Pfaffenhofen
Eine schmerzhafte Nacht

Zwei Brüder fühlen sich in der Ilmtalklinik schlecht behandelt Krankenhaus weist Vorwürfe zurück

25.04.2017 | Stand 02.12.2020, 18:15 Uhr

In der Notaufnahme der Ilmtalklinik wird rund um die Uhr gearbeitet. Eine Gruppe junger Leute aus dem Landkreis fühlt sich von Ärzten und Pflegern dort falsch behandelt. ‹ŒArch - foto: Straßer

Pfaffenhofen (PK) Nach einer Schlägerei landen zwei Brüder in der Notaufnahme. Wie sich später herausstellt, hat einer einen gebrochenen Kiefer, ein paar Zähne sind locker. Jetzt erheben die Brüder Vorwürfe gegen die Ilmtalklinik. Die schweren Verletzungen seien nicht erkannt worden.

Es war in der Nacht auf den 19. März. Eine Gruppe junger Leute aus dem Landkreis Pfaffenhofen war in der Heimatliebe am Kuglhof feiern. Tanzen, trinken, Spaß haben. Gegen 3.30 Uhr gerieten drei aus der Gruppe draußen in eine Schlägerei. Von wem die Aggressionen ausgingen, wer genau zugeschlagen hat, überhaupt wer an der Prügelei alles beteiligt war, das muss die Polizei noch ermitteln.

Die jungen Leute aus dem Landkreis sehen sich jedenfalls in der Opferrolle, haben mittlerweile auch einen Anwalt eingeschaltet. Pfaffenhofens stellvertretender Polizeichef Ulrich Pöpsel spricht nur von "wechselseitiger Körperverletzung" und "viel, viel Alkohol". Fakt ist, die zwei Brüder hatten Schläge einstecken müssen. So heftig, dass sie mit dem Krankenwagen in die Notaufnahme der Ilmtalklinik gebracht werden mussten.

Auch darüber, was dort geschah, gehen die Ansichten weit auseinander. Den älteren der beiden Brüder hat es jedenfalls am schlimmsten erwischt. Er hatte eine Platzwunde an der Oberlippe und - viel schlimmer - ein Zahn wackelte. Der diensthabende Arzt habe ihn nur kurz untersucht und dann seine Diagnose gestellt. Oberkiefer Platzwunde, leichte Blutung steht im Protokoll. "Ich habe dann nur noch den Hinweis bekommen, dass ich am nächsten Tag zum Zahnarzt gehen soll", sagt der Patient.

Zu wenig, finden er und seine Freunde. "Das ist einfach lächerlich. Wäre alles früher passiert, dann hätten sich die Zähne vielleicht wieder regenerieren können." Weil er sich in der Ilmtalklinik nicht korrekt behandelt fühlte, ließ er sich von seinem Vater nach München in die Uniklinik fahren - zunächst in die Radiologie, anschließend in die Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie. Dort wurde schließlich eine "Alveolarfortsatzfraktur" sowie eine "komplizierte Kronenfraktur" festgestellt. In Lokalanästhesie erfolgte eine "Repositionierung" des Alveolarfortsatzes am Kieferknochen, eine "direkte Überkappung von Zahn 11", die Wunde am Oberkiefer wurde genäht.

Aber auch abgesehen von der ihrer Meinung nach zu oberflächlichen Behandlung fühlt sich die Gruppe junger Leute von Ärzten und Pflegern in der Notaufnahme nicht ernst genommen. Eine der jungen Frauen, die ebenfalls an der Prügelei beteiligt war, auf den Hinterkopf gefallen war und selbst in die Notaufnahme kam, sei nicht einmal angeschaut worden. "Die Krankenschwester hat nur gesagt: ,Was macht ihr da draußen für ein Rambazamba. €˜", erzählt eine.

Die Verantwortlichen der Ilmtalklinik weisen die Vorwürfe zurück. Die beiden Patienten seien um 3.48 Uhr vom Rettungsdienst gebracht worden. Die Behandlung des schwerer verletzten älteren Bruders sei bereits um 4.05 Uhr abgeschlossen gewesen, teilt Renate Emmer, die Beschwerdemanagerin der Ilmtalklinik, mit. Wegen eines wackelnden Zahns sei der Patient vom Arzt und von der Pflegekraft darauf hingewiesen worden, umgehend einen Zahnarzt aufzusuchen, da diese Verletzung in der Ilmtalklinik nicht versorgt werden könne. "Sie hat ihm zum einen eine Liste der diensthabenden Zahnärzte mitgegeben, zum anderen auf die Möglichkeit hingewiesen, eine Zahnklinik aufzusuchen, jeweils verbunden mit dem Hinweis, dies möglichst umgehend zu tun und nicht lange zu warten. Der Patient war unentschlossen und hat den Zettel aber mitgenommen. Sie hat ihm mehrfach gesagt, dass er auf keinen Fall bis Montag warten solle", sagt Emmer.

Kurz vor Behandlungsende seien dann sechs bis acht Personen in die Notaufnahme gekommen, die wohl an dem Zwischenfall in der Heimatliebe beteiligt waren. "Sie wurden von der Pflegekraft aufgeklärt, dass die Behandlung gleich beendet sei und sie warten sollten", sagt Emmer. "Ab diesem Zeitpunkt lief die Situation aus dem Ruder. Die Türen der Behandlungsräume wurden von Patienten geöffnet, Begleiter kamen unerlaubterweise in die Behandlungszimmer, sie waren laut und haben sich nicht an die Anweisungen der Pflegekraft gehalten." Auch nachdem die Behandlung der beiden Patienten abgeschlossen war, sei die Gruppe noch in der Klinik geblieben. "Sie haben immer wieder an die Türen der Behandlungsräume geklopft und für Unruhe gesorgt", sagt Emmer. "Sie waren laut, fordernd und haben sich der Aufforderung des Personals laufend widersetzt." Dennoch habe das Pflegepersonal auch den Neuankömmlingen gesagt, dass ihr verletzter Freund durch einen Zahnarzt behandelt werden muss.

Kurze Zeit später sei wieder angeklopft worden. Der Patient habe Schmerzen, der Arzt müsse ihn nochmals anschauen. Die Pflegekraft hat den Wartenden laut Emmer erklärt, den Verletzten nach der Behandlung eines betrunkenen Patienten in Polizeibegleitung noch mal anzusehen. "Als die Pflegekraft wieder in den Wartebereich kam, waren sowohl die beiden Herren als auch deren Begleitungen nicht mehr da. Ein Fehlverhalten oder Verschulden aufseiten der Klinik ist unseres Erachtens nicht erkennbar", sagt Emmer. "Sowohl der behandelnde Arzt als auch die Pflegekraft haben alle notwendigen Schritte unternommen, dass der Patient adäquat versorgt wird."