Pfaffenhofen
Musik, maßgeschneidert für Auge und Ohr

Sechste Runde der Memo-Reihe startet furios – und mit einer Uraufführung

05.08.2013 | Stand 31.01.2017, 21:51 Uhr

 

Pfaffenhofen (PK) Das sei „der nachträgliche Höhepunkt der Pfaffenhofener Paradiesspiele“ gewesen, so lautete der Kommentar eines Sponsors nach dem Konzert. Auf jeden Fall aber war das erste Konzert des sechsten Memo-Zyklus ein furioser Auftakt mit überraschenden Effekten.

Es schien, als hätten die Sponsoren und Protagonisten keine Kosten und Mühen gescheut, den trotz herrlichen Sommerwetters zahlreich erschienenen Zuhörern etwas ganz Besonderes zu bieten. Das gelang auch uneingeschränkt und in vielfacher Hinsicht: Erstmals wurde Organist Max Hanft mit seinem Orgelspiel auch optisch auf eine Leinwand im Altarraum übertragen. Zwei Kameras, eine im Predigtstuhl und die andere auf der Orgelempore, boten den Besuchern im Kirchenschiff ungewohnte Perspektiven und eindrucksvolle Aufnahmen flinker Hände auf der Tastatur, was den akustischen Eindruck noch nachhaltig verstärkte.

Ganz besonders aber war die Musik. Zunächst mit Mendelssohn Bartholdys viersätziger Orgelsonate in F-Moll op. 65/1, der ersten einer ganzen Anzahl von Sonaten, die Mendelssohn wohl deshalb groß, also mit vier anstelle von drei Sätzen, angelegt hat.

Und die ertönen gleich zu Beginn wuchtig mit der ganzen Pracht einer Kirchenorgel, im zweiten Satz dagegen dominieren zarte Flötentöne, unterlegt mit einem abgrundtiefen Bass. Der dritte Satz gestaltet sich abwechslungsreich, von Pianissimo zu Beginn bis hin zum Orgelforte in ständigem Dialog, um im vierten Satz mit einem furiosen Finale zu enden.

Großer Applaus für Max Hanft und sein gefühlvolles, virtuoses Orgelspiel, eine hervorragende Ouvertüre für den zweiten Teil eines Konzerts der etwas anderen Art: der Uraufführung einer gemeinsamen Auftragskomposition der Pfaffenhofener Rotary- und Lions-Clubs, mit der Professor Peter Wittrich beauftragt wurde. Der hatte sich schon einmal im Rahmen der Memo-Reihe als Organist, Akkordeonist und Komponist ausgezeichnet (PK berichtete), somit war klar, dass man keinen kirchenmusikalischen „Mainstream“ erwarten konnte.

Die Komposition sei für Pfaffenhofener Verhältnisse „maßgeschneidert“, betonte Max Penger vor dem Konzert. Die „Anprobe“ mit den Noten konnte erst einen Tag vor der Premiere erfolgen, zuvor aber hätte jeder für sich geübt, dann zusammen mit dem jeweiligen Ensemble, die darauf folgende Generalprobe sei mit fünf Stunden Dauer anstrengend und schweißtreibend gewesen.

Das Ergebnis sei eine „sehr moderne Klangsprache“, so Penger, die aber musikalische Zitate kirchlicher Musik beinhalte. Dazu verhalf auch das Instrumentarium, in dem sich alles wiederfand, was im Landkreis aufzutreiben war, so zumindest der Eindruck. Kesselpauken, Zither, Hackbrett, Akkordeon, Saxofon, Klarinettenquartett, Streichquartett, vielfältiges Schlagwerk und nicht zuletzt die virtuose Bläsergruppe „Quattro Staggioni“ waren miteinander zu koordinieren. Und das in Verbindung mit wechselnden Takten und Rhythmen, einer Orgel im Hintergrund und dem Memo-Chor am Altar, der sich immer wieder, wie beim „Laudate Dominum“, stimmgewaltig ins Geschehen einschaltete. Dazu solistische Passagen am Hackbrett, an der Zither oder am Schlagwerk, das auch mit exotischen Instrumenten wie Djemben, Chimes, Klanghölzern und Bongos seinen Beitrag leistete. Das war ein Wechselbad musikalischer Eindrücke, variantenreich, überraschend, oft auch exotisch anmutend, seitens der Instrumentierung klanglich etwas an Carl Orff erinnernd, aber trotz aller überraschender Klangvielfalt ein stimmiges Ganzes bildend. Gewiss keine kirchenmusikalische Alltagskost, sondern ein außerordentlich gelungenes Werk neuzeitlicher Prägung, die Wurzeln der alten Meister aber nicht vergessend.

Das funktioniere wie bei einem Memory-Spiel, bei dem eine Karte aufgedeckt werde und sich eine weitere Karte suche, so die Erklärung Max Pengers zur Komposition. So würden sich immer mehr Kartenpaare öffnen und weiterspielen, bis am Ende die Auflösung mit einem gewaltigen Finale erfolge. Das empfand auch das Publikum so, das sich ob der ungewohnten Klänge anfangs etwas verwirrt, dann gespannt und zum Schluss begeistert zeigte und dies mit stehendem Applaus unterstrich. Erleichterung und schiere Freude auch bei Peter Wittrich und Max Penger, die sich herzlich umarmten und Max Hanft dabei nicht ausließen. Fazit: Was Peter Wittrichs musikalische Schneiderwerkstatt verließ, das war beileibe kein Alltagsanzug, sondern „Haute Couture“ vom Feinsten.