Pfaffenhofen
Klassik trifft Jazz

Konzert der Gegensätze in der Pfaffenhofener Stadtpfarrkirche

28.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:22 Uhr

Zwei kongeniale Meister des Akkordeons: Peter Wittrich (links) und Wolfgang Wagner.

Pfaffenhofen (PK) Es war wieder einmal ein Konzert der Gegensätze, wie sie interessanter und schöner kaum sein können. "Strings meet Accordions" hieß das Programm, man hätte es abauch "Classic meets Jazz" betiteln können. Beide Lager waren vertreten durch Interpreten, die ihr Genre bestens beherrschen.

In Pfaffenhofen und darüber hinaus musikalisch bestens beleumundet sind Flötistin Martina Zaindl, Rita Brunner (Violine) und Cellist Frank-Ulrich Narr, deren Namen allein schon für Qualität bürgen. Dazu gehört auch Irmi Sauer an der Viola, die aber hatte sich am Ellbogen verletzt und wurde vertreten durch ihren Sohn Christian. Der war beileibe keine Ersatzlösung, als hauptberuflicher Geiger bei den Nürnberger Philharmonikern war er den Anforderungen bestens gewachsen.

Mozart mochte die Flöte als Musikinstrument zwar nicht, trotzdem aber komponierte er im Auftrag des holländischen Amateurflötisten Ferdinand Dejean im Jahr 1777 "drei Concertln und ein paar Quattro auf die Flötte", so der geniale Komponist eher abwertend. Wie aber bei Mozart üblich, "hatte das keinen Einfluss auf die Qualität der Komposition", so Peter Wittrich zu Konzertbeginn in Vertretung von Max Penger. Und das war deutlich zu hören beim "Flötenquartett in D", dessen Sätze Allegro, Adagio, Rondeau Allegretto viel musikalisch reizvolle Abwechslung bieten. Mit der typischen Beschwingtheit à la Mozart beginnt der erste Satz, in dem sich Flöte und Streicher harmonisch ergänzen. Gefolgt von einem reizvollen Adagio in Moll, das Violine, Viola und Cello permanent per Pizzicati zupfend begleiten, bis die Tonart wieder in Dur wechselt und Flöte und Streicher in stetem Wechselspiel den Schlusssatz gestalten. Einfach schöne Musik, ebenso schön dargebracht von einem Quartett, das wie aus einem Guss musiziert und dem man ansieht, dass Mozart einfach Spaß macht, den Musikern ebenso wie dem Publikum.

Ganz anders dagegen Théodore Dubois' "Toccata in G", eines von zwölf Orgelstücken, die er im Jahr 1893 schrieb und mit dem das Memokonzert am Sonntag eröffnet wurde. Mit dem Pfaffenhofener Musiker Wolfgang Wagner hat Wittrich einen kongenialen Partner gefunden, mit dem zusammen er schon im Februar zum Auftakt des elften Memo-Zyklus eine bemerkenswerte Vorstellung lieferte. So konnte es nicht überraschen, dass zwei erstrangige Akkordeonisten verdeutlichten, warum das Akkordeon im Volksmund manchmal als "Handorgel" bezeichnet wird. So orgelähnlich die Register, so authentisch die Klänge und das Zusammenspiel der beiden Protagonisten. Wie auch bei den "Spiritual Variations" für zwei Akkordeons, deren Komposition Wittrich erst vor wenigen Tagen abschloss. Somit eine Mammutaufgabe für Wagner, sich binnen kurzer Zeit in die anspruchsvolle Notation einzuarbeiten. Die basiert auf dem Spiritual "Swing low, sweet chariot" und ist "eine Folge von Variationen mit unterschiedlichen Charakteren mit einem bombastischen Schluss, damit man weiß, dass es vorbei ist" erläuterte Wittrich. Wer ihn kennt, weiß, dass keine Mainstream-Musik zu erwarten ist. Dafür aber ein Feuerwerk an vertrackter Rhythmik, schrägen Tönen, perkussiven Akkorden, abwechslungsreicher Dynamik und groovigen, synkopierten Abschnitten. Hinzu kommen Klangeffekte wie Vibrato und Passagen, bei denen sich die beiden Akkordeons quasi per Ping-Pong-Effekt die musikalischen Bälle zuwerfen. Alles höchst virtuos, mit tanzenden Fingern, nuanciert oder auch klanggewaltig, 16 Minuten und 18 Sekunden lang, die wie im Flug vergehen, dank der schier artistischen Leistungen beider Solisten an der Diskant-Tastatur.

Auch wenn die Komposition, mit ihren ungewöhnlichen, teils experimentellen Klängen und Tonfolgen, für musikalische Normalverbraucher etwas sperrig ins Ohr geht, so erkennt man doch den hohen Anspruch des Komponisten und nicht zuletzt die Virtuosität der beiden Akkordeonisten. So wird deutlich, zu welch immenser Spannweite das Volksinstrument "Akkordeon" fähig ist, wenn es Könner wie Peter Wittrich und Wolfgang Wagner auf diese Weise interpretieren.

Am Ende langer, anerkennender Beifall für alle Protagonisten des Konzerts, die wieder einmal einen markanten Beitrag zu Pfaffenhofen als kultureller "Boomtown" geleistet haben. Recht so, weiter so!