Pfaffenhofen
''Parteiübergreifender Konsens''

Pfaffenhofens Landrat Martin Wolf soll Zeit für seine Genesung bekommen

04.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:41 Uhr
Pfaffenhofens Landrat Martin Wolf −Foto: Hartmann

Pfaffenhofen (PK) "Martin Wolf ist auf einem guten Weg der Genesung, die noch mehrere Monate dauern wird." Zwei Tage, nachdem die zweite Amtsperiode Wolfs (CSU) als Pfaffenhofener Landrat begonnen hat, hat sein Stellvertreter Anton Westner (CSU) den Landrat erneut in einer Reha-Einrichtung besucht. Zu Hause werden die Zweifel derweil lauter.

Am 1. August hat die neue Dienstzeit Wolfs begonnen – zwei Monate nach seiner Wiederwahl und vier Monate nach seinem Motorradunfall. Der 61-Jährige lag damals mit schwersten Verletzungen wochenlang im Krankenhaus, die Ärzte diagnostizierten eine Gedächtnisstörung, lange war unklar, ob er die erneute Wahl überhaupt annehmen kann. Derzeit befindet sich Wolf in einer Rehabilitationseinrichtung und bekommt täglich Therapien, teilte Anton Westner weiter mit. Für die vollkommene Genesung werde der Landrat noch Zeit brauchen.

Eine verlässliche Prognose, wann Martin Wolf seinen Dienst wieder aufnehmen kann, gibt es nicht. Und auch die Frage, ob der 61-Jährige überhaupt irgendwann wieder dazu in der Lage sein wird, den Stress-Beruf Landrat mit Dienstzeiten zwischen zehn und zwölf Stunden über oft sieben Tage die Woche zu bewältigen, kann niemand beantworten. Es gibt keine Fotos des Landkreischefs, keine Videos oder persönlichen Worte – damit haben sich das Landratsamt und auch die Familie Wolf mit Verweis auf die Privatsphäre bislang zurückgehalten.

War Ende Mai, als der frisch gewählte Landrat nach Wochen der Unsicherheit die Wahl annahm, die Erleichterung im Landkreis groß, werden nun die kritischen Stimmen lauter und die Zweifel größer. In den Diskussionen im Freundeskreis, an den Stammtischen und in den sozialen Netzwerken werden der CSU taktische Spielchen unterstellt – nach dem Motto „Die haben von Anfang an gewusst, dass Martin Wolf nicht mehr als Landrat zurückkommt“ –, auf der anderen Seite werden die Kritiker aufgefordert, dem Landrat die Zeit zu geben, die er für seine Genesung braucht.

Stellvertretender Landrat Anton Westner (CSU) spricht in seiner Pressemitteilung von mehreren Monaten. „Diese Zeit muss er zur vollständigen Wiederherstellung seiner Gesundheit bekommen.“ Darüber bestehe aus seiner Sicht ein „parteiübergreifender Konsens“. Und den scheint es zu geben. Zumindest hat bislang kein Kreispolitiker öffentlich gefordert, Wolf eine Art Termin zu setzen, bis zu dem er ins Amt zurückkehren muss. PK-Informationen zufolge haben sich allerdings Kommunalpolitiker bereits beim Landratsamt über die Rechtslage erkundigt. Wie lange darf ein Landrat krankgeschrieben, also dienstunfähig sein? Wer entscheidet darüber und trifft die eventuell erforderlichen Konsequenzen?

Zumindest in diesen Fragen gibt es jetzt Klarheit. Das Landratsamt hat auf Anfrage der PK-Redaktion die wichtigsten rechtlichen Aspekte zusammengefasst. Offizieller Dienstherr des Landrats – er ist ein sogenannter Beamter auf Zeit – ist der Landkreis und damit ist der Kreistag für alle Fragen und Beschlüsse in beamten-, besoldungs-, versorgungs- und disziplinarrechtlichen Angelegenheiten zuständig. Wenn es um die Feststellung der Dienstunfähigkeit bei kommunalen Wahlbeamten geht, kann der Betroffene von sich aus einen entsprechenden Antrag stellen oder der Dienstherr, sprich der Kreistag, das dafür erforderliche Verfahren in Gang setzen. Für die Einleitung des Verfahrens reicht ein Antrag eines einzelnen Kreisrats, über den in „offener Abstimmung“ und mit einer einfachen Mehrheit entschieden werden müsste.

Spricht sich die Kreistagsmehrheit für den Einstieg in das Verfahren aus, kann der Betroffene gegen den Beschluss innerhalb eines Monats Einspruch einlegen (über dessen Annahme oder Ablehnung ebenfalls der Kreistag entscheidet). Halten die Kreisräte an ihrem Beschluss fest, wird ein amtsärztliches Gutachten über die Dienstunfähigkeit erstellt. Dieses dient dem Kreistag als Entscheidungshilfe. Kommen die Kreisräte anschließend zu dem Schluss, dass eine Dienstunfähigkeit gegeben ist, wird ein Ruhestandsverfahren eingeleitet.

Eine entscheidende Rolle hat nach Auffassung der Landratsamtsexperten die Dauer der Dienstunfähigkeit. Demnach „sind Beamte in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd dienstunfähig sind“, heißt es im Beamtengesetz. Als „dienstunfähig“ könne auch angesehen werden, wer infolge einer Erkrankung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass er innerhalb von weiteren sechs Monaten wieder voll dienstfähig wird“.

Die Szenarien, die sich daraus abhängig vom Ergebnis des amtsärztlichen Gutachtens ergeben sind vielfältig und in ihren juristischen Konsequenzen ähnlich kompliziert wie nach der Landratswahl Anfang Mai, als man von einem bislang bundesweit einmaligen Fall sprach.

Und: Es müsste sich erst einmal ein „Königsmörder“ finden, der einen Antrag auf Feststellung der Dienstunfähigkeit stellt. Die nächste Kreistagssitzung findet am 9. Oktober statt – sieben Monate nach dem schweren Motorradunfall von Martin Wolf.