Pfaffenhofen
Wegweiser durch schwere Zeiten

Der Sozialverband VdK hat im Landkreis schon über 4700 Mitglieder Tendenz steigend

27.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:29 Uhr

Zusammen an der Spitze des VdK-Kreisverbands: Gabriele Bachhuber steht dem ehrenamtlichen Flügel des Sozialverbands vor, Werner Böll ist als Geschäftsführer der Chef der hauptamtlichen Mitarbeiter in der Kreisgeschäftsstelle in Pfaffenhofen. - Foto: Ermert

Pfaffenhofen (PK) Den Schwachen unserer Gesellschaft eine Lobby geben: Unter diesem Motto ist der Verband der Kriegsversehrten (VdK) nach dem Weltkrieg gegründet worden. Inhaltlich hat er sich im Lauf der Jahrzehnte deutlich gewandelt: hin zu einem Sozialverband moderner Prägung.

"Wenn wir mal ganz ehrlich sind, hat der heutige VdK mit dem Verband, der sich früher der Kriegsopfer und -waisen angenommen hat, nicht mehr viel zu tun - und trotzdem ist unser Grundanliegen noch immer dasselbe", kommentiert Werner Böll den Wandel. Böll ist Geschäftsführer des Pfaffenhofener VdK-Kreisverbandes. Und zudem ein hauptamtlich angestellter Berater des Sozialverbandes. Insgesamt fünf Mitarbeiter kümmern sich hauptberuflich um die Verwaltung und die rechtliche Vertretung der aktuell 4764 Mitglieder im Landkreis.

An seiner Seite steht Gabriele Bachhuber. Die Geisenfelderin ist schon seit Jahren die VdK-Kreisvorsitzende. "Also der ehrenamtliche Arm unserer Organisation", erläutert sie. Die beiden vertreten damit die übergeordnete Instanz der insgesamt 16 Ortsverbände. Nicht jede Gemeinde hat eine eigene Vertretung. Manchmal wirken die Zusammenhänge gar etwas wirr. "Das liegt ganz einfach an den Strukturen, die nach dem Weltkrieg geherrscht haben", führt Bachhuber aus. Im Dezember 1946 wurde der VdK in Bayern gegründet - und kurz danach auch die meisten Ortsverbände. "Damals haben wir uns um die Versorgung der Kriegsopfer gekümmert. Aber irgendwann sind die meisten von diesen gestorben. Dann hat die Neuausrichtung begonnen", so Böll.

Spätestens in den 80er Jahren endete die Lobbyarbeit für die Kriegsopfer. Neue Problemfelder im sozialen Bereich sind damals entstanden. Seither geht es mehr um Rentenangelegenheiten, um die Pflegeversicherung und um die Betreuung von Schwerbehinderten. "Wir sind eine große Solidargemeinschaft", erläutert Bachhuber. "Wir kümmern uns um die Schwachen der Gesellschaft. Um jene, die sich vor Gericht keine Vertretung leisten können - und die sich rechtlich auch nicht gar so gut auskennen." Genau für diese Menschen ist Werner Böll da. In der Kreisgeschäftsstelle am Münchner Vormarkt in Pfaffenhofen empfängt er die Mitglieder, die ein Problem haben. Wird ein Rentenantrag abgelehnt, legt er Widerspruch ein. Und scheitert dieser ebenfalls, legt Böll im Namen des Vereinsmitglieds notfalls Klage ein. Aber auch im Pflegebereich stoßen die Mitglieder oftmals an ihre Grenzen. "Wir haben hier etwa 30 Beratungsgespräche pro Tag. Aufs Jahr gesehen ist die Zahl sogar vierstellig. Und die Tendenz ist steigend", führt der VdK-Berater aus. Dauerhaft wird der Kreisverband mit der momentanen personellen Besetzung nicht klarkommen. "Wir müssen irgendwann weiter aufstocken", sagt er. Und das sei auch kein Wunder. Die Gesetzeslage werde immer verworrener. Und die Zahl der Problemfälle wachse ständig. Es ist vor allem die Altersarmut, die ihn mit Sorge in die Zukunft blicken lässt. "Das Rentenniveau sinkt stetig. Im Gegensatz wachsen die Ansprüche der Bürger - und Geld für die private Vorsorge bleibt angesichts steigender Miete und laufender Kosten auch nicht immer", fasst er die Eckpunkte der Problematik zusammen. Auch bei den Pflegefällen gehe es immer komplexer zu. Die früheren Familienstrukturen brechen immer öfter auseinander. Viele Singlehaushalte, zu Bruch gehende Ehen und Alleinerziehende gestalten das soziale Gefüge brüchiger als früher. "Da müssen Kinder für den Unterhalt der Eltern zahlen. Senioren müssen sich im Alters-WGs zusammenschließen. Und Pflegefälle können sich die zwingend notwendige Hilfe schlichtweg nicht mehr leisten", ergänzt Gabriele Bachhuber.

Der VdK kann nicht zaubern. Wo schlichtweg kein Anspruch besteht - ob auch Frührente oder auch mehr Pflegegeld - kann auch der Sozialverband nicht helfen. "Wir sagen den Leuten die Wahrheit. Wo nichts geht, da geht eben nichts", versichert Werner Böll. Aber in vielen Fällen helfe auch schon ein offenes Ohr - und am Ende ein Wegweiser heraus aus dem Dilemma. "Viele brauchen auch nur Unterstützung auf dem Weg in die Zukunft. Sie wollen nur wissen, wo es lang geht."

Im Fall der Fälle leistet der VdK aber auch knallharten Rechtsbeistand. Dutzende Fälle pro Jahr stehen die juristischen Berater durch. Häufig mit Erfolg. "Wenn der VdK dahinter steht, wird so manches Gericht und mancher Prozessgegner doch etwas verhandlungswilliger als bei einer Privatperson", berichtet Bachhuber. Dennoch würde der Sozialverband diese Position niemals leichtfertig aufs Spiel setzen. Wir sind gemeinnützig und wir haben unsere Positionen stets offen vertreten zu können", sagt Werner Böll. "Es gibt Grauzonen, in denen wir uns auskennen. Aber sobald es ans Illegale geht, sind wir für nichts mehr zu haben." Während der Kreisverband sich um das "Geschäft" kümmert sind die Ortsverbände, und hier kommt Gabriele Bachhuber ins Spiel, für das Gesellschaftliche da. "Da geht es um Ausflüge, um gesellige Stunden und um den einen oder anderen Vortrag", berichtet sie. In den Dörfern hat der VdK auch die Aufgabe, seinen Mitgliedern ein gewisses Vergnügen zu verschaffen. "Wir wollen den Senioren etwas Abwechslung bieten. Das ist wichtig", sagt die Kreisvorsitzende. Geht es ans Eingemachte, kommen die Berater zum Zug. Der kümmert sich auch um die klassische Lobbyarbeit, womit es auch in Richtung Politik geht. Sobald in Bayern gewählt wird, positioniert sich der VdK und versucht, seine sozialen Vorstellungen durchzusetzen. Das klappt zwar nur zum Teil. "Aber es ist besser, als wenn wir gar nichts versuchen", meint Bachhuber. Denn irgendwer müsse ja hingucken, wenn es im sozialen Bereich bergab gehe. "Wir versuchen da zu sein, wenn Not am Mann ist."