Pfaffenhofen
"Wir sind keine Stadtkinder"

Das Musiker-Paar Carolin No steht am 22. Juli beim Sommerfest der Gartenschau auf der Bühne

18.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:46 Uhr

Carolin und Andreas Obieglo sind nicht nur ein Geheimtipp als Musikerduo, sondern auch ein Paar. - Foto: Daggi Binder

Pfaffenhofen (PK) Sie haben sich zwar nach einem 50 Jahre alten Song des legendären "Pet Sounds"-Albums der Beach Boys benannt. Doch sonniger, unbeschwerter Surf-Pop ist trotzdem nicht unbedingt die Sache von Carolin No. Davon können sich beim jetzt auch alle Pfaffenhofener überzeugen.

Carolin und Andreas Obieglo kommen auch nicht aus Kalifornien, sondern haben ihren Lebensmittelpunkt mitten in Bayern: Er stammt aus dem niederbayerischen Deggendorf, sie wurde im fränkischen Würzburg geboren. Dort oben im Norden des Freistaats haben sich die beiden auch beim gemeinsamen Musikstudium vor knapp 18 Jahren kennen- und lieben gelernt - und 2008 schließlich auch geheiratet. Mit ihrem aktuellen Album betreten die beiden Liedermacher Neuland, da sie ihre Folk-Pop-Kompositionen erstmalig ausschließlich in deutscher Sprache präsentieren. Am kommenden Samstag sind Carolin No ab 19 Uhr beim Sommerfest der Gartenschau auf der Sparkassenbühne zu Gast. Vorab sprachen die beiden im Interview mit unserer Zeitung über ihre interessante Musik.

Frau Obieglo, Herr Obieglo, wieso sind Sie auf ihrem aktuellen Album "Ehrlich gesagt" nach vier englischsprachigen Alben erstmalig ins deutsche Fach gewechselt?

Andreas Obieglo: Ehrlich gesagt würde ich noch nicht direkt von einem Wechsel sprechen! Wir haben für dieses Album erst einmal nur die Songs weggelassen, die wir in englischer Sprache geschrieben hatten. Am Ende der Produktionsphase fanden wir es einfach stimmiger, dieses Mal nur bei einer Sprache zu bleiben.

 

Deutschsprachige Pop-Musik erfährt derzeit einen fast inflationären Hype. Hat das bei Ihrer Entscheidung auch eine Rolle gespielt?

Andreas Obieglo: Wir denken beim Schreiben definitiv nicht über Trends, Hypes oder angesagte Sounds nach. Ich behaupte sogar, dass in unserem Fall der Wechsel zur deutschen Sprache eher eine unkommerzielle Entscheidung war.

 

Wieso?

Andreas Obieglo: Viele unserer Themen sind generell eher nachdenklich und melancholisch. Wir versuchen herauszufinden, in welche Richtung sich die Songs und Ideen selbst entwickeln wollen. Und bei dem Album "Ehrlich gesagt" fand dieser Entwicklungsprozess eben überwiegend in deutscher Sprache statt.

 

War es denn leichter oder schwerer, die Texte auf Deutsch zu schreiben?

Carolin Obieglo: Es war anders und vielleicht auf emotionaler Ebene tatsächlich noch intensiver. Ich konnte beziehungsweise wollte an manchen Tagen gewisse Songs nicht singen, weil mir die Texte einfach zu nahe gingen.

 

In welchem Verhältnis stehen Ihre Texte zur Musik?

Andreas Obieglo: Wir schreiben immer zuerst die Texte. Das geschieht über einen Zeitraum von mehreren Monaten in einem sehr strukturierten Prozess. Wir stehen früh auf und verbringen zunächst einfach viel Zeit mit neuen Ideen und Texten. Erst, wenn der Text fertig ist und wie ein kleines Gedicht eigenständig da steht, beginnen wir dazu nach der richtigen Musik zu suchen. Wir gehen dann an die Melodien, Harmonien und musikalische Struktur. Die Textzeilen geben ja einen gewissen Sprachrhythmus vor und haben bereits ein bestimmtes Versmaß, das man beim Schreiben der Musik bewusst unterstützen oder brechen kann.

 

Einige Songs sind sehr lyrisch angelegt. Woher kommt Ihre poetische Ader?

Andreas Obieglo: Wir lesen und forschen gerne in alten Lyrikbänden und gestalten manche Texte bewusst wie eigenständige Gedichte - auch auf die Gefahr, dass ein Text tatsächlich mal ein Gedicht bleibt und nicht vertont wird. Eine passende Musik für solche Fälle zu finden ist besonders spannend, weil übliche Songstrukturen und Formen hier nicht anwendbar sind.

 

Wo finden Sie sonst Ihre Geschichten, wenn mal kein alter Lyrikband zur Hand ist?

Carolin Obieglo: Zum Beispiel auf Reisen, bei Gesprächen, im persönlichen Umfeld oder aus Büchern und Filmen. Wir versuchen stets so wachsam wie möglich zu sein und sind immer mit Notizbüchern ausgerüstet. So sammeln und notieren wir regelmäßig Phrasen, Sätze und Gedanken.

 

Die Lieder "Herz" und "Lichter unserer Stadt" sind deutsche Übersetzungen eigener älterer englischsprachiger Songs. Warum dies?

Carolin Obieglo: Tatsächlich hatte ich "Herz" und "Lichter unserer Stadt" ursprünglich auf Deutsch geschrieben und wir haben sie damals dann ins Englische übersetzt. Die deutschen Originalversionen haben wir bisher immer ein wenig stiefmütterlich behandelt, deshalb wollten wir sie endlich als offizielle Studioversionen veröffentlichen.

 

Haben Sie keine Befürchtungen, eventuell auch einige Fans Ihrer englischsprachigen Alben zu verprellen?

Andreas Obieglo: Nein, das haben wir nicht. Außerdem spielen wir ja auf unseren Konzerten nach wie vor viele englische Songs. Ich glaube auch, dass es unser Publikum sogar gut findet, dass wir nicht wirklich berechenbar sind und verschiedene Dinge ausprobieren.

 

Ist es wahr, dass einer Ihrer älteren Texte in einem bayerischen Schulbuch abgedruckt ist?

Carolin Obieglo: Ja, das stimmt tatsächlich! Der Text von unserem Lied "Lovesong" landete in einem Deutschbuch für die 9. Klassen der bayerischen Realschulen.

 

Wie ist es dazu gekommen?

Carolin Obieglo: An so einem Schulbuch arbeiten ja sehr viele Personen mit. Unter anderem war hier auch eine ehemalige Lehrerin von mir beteiligt, die regelmäßig auf unseren Konzerten zu Gast ist. Sie schlug uns dafür vor und so wurde "Lovesong" schließlich mit in das Schulbuch eingebaut.

 

Wie viel Heimat steckt in Ihren Liedern?

Carolin Obieglo: Im Sinne einer typisch bayerischen Tradition oder gar Volksmusik eher gar nichts. Vielleicht kann man bei manchen Textzeilen erahnen, dass wir beide keine Stadtkinder, sondern jeweils in kleineren Ortschaften in Bayern aufgewachsen sind. Andi hat zum Beispiel einige seiner Instrumentalstücke wie "Gasthof zur Post", "Emming" oder "Am Gehren" nach bestimmten Orten benannt, die wichtig für ihn und uns sind.

 

Was bedeutet Ihnen Heimat generell?

Carolin Obieglo: Wir haben erst vor einigen Jahren tatsächlich ein wirkliches Zuhause gefunden und wissen aber jetzt, was es wert ist. Dabei haben wir uns nach mehreren USA-Aufenthalten und ein paar Jahren in Berlin wieder bewusst für unsere alte, neue Heimat in der Nähe von Würzburg entschieden. Das ist unser Rückzugsort, der gerade auch während einer Tournee enorm wichtig ist und einfach gut tut.

 

Apropos: Was darf man jetzt von Ihnen auf der Bühne erwarten?

Andreas Obieglo: Für die Duo-Konzerte haben wir uns viele schöne Arrangements ausgedacht, sodass diese Abende sicherlich sehr spannend und abwechslungsreich werden.

 

Das Interview führte

Thorsten Hengst.