Pfaffenhofen
"Manchmal genügt das Schutzschild nicht"

Feuerwehrseelsorgerin Angelika Stolz berät nach schweren Einsätzen

08.02.2016 | Stand 02.12.2020, 20:14 Uhr

Rückt selbst mit aus: Die Feuerwehrseelsorgerin des Landkreises, Angelika Stolz, ist seit über 30 Jahren bei der Feuerwehr Uttenhofen. Sie weiß, dass manche Einsatzkräfte sich nicht eingestehen wollen, wenn es ihnen zu viel wird. - Foto: Brenner

Pfaffenhofen/Affalterbach (PK) Wenn der Stress beim Einsatz den Feuerwehrlern zu viel wird, hilft sie, aber nicht nur dann. Feuerwehrseelsorgerin Angelika Stolz setzt vor allem auf Prävention.

Stolz wählt ihre Worte mit bedacht. "Eigentlich hatten wir bisher keine besonders brenzligen Fälle", sagt sie. Es ist ihr wichtig, nicht zu dramatisieren, sagt sie. Die sportliche Pfarrhelferin trägt die Haare kurz und zweckmäßig. Ebenso präzise sind auch ihre Beschreibungen der brenzligen Einsätze der Feuerwehr Uttenhofen, der sie seit über 30 Jahren angehört.

Meist gehe es um die Katze auf dem Baum oder kleinere Unfälle. "Sehr selten" geschehe etwas Ungewöhnliches, das belastend wirken könnte.

Für die Kleinreichertshofenerin war das ein Unglück mit einem Toten vor einiger Zeit. "Wir standen stundenlang am Unglücksort, mussten zum Beispiel die Unfallstelle ausleuchten." Dieses lange Warten, bis die Kriminalpolizei die Beweise gesichert hatte, sei sehr belastend gewesen. "Das geht an die Grenzen." Die Truppe finde aber in solchen Momenten einen Weg, sich selbst zu entlasten. "Wir führen Gespräche, um uns abzulenken, etwa über die technische Vorgehensweise." Manchmal falle auch ein lockerer Spruch. Das helfe schon beim Verarbeiten.

Manche allerdings schaffen das nicht so leicht. Etwa fünf Prozent der Einsätze seien potenziell belastend, so zum Beispiel der Brand in Hettenshausen oder das Hochwasser 2013, bei dem ganze Straßen bei Uttenhofen komplett unter Wasser standen. Hier konnte die Feuerwehr zeitweise nicht viel helfen, weil das Wasser einfach zu hoch stand, berichtet Stolz. "Was man vorne rausgepumpt hat, lief hinten wieder rein," sagt die 52-Jährige. "Man steht machtlos da."

Dieses Gefühl könne für Feuerwehrfrauen oder -männer sehr belastend sein, besonders, wenn sie bereits privat in einer schwierigen Lage seien. "Wer bereits Stress in der Arbeit hatte und anschließend einen belastenden Einsatz mitmacht, kann schon an seine Grenzen kommen", sagt Stolz. Für viele sei es zudem schwierig, sich überhaupt einzugestehen, dass etwas nicht stimme.

"Wir Feuerwehrkräfte sehen uns oft als Helden, die Gutes tun." Helden seien vor allem stark, sie bauten sich mit ihrer Ausbildung ein Schutzschild, dass sie für den Einsatz wappne. Der strukturierte technische Ablauf helfe beim Einsatz. "Aber manchmal genügt das Schutzschild nicht", sagt Stolz.

Dann verhielten sich Betroffene vollkommen anders als sonst. Sie seien auf einmal aggressiv oder lethargisch, einige verzögerten bewusst ihre eigenen Einsätze, indem sie zum Beispiel zu spät zum Einsatz gingen. Problematisch werde es, wenn die Veränderungen ihnen selbst nicht auffielen. Das ist einer der Gründe, weshalb Stolz die Seelensorge gern ausbauen will. Wenn es im Landkreis verteilt mehrere Ansprechpartner gebe, könnten diese an Kursen bei der Feuerwehrschule teilnehmen und fortan sensibel auf Probleme reagieren. Oder sie gar nicht erst entstehen lassen. Deshalb setzt Feuerwehrfrau Stolz vor allem auf Prävention. Bereits zwei Schulungen für psychosoziale Notfallversorgung hat sie für Jugendliche zwischen 14 und 20 Jahren organisiert. Dabei erklärt sie ihnen, was sie tun können, wenn es mal nicht mehr möglich ist, einen Ausgleich zu schaffen.

Auch eine Gruppenintervention nach einem schweren Einsatz könnte sie sich für die Freiwilligen Feuerwehren vorstellen. Dabei verarbeite die gesamte Mannschaft zusammen das Geschehen.

Wenn Stolz bei einem Einsatz war, passiert das ganz automatisch, so die Seelsorgerin. "Wenn wir unsere Sachen aufräumen, reden wir meist ganz ungezwungen."