Pfaffenhofen
Unsicher im Wasser

Auch Deutsche können immer schlechter schwimmen – Norbert Höschel vom MTV Pfaffenhofen erklärt, warum

25.08.2015 | Stand 02.12.2020, 20:53 Uhr

Pfaffenhofen (PK) Die Nachfrage ist hoch, doch das Angebot von Schwimmkursen gering – gerade für Kinder. Ein Problem, das auch Pfaffenhofen betrifft. Das Resultat sind steigende Nichtschwimmerzahlen und ein erhöhtes Unfallrisiko. Norbert Höschel vom MTV Pfaffenhofen kennt sich aus mit der Problematik: Er ist Leiter der Schwimmabteilung und hat mehrere Jahre Erfahrung als Berufstaucher, unter anderem bei der Wasserwacht.

Herr Höschel, laut der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft kann die Hälfte der Kinder und Jugendlichen nicht schwimmen. Wie kommt das?

Norbert Höschel: Rückblickend über die Jahre hat sich ganz klar etwas in der Einstellung der Kinder, beziehungsweise der Eltern, geändert. War man früher noch gewillt, eine ausreichende Schwimmausbildung zu machen, so wird heute oft das Seepferdchen bereits als ausreichend betrachtet. Die Jugendschwimmabzeichen Bronze, Silber oder Gold werden gar nicht mehr beachtet. Das Beigebrachte ist mit den Jahren schnell wieder verlernt.

 

Warum fehlt die Motivation?

Höschel: Es ist diese Spaßbadkultur, die sich bei uns durchgesetzt hat. Vor lauter Planschen merken viele – darunter auch Jugendliche und Erwachsene – nicht, dass sie nicht einmal in der Lage sind, 200 Meter zu schwimmen. Sie sind gefährdet, es in offenen Gewässern nicht mehr zum Ufer zurück zu schaffen. Auch wenn andere Personen den Untergehenden im Wasser sehen, bringen sie sich beim Retten oft selbst in Gefahr. Der Kraftaufwand für Hinschwimmen, Abtauchen, Abschleppen und womöglich noch Reanimieren ist für die meisten Menschen zu groß. Es gilt immer: Eigenschutz vor Fremdschutz, sonst wird der vermeintliche Retter auch noch zum zu Rettenden.

 

Gibt es noch weitere Faktoren, die die Ausbildung erschweren?

Höschel: Abgesehen davon, dass wir uns weitere Schwimmtrainer wünschen würden, sind die Hallenbadkapazitäten unser primäres Hindernis. Dies sieht man zum Beispiel am Hallenbad in Pfaffenhofen mit gerade einmal vier Bahnen über 20 Meter. Auch steht kein Lehrschwimmbecken mehr zur Verfügung. Durch den Wegfall des Hallenbads der Hauptschule wurde die Situation zusätzlich verschärft, sodass wir das Training der Schwimmabteilung teilweise in Hallenbäder in Markt Indersdorf und Geisenfeld auslagern mussten, um überhaupt ein Training anbieten zu können.

 

Gerade Badeunfälle von Asylbewerbern häufen sich. Woran liegt das?

Höschel: Asylbewerber, die beispielsweise aus Afrika stammen, hatten nie die Notwendigkeit, überhaupt schwimmen zu lernen. Aus eigener Erfahrung lässt sich auch sagen, dass viele, die in ihren Herkunftsländern ausgebildete Schwimmlehrer sind, bei weitem nicht den Eindruck ambitionierter Schwimmer machen.

 

Besteht die Möglichkeit, dass die Wasserwacht mehr Schwimmkurse für Asylbewerber anbietet?

Höschel: Das gestaltet sich aus mehrerlei Gründen schwierig. Zum einen ist die Barriere zwischen Mann und Frau in den konservativen Einstellungen der Menschen noch fest verankert. Somit fallen alle Schwimmlehrerinnen bei ohnehin zu geringem Personal schon einmal weg. Zum anderen kommen Sprach- und Motivationsprobleme dazu. Wir bieten deshalb zurzeit keine speziellen Kurse in dieser Richtung an, auch wenn wir schon von mehreren Seiten darauf angesprochen wurden.

 

Was wünschen Sie sich für Lösungen, um Kindern und Asylbewerbern das Schwimmen näher zu bringen?

Höschel: Auch, wenn die Planungen für ein neues Hallenbad schon laufen: Es wäre wichtig, dass der längst überfällige Neubau eines angemessenen Hallenbads ohne weitere Verzögerungen in Angriff genommen wird. Bis dahin sind wir kaum in der Lage, die Schwimmausbildung zu intensivieren oder auszubauen. Zudem erhoffe ich mir mehr Verständnis bei den Eltern, die ihre Kinder zu mehr Engagement motivieren sollen. Die Kleinen müssen gewillt sein, sich auch nach dem Bestehen des Seepferdchens mit dem Schwimmen zu beschäftigen.

 

Das Interview führte

Leon Wohlleben.