Pfaffenhofen
Über 94 000 Euro abgehoben

50-Jährige soll Konto eines Rentners geplündert haben, wird aber von einer Zeugin entlastet

02.07.2015 | Stand 02.12.2020, 21:07 Uhr

Pfaffenhofen (PK) Wegen vermeintlicher Untreue ist eine 50-Jährige aus dem Landkreis vor Gericht gestanden: Sie soll ohne Wissen des Geschädigten mehr als 94 000 Euro von dessen Konto abgehoben haben. Den Vorwurf konnte eine Bankangestellte jedoch widerlegen.

„Wir haben in diesem Prozess Recht zu sprechen. Moralische Bewertungen werden nicht vorgenommen“, sagte Richter Jochen Metz in der Urteilsbegründung nach einer Schöffensitzung im Amtsgericht Pfaffenhofen. Angeklagt war die 50-jährige Angelika C. (Name geändert) wegen Untreue. In der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Ingolstadt ist die Rede davon, dass die Angeklagte bewusst und gewollt „ohne Wissen des Geschädigten und entgegen ihrer Befugnis“ von dessen Konto hohe Beträge abgehoben haben soll. Diesen Vorwurf stritt die Angeklagte vehement ab.

Angelika C. war die private Pflegehilfe des Geschädigten. Die beiden kannten sich seit Jahren, der 84-jährige Rentner war seit ein paar Jahren Witwer: „Ich bin so allein, kannst du nicht zu mir kommen“ Das machte sie dann auch, zog sogar bei ihm ein. „Wir machten öfter mal Kurzausflüge, so ein paar Tage im Bayerischen Wald und in Reith im Winkl.“ Sie bewohnte bei ihm ein eigenes Zimmer.

Er erteilte ihr Vollmacht über sein Girokonto, auch auf sein Tagesgeldkonto erhielt sie Zugriff. Einige Tage später widerrief er dann die Vollmacht für das Girokonto, zum anderen jedoch nicht. Nach Aussage von Angelika C. hätte der Rentner gesagt, dass sie so viel abheben kann, wie sie möchte: „Das Geld bekommst alles du, wenn du mich nicht in ein Pflegeheim schickst.“ Sogar im Testament, das später durch ein Neueres ersetzt wurde, legte er fest, dass sie Alleinerbin sein soll: „Mit meiner Verwandtschaft habe ich nichts am Hut.“

Da sie Zugriff auf sein Konto hatte, räumte die Angeklagte ordentlich ab. Vom Girokonto bekam sie Geld mit der Karte und der Pin, bei größeren Beträgen mit Einzelvollmachten, und beim Tagesgeldkonto hatte sie ja Generalvollmacht.

Der Senior war mit einem Zeugen bekannt, der stutzig wurde. Im April 2014 kamen diesem Bedenken: „Da stimmt was nicht mit deinen Konten.“ Er besorgte sich bei der Bank die Kontoauszüge: „Das war kein Problem, ich kannte die entsprechenden Leute aus meiner Zeit, als ich selbst dort beschäftigt war.“ Nun stellte er fest, dass innerhalb kurzer Zeit mit 20 Abhebungen insgesamt 94 950 Euro abgehoben wurden. „Sie durfte doch nur 500 Euro pro Monat für sich behalten. Und dann natürlich das Geld für die Einkäufe. Doch so viel Geld, das war einfach zu viel.“ Er erstatte Anzeige. Der Polizei machte er es ganz einfach, legte er doch die Unterlagen gleich mit vor.

Der Zeuge überzeugte wohl den Polizisten so sehr von der Schuld von Angelika C., dass der Vorgang schließlich bei der Staatsanwaltschaft landete. Vor Gericht wiederholte der Beamte am zweiten Verhandlungstag im Wesentlichen nur, was der Zeuge am ersten Tag des Prozesses schon gesagt hatte. Auch die Begrenzung auf 500 Euro übernahm er wörtlich. Das Gericht fragte nach, ob denn der Zeuge bei der Vernehmung des angeblich Geschädigten dabei war: „Ja, sie waren zu zweit da.“

Ob der Beamte es dann versäumte, nach dem Eingang der Anzeige Rücksprache mit der Bank zu halten, kam nicht zur Sprache. Dies tat allerdings, zum Glück für die Angeklagte, das Gericht. Die zuständige Kundenbetreuerin sagte sehr präzise aus, dass der angeblich Geschädigte sehr wohl über die Kontobewegungen informiert war: „Ich habe ihn mehrmals gefragt, ob das alles so in Ordnung geht. Er sagte jedes Mal, dass er davon wisse und dass das gut so ist.“ Da hatte die Kundenbetreuerin keinen Zweifel mehr und zahlte das Geld aus. Die Einzelbeträge schwankten zwischen 1500 und 10 000 Euro, entweder mit Einzelvollmacht oder bei weiteren, kleineren Beträgen mit der EC-Karte. Der Rentner konnte nicht mehr befragt werden, da er zwischenzeitlich verstorben ist.

Nach der Aussage des Bekannten und des Polizisten, hatten die Zuhörer des Prozesses den Eindruck, dass es eng wird für Angelika C. Doch nach der Aussage der Bankangestellten lösten sich alle Vorwürfe in Luft auf. Nach dem Freispruch durch das Schöffengericht stellte der Richter fest, dass „jeder Bürger sein Geld so ausgeben kann, wie er will“.

Mit diesem Freispruch war der Bekannte des Rentners überhaupt nicht einverstanden. Er störte so laut den Schluss der Verhandlung, dass der Vorsitzende Richter dem Zuhörer nach einer Verwarnung ein Ordnungsgeld in Höhe von 300 Euro aufbrummte: „Ersatzweise drei Tage Haft.“