Pfaffenhofen
Niemand flieht ohne Not

Zeitzeuge am Gymnasium: Jens Hase setzte sich mit 19 aus der DDR ab

19.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:32 Uhr

Die eigene Stasi-Akte hielt für den ehemaligen DDR-Bürger Jens Hase unangenehme Überraschungen bereit: er war von Freunden und Nachbarn bespitzelt worden. Am Schyren-Gymnasium berichtete der Zeitzeuge über seine riskante Flucht zu einem Zeitpunkt, als das Ende der DDR noch nicht absehbar war. - Foto: Scheerer

Pfaffenhofen (srl) Jens Hase war bereit, alles hinter sich zu lassen - in einen Staat, in dem Nachbarn und Freunde Stasi-Mitarbeiter waren, und der ihm wegen kritischen Verhaltens gegenüber staatlicher Autorität jede berufliche Zukunft verbaute. Ganz auf sich allein gestellt, begab sich der damals 19 Jahre alte DDR-Bürger aus Eisenach mit einem Rucksack auf eine Odyssee.

Sein Ziel war die bundesdeutsche Botschaft in Prag, die für ihn 1989 das Tor zum Westen wurde.

Der Zeitzeuge war vor Kurzem im Rahmen des Klassen übergreifenden Projekts "Menschen in Bewegung" am Schyren-Gymnasium zu Gast. Hase versteht es, in ergreifenden Worten von den Demütigungen, die er in der DDR erfuhr, zu berichten. Seiner abenteuerlichen Erzählung vom gefährlichen Weg in den Westen lauschte das jugendliche Publikum, das den zweiten deutschen Staat nur aus dem Geschichtsbuch kennt, wie gebannt - und stellte zahlreiche Fragen. Angesprochen auf die heutige Flüchtlingsproblematik betont Hase, wie schwer es ihm selbst gefallen sei, alles Gewohnte zurückzulassen, um in der Fremde bei null zu beginnen; mit der Maueröffnung sei im Westen an die Stelle der Willkommenskultur bald eine weit verbreitete Ablehnung der "Ossis" getreten. Doch niemand, sagt er, verlässt die Heimat ohne Not.