, könne sie das meist mit den Eltern absprechen.

Tagesmutter ist die Schweitenkirchenerin dabei eigentlich durch Zufall geworden. „Anfangs habe ich das nur privat gemacht. Eine Bekannte brauchte einfach jemanden, der auf ihre Kinder aufpasst“, erinnert sie sich. Dann sei sie aber in die Aufgabe „reingewachsen“. Inzwischen melden manche Eltern ihre Kinder bei Engelhard an, sobald sie geboren sind. Die meisten Kinder kommen aus Schweitenkirchen und der Umgebung; manchmal sind auch Ausnahmen dabei: Ein Kind kommt beispielsweise aus Augsburg, doch die Mutter arbeitet in Pfaffenhofen.

„Man muss auf jedes Kind eingehen“, sagt Engelhard. „Da kann man auch nicht groß etwas vorbereiten – es kommt eh immer anders. Da kann man etwas zum Basteln herrichten, doch dann sehen die Kinder den Trettraktor im Garten und wollen den waschen. Das Planen hab ich aufgegeben.“ Aber genau das gehört für die Tagesmutter dazu: Die Kinder sollen bei ihr nicht abgeliefert werden zur Betreuung, sondern einen ganz normalen Familienalltag erleben. „Wir gehen auch mal miteinander einkaufen in den Supermarkt oder mit Kater Tigi zum Tierarzt“, erzählt sie. „So wie es zu Hause in der Familie eben auch zugeht.“ Dazu gehöre auch, mal zu schimpfen. Und auch der eine oder andere Zwischenfall – beispielsweise ein Bienenstich oder dass ein Kind Fieber bekommt. „Aber es ist noch nie etwas Schlimmeres passiert“, sagt Engelhard. „Das ist auch das, was ich nie erleben möchte: Dass ich einem Elternteil sagen muss, mir ist heute deren Kind vor ein Auto gelaufen.“ Aber diese Möglichkeit ist für Engelhard nicht ausschlaggebend – für sie ist klar: „Solange mir die Tagespflege Spaß macht, mache ich es weiter.“