Pfaffenhofen
Zupackender Tausendsassa

PK TRIFFT Ingrid Wetzl – eine sechsfache Mutter, die ein Handarbeitengeschäft betreibt

23.01.2015 | Stand 02.12.2020, 21:44 Uhr

Ingrid Wetzl inmitten ihrer Accessoires: Sie schneidert Sofakissen aus alten Jeans, pastellfarbene Namenskissen und vieles mehr. Ihren Laden hat die umtriebige Mutter von sechs Kindern in Pfaffenhofen, sehr engagiert ist sie auch in ihrem Wohnort Reichertshofen. - Foto: Vogl

Pfaffenhofen (PK) Leuchtend hellgelb, dunkelorange oder saftig braun stehen die Fruchtaufstriche fein säuberlich geordnet mit weißen Etiketten und goldfarbenen Messingdeckeln im weißen Holzregal. „Alles selbst gemacht“, sagt Ingrid Wetzl über ihre Säfte, Aufstriche und Liköre. Man begreift allein aufgrund der schieren Masse, dass ein größerer Arbeitsaufwand dahinter steckt. Die selbst gemachten Fruchtaufstriche sind ein Nebeneffekt „von Schwiegermamas Riesengarten, der einen förmlich erschlägt“, sagt Ingrid Wetzl schmunzelnd. Ein anderer köstlicher „Nebeneffekt“ sind die hausgemachten Kuchen, die sie immer samstags in ihrem Laden anbietet.

Seit fünf Jahren ist sie bereits mit ihrem Handarbeitengeschäft in der Ingolstädter Straße in Pfaffenhofen vertreten. Geöffnet hat sie nur vormittags während des Wochenmarkts. „Man kann nicht geöffnet haben und produzieren. Ich brauche auch Zeit, um die Ware herzustellen.“ Über ihrem Laden steht noch „Der Renner“, ein Relikt der Familie Renner, die in dem ehemals denkmalgeschützten Haus eine Schneiderei betrieben hat. Ihr Geschäft heißt eigentlich „LandLeben-Bayern“ – „weil ich selber vom Land komme und mir das Landleben unheimlich gut gefällt.“

Aber Ingrid Wetzl schneidert auch gerne und viel – wie Sofakissen aus alten Jeans oder pastellfarbene Namenskissen, die gerne zur Taufe oder zur Geburt verschenkt werden. Auch Schürzen aus dänischen Stoffen, mit hübschen Blumenaufdrucken im Petticoatstil stellt sie selber her. „Angefangen hat alles mit dem Patchworken, das ich als Hobby betrieben habe“, erzählt die zierliche Ostpreußin – sie stammt ursprünglich aus der Gegend des heutigen Litauens. 1980 sind ihre Eltern dann nach Deutschland ausgewandert. Der Großvater lebte bereits in Deutschland, und es gab eine große Familienzusammenführung.

Nach dem Abitur hat Ingrid Wetzl Industriekauffrau gelernt und in der Arbeit ihren heutigen Mann getroffen. „Vor 150 Jahren führten Ostpreußen und Bayern Krieg – die Versöhnungsgeschenke sitzen jetzt in der Schule“, sagt Ingrid Wetzl lachend mit Bezug auf ihre Kinder. Auch in dieser Hinsicht ist sie ein Tausendsassa: Sechs Kinder hat sie, zwei davon noch in der Schule, zwei in der Ausbildung und zwei studieren bereits. Indirekt sind die Kinder auch daran beteiligt, dass sie zu dem Geschäft in Pfaffenhofen kam, denn: „Familienfrau ist der einzige Job, der darauf hinarbeitet, arbeitslos zu werden. Dem wollte ich entgegensteuern.“

Auch in ihrer Heimat Reichertshofen ist Wetzl als jemand bekannt, der sich engagiert und mit zupackt. Sei es im Spielkreis, in der Sonntagsschule, oder im Elternbeirat. Allein im Elternbeirat der Schule ist sie bereits seit zehn Jahren dabei, davon sechs Jahre als erste Vorsitzende. „Mein Motto ist: Nicht meckern, sondern selber tätig werden.“ Und das brachte ihr zusammen mit ihrem Mann bereits eine Auszeichnung vom Isidorbund ein. Für ein Jahr lang wurde ihr und ihrem Mann, der unter anderem im Vorstand der Wasserwacht aktiv ist, der Vorsitz des Isidorbundes übertragen – eine Auszeichnung für ehrenamtliches und soziales Engagement.

Ein buntes, ausgefülltes Leben hat sie also. Ingrid Wetzl entzündet in ihrem Laden Kerzen, stellt draußen die selbst gemachten Klopapierfackeln aus alten Kerzenresten auf. „Ich muss ein bisschen auf mich aufmerksam machen, weil ich nur zwei Tage in der Woche geöffnet habe“, ergänzt sie.

Bleibt bei so viel Beschäftigung überhaupt noch Zeit für Hobbys? Ja, sagt sie, und präsentiert strahlend ihren Thermomix. Eigentlich hatte sie das Gerät für sich gekauft, um sich das Kochen zu erleichtern. Mittlerweile macht sie auch Vorführungen damit, „da hat man einen noch intensiveren Kontakt mit den Menschen. Es macht riesig Spaß, auszugehen, nette Menschen kennen zu lernen und leckere Gerichte zuzubereiten“.

Wo findet Ingrid Wetzl noch einen Ausgleich zu ihren vielen Betätigungsfeldern? „Manchmal fahre ich alleine raus, an die See oder nach München, um mich wieder zu erden“, sagt sie und rückt im Vorübergehen die edel wirkenden Geschirrtücher aus litauischem Leinen zurecht. Und der Glaube hilft ihr, den ihr ihre Großmutter schon vorgelebt hat. „Gott hat einen Weg für einen jeden. Daran zu glauben hilft, diesen Weg durchzugehen und selbst an das zu glauben, was einen tief im Herzen bewegt“, davon ist sie überzeugt.