Pfaffenhofen
Giebel-Affäre soll durchleuchtet werden

Kreisräte üben nur verhalten Kritik – und schalten den Kommunalen Prüfungsverband ein

31.07.2014 | Stand 02.12.2020, 22:24 Uhr

Das sanierte Landratsamt, hier die Westseite vom Hofberg her gesehen: Am neuen Erweiterungsbau, der etwa einem Viertel des abgebildeten Westtrakts entspricht, werden Teile des Satteldaches samt Giebel (rot schraffiert) wieder abgerissen und durch ein Walmdach ersetzt (grau). Grafik: Landratsamt

Pfaffenhofen (PK) In der Giebel-Affäre liegen die Fakten auf dem Tisch: Am Abriss führt kein Weg vorbei, Alternative gibt es keine mehr. Zusätzliche 90 000 Euro an Steuergeldern müssen ausgegeben werden. Die Angelegenheit wird mit einer Sonderprüfung des Kommunalen Prüfungsverbandes durchleuchtet. Und wer ist schuld? Entweder niemand oder alle, so der Tenor im Bau- und Vergabeausschuss des Landkreises.

Wie berichtet hat das Gremium nun einstimmig beschlossen, sich mit dem gegen den Giebel klagenden Nachbarn zu einigen. Einem entsprechenden Tekturplan hat gestern Nachmittag auch schon der Pfaffenhofener Bauausschuss das gemeindliche Einvernehmen erteilt – weitestgehend diskussionslos. Auf den Tisch haute nur Dritter Bürgermeister Roland Dörfler (Grüne): „Es wird Zeit, dass der Landrat Cojones beweist und die Verantwortung übernimmt.“

Der Landkreis wird die geänderten Pläne nun noch besagtem Nachbarn zur Unterschrift vorlegen, der laut Landrat Martin Wolf (CSU) bereits seine Zustimmung signalisiert hat. Dann könnte die Bauabteilung des Landratsamts zügig eine Baugenehmigung erteilen. Eine drohende Niederlage vor Gericht, die den Abriss des ganzen Erweiterungsbaus bedeuten könnte, wäre damit verhindert.

Ausgestanden ist die Angelegenheit aber noch nicht: Die Kreisräte im zuständigen Bauausschuss haben beschlossen, den Kommunalen Prüfungsverband einzuschalten. Angeregt hatte dies Pfaffenhofens Altbürgermeister Hans Prechter (CSU). Bei Wolf rannte er damit offene Türen ein: „Wir haben nichts zu verbergen und glauben, dass die Entscheidungswege richtig gelaufen sind“, sagte der Landrat unbeirrt. Und auch aus den Reihen des Bauausschusses wartete man vergeblich auf Entrüstung. Kritik kam nur von je einem Vertreter von Grünen und CSU – wenngleich eher mit angezogener Handbremse.

CSU-Kreisrat Prechter störte sich weniger an der drohenden Niederlage vor dem Verwaltungsgericht („Die Richterin ist vielleicht mit dem falschen Fuß aufgestanden“), als vielmehr am missachteten Baustopp: „Das ist blamabel“, schimpfte er. Dafür fehle nicht nur ihm jedes Verständnis, sondern auch den Bürgern. Wie berichtet hatte der Rechtsanwalt des Landkreises den vom Verwaltungsgericht München verhängten Baustopp für den Erweiterungsbau zum Hofberg hin fälschlicherweise nur auf das Dachgeschoss bezogen und unterhalb der Traufkante munter weiterbauen lassen. Unterm Strich ist der Anbau also ein Schwarzbau. Die Schuld sieht Prechter offenbar bei Rechtsanwalt André Schneeweiß: „Holen wir uns das nächste Mal doch eine ordentliche Rechtsberatung ein“, appellierte er an seine Kollegen.

Der attackierte Jurist scheint sich aber keiner Schuld bewusst: „Rechtlich bin ich nach wie vor der Meinung, dass weitergebaut werden durfte.“ Aber die Vorsitzende Richterin Cornelia Dürig-Friedl sei am Tag der Verhandlung wohl „nicht auf einem, sondern auf zwei falschen Füßen aufgestanden“.

Wer dem Landkreis die peinliche Panne eingebrockt hat, blieb letztendlich ungeklärt: Eine konkrete Schuld sieht Landrat Wolf bei niemandem. „Wir gehen davon aus, dass keine schuldhafte Handlung vorliegt.“

„In meinen Augen tragen wir alle die Verantwortung“, sagte hingegen die Fraktionssprecherin der Grünen, Kerstin Schnapp. Schließlich hätten alle Kreisräte die Generalsanierung mitgetragen. „Und jede Entscheidung, die getroffen wurde, war im Nachhinein die falsche.“ Mitgehangen, mitgefangen. Deshalb wolle sie als Opposition auch keine politischen oder personellen Konsequenzen fordern – trotz der Steilvorlage, „dass das Landratsamt schwarz baut und zu blöd zum Genehmigen ist“, wie Schnapp den Volksmund zitierte. Die Äußerungen des Landrats, dass bei der Sanierung des Landratsamts ansonsten alles glatt laufe, wollte die Grünen-Chefin dann aber doch nicht so stehen lassen: „Wenn man einen Schwarzbau hinstellt, kann man sich doch nicht auf die Schulter klopfen und sagen: ,Sauber g’aberd!‘“ Im Gegenteil: Der Landkreis sei gerade noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen, weil der Nachbar Gnade vor Baurecht habe walten lassen.

Die beiden Kritiker warnten auch vor einem Vertrauensverlust der Bürger gegenüber der Kreisbauverwaltung. Doch den gibt es laut Wolf nicht: Es seien „keine Beeinträchtigungen“ spürbar. Der Landrat nahm die Verwaltung noch einmal ausdrücklich in Schutz und lobte deren Arbeit: „Die meisten Prozesse gewinnen wir!“

Übrigens hätte all das eigentlich hinter verschlossenen Türen besprochen werden sollen. Doch SPD-Kreisrätin Elke Drack widersprach dem am Anfang der Sitzung: „Das öffentliche Interesse ist so groß, dass man das Thema öffentlich behandeln sollte.“ Das Gremium teilte diese Meinung.