Pfaffenhofen
Vegane Küche und der Klimaschutz

Zum Abschluss der Energie-für-alle-Woche beleuchtet das Kochduell mit Björn Moschinski interessante Ernährungsaspekte

19.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:06 Uhr

Traditionell gegen vegan: Reinhold André kochte gut-bürgerlich, Björn Moschinski (Bild) hielt ohne Tierprodukte dagegen - Fotos: Paul

Pfaffenhofen (apl) Mit einem Vortrag der neuen Pfaffenhofener Klimaschutzmanagerin Kathrin Merkert und einem Küchenduell „vegan gegen traditionell-bayerisch“ ist die Energie-für-alle-Woche im Pfaffenhofener Stockerhof zu Ende gegangen.

Auch beim zweiten Hinschauen ist zwischen den beiden Hokkaidosuppen, die da in großen Töpfen blubbern, kein Unterschied zu entdecken: ein sattes Goldgelb, der Duft süßlich-scharf, obenauf winzige grüne und schwarze Punkte, die Reste der beigefügten Gewürze. Selbst bei der Geschmacksprobe muss man sich bemühen, den Unterschied zwischen Kokoscreme und Sahne zu entdecken. Die Suppe bildet den ersten Gang des Küchenduells zwischen vegan und traditionell-bayerisch. Rund 90 Feinschmecker hatten sich angemeldet.

Ein junger Mann mit Pferdeschwanz und schwarzem Piratenkopftuch steht daneben und schaut lächelnd bei der Kostprobe zu. „Die meisten Menschen denken, dass vegane Küche vor allem Verzicht bedeutet. Und dass es nicht lecker schmecken kann, wenn man auf tierische Fette verzichtet. Doch das ist ein großer Irrtum“, erklärt Björn Moschinski. Vieles lässt sich – mit entsprechenden Gewürzen – für den Gaumen täuschend echt nachahmen: Algen ersetzen den Fisch, Kichererbsen das Rührei. Der 35-Jährige muss es wissen: Moschinski gehört in der deutschen Veganerszene zu den gefragtesten Köchen. Eine Art Johann Lafer der tierproduktfreien Gastronomie.

Moschinskis Restaurant „Mio Matto“ in Berlin ist regelmäßig ausgebucht, er hat drei Kochbücher geschrieben und berät auch ganz allgemein rund um den veganen Lebensstil. Etwa 800 000 Veganer gibt es in der Republik, rund ein Prozent der Bevölkerung. Aber es werden mehr, der prozentuale Anstieg ist weitaus höher als bei den Vegetariern. Doch während Letztere eben nur eine bestimmte Ernährungsform praktizieren – kein Fleisch – sehen sich Veganer als Vorreiter eines neuen Lebensstils, der komplett auf jede Nutzung von Tieren verzichtet: also keine Honigsemmel mehr und kein Glas Milch, keinen Seidenschal und keinen Ledergürtel. Alles eine Frage der Ansicht also. Für Reinhold André, Moschinskis kochenden Kontrahenten, wäre das nach eigenem Bekunden nichts. Aber der 59-Jährige – er stammt ursprünglich aus der Nähe von Pfaffenhofen, lebt und arbeitet aber schon seit Jahrzehnten in Düsseldorf, unter anderem als Leiter des dortigen Flughafenrestaurants – ist trotzdem kein unkritischer Fleischkonsument. Im Gegenteil: „Ich esse inzwischen nur noch ganz wenig Fleisch – und ausschließlich Bio. Wenn ich beispielsweise diese überzüchteten Puter aus den Mastbetrieben sehe, pfui Teufel, da vergeht einem doch jeder Appetit.“

Damit liegt er im Trend, denn fast genauso schnell wie die Gruppe der Veganer wächst jene der Flexitarier: Menschen, die nicht ganz auf Fleisch verzichten wollen, aber es selten und nur in hoher Qualität konsumieren.

Wenn sie dabei auf Produkte mit dem „Bio“-Siegel zurückgreifen, tun sie ihrem Körper sicher etwas Gutes. Ob es aber auch im Sinne der Umwelt ist, darf mitunter bezweifelt werden, wie dem Vortrag der neuen Pfaffenhofener Klimamanagerin Kathrin Merkert zu entnehmen war. Die junge Frau wird auch dafür bezahlt, die Pfaffenhofener Bevölkerung ökologisch umzuerziehen – und dazu gehört aus ihrer Sicht eben auch ein klimabewusstes Essverhalten.

Denn wer sich beispielsweise feines japanisches Kobe-Rind oder naturbelassene Kiwis aus Neuseeland auftischen lässt, der erweist dem Ozonloch einen Bärendienst. Zehntausende Kilometer wurde dieses Lebensmittel per Flugzeug nach Deutschland gebracht. Viel besser sei es dagegen, so Merkert, Produkte regionaler Produzenten zu verzehren. Zwar mögen diese häufig aus Kostengründen auf die Verleihung der mit happigen Gebühren verbundenen Bio-Siegel verzichten – die Qualität der Waren sei aber nicht schlechter.

Fast alle Gäste des Kochduells ließen sich übrigens beide Varianten des Menüs (Ragout mit oder ohne Wild, Apfelküchlein oder Weißweinbirne als Dessert) schmecken – also sechs Gänge. Sollte das der eine oder andere Gourmet beim Schließen des Hosenknopfes bereut haben, gewann er eine nicht ganz unwichtige Erkenntnis über die vegane Küche: Sie mag gesund sein – aber ohne Kalorien kommt sie dann doch nicht aus.