Pfaffenhofen
Lieben sie Brahms?

Ein zweiteiliger Kammermusikabend

21.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:05 Uhr

Beim Brahms-Abend im Rathaussaal: Karl Betz (von links), Janos Maté, Tilo Widenmeyer und Franz Amann - Foto: Steininger

Pfaffenhofen (PK) Einen Abend mit Kammermusik von Brahms boten die Streicher des Münchner Klavierquartetts mit Karl Betz – die besten Voraussetzungen also für einen hervorragenden Auftakt der Rathauskonzerte. Doch ganz zu überzeugen wusste das Konzert erstaunlicherweise erst in seiner zweiten Hälfte.

Das erste Klaviertrio von Johannes Brahms, oft schwärmerisch-strömend, oft stürmisch-wüst, ist an sich ein wunderbares Werk. Und Besucher der öffentlichen Generalprobe vom vergangenen Samstag zeigen sich noch immer begeistert vom damals Gehörten. Beim Rathauskonzert am Sonntag mochte sich die Freude an dieser von Brahms 1889 umfassend „verneuerten“ Jugendkomposition des Jahres 1854 hingegen erst relativ spät einstellen. Geiger Janos Maté bildet mit dem Cellisten Franz Amann eigentlich nicht nur im Münchner Antonín Dvorák-Trio ein lange eingespieltes Kammermusik-Team. Streicher-Glück kam in Brahms H-Dur-Trio zunächst gleichwohl relativ sparsam auf: Statt schon mit dem Beginn aus einer gemächlichen Melodielinie in wenigen Takten einen mitreißenden Allegro-con-brio-Aufschwung mitzuerleben, ergab sich für die Zuhörer geringe musikalische Streicheremphase, sondern viel klangliche Sprödigkeit (samt einer anfangs sehr ablenkenden „metallischen“ Resonanz des Cellos). Das anschließende Scherzo mit manchem Bogengeräusch neben dem notierten Staccato wirkte weniger geisterhaft als unruhig zerklüftet.

Da ergriff Karl Betz beherzt die Initiative, und das Klavier nahm in den letzten beiden Sätzen verstärkt die Rolle des „Tonangebers“ ein, um die Kollegen mit wuchtig-schweren Baßtönen oder perlenden Läufen anspornend mitzureißen. Es gelang, auch wenn dieses „Klavier-Trio“ dadurch mit kleinem Akzent auf dem ersten Wort zu lesen war.

Ein ganz anderes Bild bot sich nach der Pause schon von Beginn an, als die Musiker, wieder mit Brahms, aber verstärkt um Bratschist Tilo Widenmeyer zurück auf das Podium kamen.

Bei Johannes Brahms ist natürlich auch die Kammermusik weit davon entfernt, gefällige Tafelmusik-Unterhaltung zu sein. Vielmehr herrscht umfassende subtil-vielfältige Verarbeitung des thematischen Materials, wohin man praktisch hört. Nicht umsonst hat sich der Komponist lange auch mit dem Klavierquartett in düsterem c-moll op. 60 beschäftigt, dessen Anfänge 15 Jahre vor der 1875 erfolgten Uraufführung liegen. Die Einbeziehung der Bratsche ermöglicht vollere Harmonien, ja eine – insbesondere im ersten und vierten Satz – fast orchestrale Fülle und darüber hinaus eine vielfältige Mischung aus intimerem Streicherklang und dem Dialog mit dem Klavier. Im vollen Streicherklang erfreute insbesondere Tilo Widenmeyer mit angenehm sonorem Bratschenton, um vieles plastischer als noch im Trio waren die Stimmverläufe herausgearbeitet. Dabei fasste das Ensemble das Quartett trotz seinem erschütternden Beginn nicht als durchgehend tragisch auf, sondern ließ auch die vorhandenen Aufhellungen, wie das bisweilen fast „beschwingte“ Seitenthema des ersten Satzes, zu ihrem Recht gelangen. Natürlich nicht nur in den hämmernden Triolen des besonders „dankbaren“ Scherzos zeigte Karl Betz seine pianistische Klasse; seine überlegt ordnende Hand war durch das ganze Quartett spürbar.

Als Zugabe das B-Dur-Andante aus Mozarts Klavierquartett KV 478, sehr entspannt und gelassen wie der Charakter dieser innigen Musik, vielleicht ein wenig zu ruhig ohne den direkten Gegenpol des g-moll-Kopfsatzes. Kurzer, starker Applaus – und ein Rest Verwunderung über zwei doch recht gegensätzliche Konzerthälften.