Pfaffenhofen
"Kannst du ein Kilo Marihuana besorgen"

21-Jähriger steht wegen Chatverlauf auf seinem Handy vor Gericht und kommt mit einer Geldstrafe und Auflagen davon

23.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:55 Uhr

Pfaffenhofen (ahh) Alles nur ein Witz? Ob er ein Kilo Marihuana auf Kommission organisieren könne, hatte ein Bekannter den 21-jährigen Serik P. (Name geändert) per Handy-Nachricht gefragt. Mal schauen, hatte der geantwortet. "Aber heute wird das nichts." Die Ingolstädter Staatsanwaltschaft nahm den Chat ernst - und klagte ihn an: Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.

Ein Kilo ist beachtlich, der Strafrahmen entsprechend. Deshalb musste sich der Angeklagte vor dem Schöffengericht verantworten. Aber Serik blieb entspannt. "Das Thema ist für mich durch", beschied er Amtsrichter Ulrich Klose. "Der hat mich schon öfter gefragt, aber ich hab mich nie drauf eingelassen." Die Polizei hatte das Handy ausgewertet und den Chatverlauf protokolliert. Klose zitierte daraus - und fragte nach, weshalb ihn der Angeklagte überhaupt geführt habe. "Das Thema ist für mich komplett", sagte Serik darauf. "Ich hab das abgebrochen."

Da wurde Staatsanwältin Lisa Kuhn ungeduldig. Selbst wenn es nicht zu einer Übergabe des Rauschgifts gekommen sein sollte, reiche es für eine Anklage, weil Serik überhaupt auf die Anfrage eingegangen sei. "Wieso schreibt der dich denn an", fragte sie.

Seriks Pflichtverteidiger Helmut Kietzell sprang in die Bresche. "Das ist so, wie wenn die Mutter zu ihrem Kind sagt: Räum dein Zimmer auf", meinte er. Das Kind antwortet mit "ja, ja", aber nichts passiere.

Das würde plausibel klingen, wenn Serik nicht schon mit zwei anderen Drogengeschichten auffällig gewesen wäre. Einmal soll er bei einer Bekannten Marihuana und Ecstasytabletten gelassen haben. Das habe er getan, weil er nichts mit Drogen zu tun haben wollte, rechtfertigte sich Serik. Das bestätigte auch die Zeugin. Und im Sommer fand eine Polizeistreife, die vor einer Disco kontrollierte, bei ihm eine halbe Ecstasytablette. Die habe er nur kurz im Mund gehabt, kommentierte Serik diesen Umstand. Um schnell festzustellen, dass das nichts für ihn sei. Der Polizist sagte als Zeuge etwas anderes. Serik habe sehr aufgedreht gewirkt, seine Pupillen seien geweitet, sein Mund trocken gewesen. Man habe ihn nach Hause begleitet, in der Wohnung aber keine Drogen gefunden. Ein Test wurde aber nicht veranlasst.

Also viel Lärm um nichts? "Ich glaube", sagte Amtsrichter Klose, "dass dein Drogenproblem größer ist, als du es hier darstellst". Die Staatsanwältin blieb dabei: alles nur Schutzbehauptungen. Natürlich könne er Drogen besorgen, habe der Angeklagte bei seinem Chatpartner durchblicken lassen. Und das sei ernst gemeint gewesen. Kuhn forderte neun Monate Jugendstrafe auf Bewährung, zudem Drogenberatungsgespräche und eine Geldstrafe von 750 Euro. Der Verteidiger wollte den Ball nicht nur flach halten, er wollte ihn ganz aus dem Spielfeld nehmen. Eine "typische Jugendtat" sei das gewesen, argumentierte er. Serik habe sich wichtig machen wollen. Kietzell las Ausführungen zu einem Gesetzestext vor, wonach ein strafbarer Handel mit Drogen erst vorliege, wenn konkrete Konditionen vereinbart seien: Menge, Lieferzeitpunkt, Preis. Aber die Auflagen, welche die Staatsanwältin fordere, empfand er als vernünftig. Serik müsse merken, dass er sich auf dünnem Eis bewege.

Das Schöffengericht folgte ihm in seiner Argumentation: Vom Handel mit Drogen wurde Serik freigesprochen. 1000 Euro an eine gemeinnützige Organisation muss er aber berappen. Und je drei Therapiegesprächen und Screenings muss er sich unterziehen - um nachzuweisen, dass er clean ist.