Pfaffenhofen
Braukunst mit Schokogeschmack

Hartmut Sulzberger hat sich in seinem Getränkemarkt auf Craftbier spezialisiert

03.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:52 Uhr

Im Reich der Biere: Hartmut Sulzberger hat in seinem Getränkemarkt einen extra Raum nur mit ausgefallenen Biersorten. - Foto: Straßer

Pfaffenhofen (PK) Links stehen die Belgier. Kleine und auch recht viele große. Geradeaus Briten und Amerikaner, auch Hawaiianer sind dabei. Rechts die Flaschen aus dem deutschsprachigen Raum. Oberbayern, Franken, Schwaben - auch ein paar Österreicher sind darunter. Und mittendrin Fürst Wallerstein. Das teuerste Bier im Sortiment: 79,90 Euro für die große Flasche.

Hartmut Sulzberger hat in seinem Getränkemarkt in der Hohenwarter Straße in Pfaffenhofen ein extra Zimmer für besondere Biersorten eingerichtet. 2013 hat er angefangen, sein Sortiment zu erweitern, mittlerweile bietet der leidenschaftliche Biertrinker über 350 Sorten zum Verkauf an. Pale Ale, Porter, Imperial Stout, IPA, Belgisch Triple aber auch Weiß-, Bockbier oder Lager gibt es. Die meisten in kleinen 0,3-Liter-Flaschen, manche aber auch im champagnerflaschenähnlichen 0,7-Liter-Format.

Sulzberger kann sich noch genau an die Anfänge erinnern, als sein Biersortiment noch jedem anderen Getränkemarkt glich. Die Hellen von Augustiner und Tegernseer, Weißbier von Franziskaner, dazu ein paar Biere kleinerer Brauereien, Mineralwasser, Limo, Spezi. "Irgendwann kam ein Schreiben von der Brauerei Maisel, in dem uns neue Biersorten in 0,75-Liter-Flaschen angeboten wurden", sagt er. Für 4,99 Euro die Flasche. Das erschien dem Getränkehändler zwar schon etwas teuer, aber einen Versuch war es wert. "Ich bin ja gelernter Bierbrauer, das hat mir gefallen."

Und das Geschäft mit den besonderen Bieren begann zu laufen, mittlerweile macht es einen schönen Teil des Umsatzes aus, Sulzbergers Getränkemarkt ist eine der bekanntesten Adressen für handwerklich gebraute Biere in der Region zwischen München und Ingolstadt. "2013 gab es das IPA ,Red Nax €˜ von Müllerbräu nur vom Fass", sagt er. "Wenn uns jemand danach gefragt hat, konnten wir sagen: ,Da haben wir was Ähnliches da. €˜" Erklärungsbedürftig sei die ganze Sache aber zu Beginn schon gewesen. "Wenn ich den Leuten gesagt habe, ich habe ein Bier, das schmeckt nach Schokolade oder orientalischen Gewürzen, haben viele gesagt: ,Das mag ich nicht €˜". Manch mutiger Biertrinker ließ sich aber von Hartmut Sulzberger doch zum Probieren überreden. Und er kam auf die Idee, ein Craftbier-Festival für seine Kunden zu veranstalten. Die nächste Auflage steht am Samstag, 9. Juli, auf dem Programm.

Auf einem Bildschirm laufen Werbefilmchen von verschiedenen Brauereien, in denen die Braumeister erklären, was es mit ihren Produkten auf sich hat. "Meine Aufgabe ist es, den Leuten Informationen zukommen zu lassen. Viele kommen, weil sie besonderes Bier als Geburtstagsgeschenk haben wollen." Da muss sich Sulzberger auskennen. Hat er alle der rund 350 Biersorten selbst probiert? "Die allermeisten schon", sagt er. "Erfahrung durch Probieren hilft. Das Schöne ist ja die Vielfalt, die entstanden ist." Manche Kunden sind auf einen bestimmten Geschmack aus. Hopfig? Malzig? Bitter? Oder schokoladig? Da muss der Verkäufer schon Empfehlungen auf Lager haben. Einen ganz besonderen Geschmack habe beispielsweise Sauerbier. "Nach dem ersten Schluck hätt ich gedacht, ich schütte es weg." Ins Sortiment hat es Sulzberger dennoch aufgenommen - und mittlerweile trinkt er es selbst ganz gerne. Muss halt zur Situation passen.

Nach dem Reinheitsgebot, das es seit 500 Jahren gibt, sind übrigens längst nicht alle Craftbiere gebraut. "Viele der deutschen Brauer halten sich daran, viele belgische Brauereien dagegen arbeiten im Gärprozess viel mit Zucker, dadurch wird das Bier stärker", erklärt Sulzberger. Das habe seinen Ursprung darin, dass in Belgien bis in die 1980er Jahre keine Spirituosen ausgeschenkt werden durften - deshalb musste es stärkeres Bier geben. Und so sieht Sulzberger das Reinheitsgebot zwiespältig. "Es hat unsere Brauer so gut gemacht, wie sie sind. Es ist eine Leistung aus nur drei Rohstoffen so ein Produkt zu machen." Trotzdem bietet er auch Biere an, deren Brauer sich nicht an das Lebensmittelgesetz halten. Es soll für jeden was dabei sein. "Manche Kunden sagen aber schon, dass ihnen das Reinheitsgebot wichtig ist."

An neue Sorten kommt Hartmut Sulzberger mittlerweile fast von alleine. "Am Anfang habe ich schon suchen müssen", sagt er. Jetzt melden sich Vertreter von Brauereien oft selbst. "Bei den Craftbieren ist es eine ehrliche Sache, da ist kein Zwischenhändler mit dabei. Ich kann selbst mit dem Chef oder dem Braumeister reden." Das Sortiment ändert sich je nach Saison. "Im Sommer gibt es eher leichtere Biere mit drei Prozent Alkohol. Das ändert sich im Winter, da werden die Biere dunkler und stärker." Fürst Wallerstein ist dabei immer da. Von seinem teuersten Tropfen hat Hartmut Sulzberger nämlich noch keine einzige Flasche verkauft.