Pfaffenhofen
Warnung vor zunehmender Entmachtung der Parlamente

Der Historiker und Publizist Hannes Hofbauer zeigt negative Auswirkungen des geplanten Freihandelsabkommens auf

22.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:05 Uhr

Pfaffenhofen (PK) Über eine zunehmende Entmachtung von Bürgern und der gewählten Parlamente in der EU hat der Wiener Historiker und Publizist Hannes Hofbauer auf Einladung des Vereins „Freundschaft mit Valjevo“ vor knapp 40 Zuhörern im Pfaffelbräu gesprochen.

Im Mittelpunkt seines Vortrages und der anschließenden Diskussion stand dabei das geplante Freihandelsabkommen der EU mit den USA.

Die Politik lasse sich von den marktbeherrschenden Unternehmen und der Wirtschaft ihre Gestaltungsmöglichkeiten immer mehr nehmen, sagte Hofbauer. Eine Zäsur bilden für ihn die Jahre 2001/2002 mit der Schaffung des EU-Binnenmarktes und der Auflösung des RGW in Osteuropa. Die Entwicklung im europäischen Binnenmarkt mit seinem freien Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital werde den „Marktkräften“ überlassen, statt mit einer gemeinsamen Steuer- und Sozialpolitik sowie staatlichen und kommunalen Förderungen für eine Anpassung der Lebensbedingungen in den Mitgliedsstaaten zu sorgen, kritisierte er. Den einzelnen Staaten und ihren Parlamenten würden zunehmend Kompetenzen entzogen. Selbst bei ihrem Haushalt hätten sie strenge Vorgaben einzuhalten und müssten ihn vorab von der EU-Kommission genehmigen lassen. Das geplante Freihandelsabkommen der EU mit den USA, das derzeit unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt werde, sei ein weiterer Schritt zur Entmachtung von Bürgern und ihren Parlamenten. Ziel dieses Abkommens mit dem Namen TTIP sei die Schaffung eines gemeinsamen einheitlichen Wirtschaftsraums. Produkte und Dienstleistungen, die den Anforderungen in den USA genügen, sollen in Zukunft auch in der EU akzeptiert werden und umgekehrt. Von dieser Regelung erwartet Hofbauer einen massiven Abbau der Standards bei Umwelt, Gesundheit und Arbeitsschutz sowie einen verstärkten Druck auf Löhne und Sozialleistungen. Besonders kritisiert wurde von Diskussionsteilnehmern das Investitionsschutzabkommen, das zu dem geplanten Freihandelsabkommen gehört. Es solle ausländischen Investoren ermöglichen, die Staaten vor privaten Schiedsgerichten auf Schadenersatz zu verklagen, wenn sie ihre Gewinnmöglichkeiten durch Gesetze und politische Entscheidungen beschnitten sehen. Regierungen und Parlamente müssten in Zukunft mit Schadenersatzforderungen in Milliardenhöhe rechnen, wenn sie Gesetze mit strengeren Umwelt-, gesundheits- oder sozialpolitische Regelungen beschließen. Die Erfolge bei der Unterschriftensammlung gegen TTIP – auch in Pfaffenhofen haben bereits über 250 Bürger unterschrieben – gäben aber Hoffnung, das Freihandels- und Investitionsschutzabkommen noch zu verhindern, so Diskussionsteilnehmer.