Pfaffenhofen
Gemeinsam auf unterschiedlichen Wegen

26.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:26 Uhr

Christoph Ruckhäberle (links) und Steffen Kopetzky sind seit ihren Jugendtagen befreundet.Junge Mädchen in sparsam möblierten Räumen (Foto unten) - solche Bilder sind typisch für die Malweise von Ruckhäberle. ‹ŒPK-Arc - fotos: Frye-Weber/Hartmuth

Pfaffenhofen (PK) Können Künstler Freunde sein? "Ja", lautet die einhellige Antwort des Malers Christoph Ruckhäberle und des Schriftstellers Steffen Kopetzky, die in Pfaffenhofen aufgewachsen und seit Jugendtagen befreundet sind. Beide haben ihre Heimatstadt verlassen, sich als Künstler früh einen Namen gemacht und sind - wenn auch einer von beiden nur temporär - wieder gekommen. Die Früchte dieser Freundschaft waren nicht zuletzt in diesem Sommer bei der Ausstellung "Ladder to Heaven" des Neuen Pfaffenhofener Kunstvereins, dessen geistige Väter und Mitgründer die beiden Freunde sind, für Jedermann erlebbar.

Aus Liebe zur Malerei und zur Kunst hat Christoph Ruckhäberle schon als Gymnasiast Pfaffenhofen den Rücken gekehrt und ist nach München gezogen, da er am hiesigen Schyren-Gymnasium keinen Kunst-Leistungskurs belegen konnte. Direkt nach dem Abitur ging es an das "California Institute of the Arts", um Zeichentrickfilm zu studieren. "Ich habe schnell gemerkt, dass das nicht das Richtige für mich ist und bin nach drei Semestern zum Zivildienst nach Berlin gegangen", erinnert sich der 45-Jährige, der auch da zum ersten Mal von den druckgrafischen Werkstätten und der figürlichen Tradition der Leipziger Schule hörte.

Ohne die Stadt und die dortigen Lehrer zu kennen, befolgte er den Tipp, sich in Leipzig zu bewerben und studierte in der Fachklasse "Malerei und Grafik" des jüngst verstorbenen Malers und Professors Arno Rink. Nachdem er im Jahr 2000 sein Diplom gemacht hat, konnte er 2002 als Meisterschüler von Rink abschließen. Seit einem Jahr lehrt Christoph Ruckhäberle als Professor für Malerei an der renommierten Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig als Nachfolger Arno Rinks und Neo Rauchs. "Der Zuschnitt des Lehrstuhls hat sich sehr verändert, so dass ich mich nicht in direkter Linie zu Rink und Rauch sehe", wendet Ruckhäberle bescheiden ein und weist darauf hin, dass die Lehrtätigkeit, wie schon bei seinem direkten Vorgänger Heribert C. Ottersbach auf sechs Jahre befristet ist.

Über diese neue Herausforderung, die ihm sehr viel Spaß macht, sollen aber seine anderen Verpflichtungen nicht zu kurz kommen. Schon seit Jahren ist er in Leipzig Mitbetreiber eines Kinos und leitet den Lubok-Verlag, der originalgrafische Künstlerbücher publiziert. So plant Christoph Ruckhäberle für die Zukunft vor allem auch als junger Familienvater diese unterschiedlichen Tätigkeiten unter einen Hut zu bringen. Die größte Herausforderung sieht er derzeit in der Lehre. Dabei will sich der Maler ein Beispiel an seinem Lehrer, Arno Rink, nehmen. "Er ist auf die verschiedensten Schüler sehr unterschiedlich eingegangen und hat jeden Einzelnen ermutigt, seine eigene Bildsprache zu finden", will auch Ruckhäberle seine Schüler unterstützen, in der Kunstwelt sichtbar zu werden und nicht einen bestimmten Geschmack zu bedienen.

Ebenso konsequent hat Steffen Kopetzky seine Karriere als Schriftsteller verfolgt. Schon zu Schulzeiten verfasste er erste literarische Werke, trug diese in der Öffentlichkeit vor und machte mit der Übersetzungen von sich reden. So schrieb er sich nach dem Abitur zwar in München für das Studium der Philosophie und Romanistik ein, hat aber primär für den Sender Freies Berlin gearbeitet. "Ich habe alles, was es an literarischen Formaten für den Rundfunk gibt, wie literarische Reportagen, Essays oder Kindergeschichten, gemacht", erinnert sich Kopetzky.

Ist er zunächst noch gependelt, zog er 1996 komplett in die Bundeshauptstadt um. "Das war noch vor dem Berlin-Hype, es gab ausreichend preisgünstigen Wohnraum und man hatte als Künstler viele Freiheiten. Es war traumhaft", schwärmt der Schriftsteller. Nach seinem unvollendeten Studium arbeitet er als Schlafwagenschaffner und verarbeitet diese Erfahrungen auch literarisch. Er veröffentlichte die Romane "Eine uneigentliche Reise" (1997), "Einbruch und Wahn" (1998) und "Grand Tour" (2002) verfasste Theaterstücke, Hörspiele und Features für Zeitungen, Zeitschriften sowie überregionale Zeitungen und erhielt zahlreiche Auszeichnungen. Neben dem eigenen literarischen Schaffen war der 46-Jährige von 2002 bis 2008 als künstlerischer Leiter der Biennale Bonn tätig. Nach einem einjährigen Intermezzo in Hamburg kehrte er 2005 nach Pfaffenhofen zurück. In dem Jahr erschien "Lost and Found", 2006 das Reisetagebuch "Marokko" sowie 2008 "Der letzte Dieb", bevor er mit seinem jüngsten Werk "Risiko" (2015) einen Publikumserfolg und auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis landete.

Natürlich arbeitet Kopetzky schon längst wieder an einem neuen Roman, allzu viel will der Schriftsteller zu diesem Werk allerdings noch nicht verraten. Wieder, so beschreibt er, sei die Handlung in die Weltgeschichte eingebettet und handle vom Krieg, diesmal allerdings vom Zweiten Weltkrieg. "Der größte Unterschied ist wohl, dass die Hauptfigur aus Risiko den Krieg nicht will. Währenddessen ich in meinem neuen Projekt die Welt eines Menschen erkunde, der den Krieg will", lässt sich Kopetzky entlocken.

Immer schon war es für Steffen Kopetzky selbstverständlich, sich in Pfaffenhofen einzubringen und Verantwortung zu übernehmen. Schon in seiner Pubertät hielt er Lesungen. So zögerte er auch nicht, als SPD-Chef Markus Käser ihn ansprach, für den Stadtrat zu kandidieren und dort ehrenamtlich das Amt des Kulturreferenten zu übernehmen. Ausdruck fand das Bedürfnis nach Mitgestaltung noch an andere Stelle. "Wir saßen bei Steffens Eltern im Garten und kamen ins Spintisieren, was man in Pfaffenhofen so alles machen könnte", erinnert sich Christoph Ruckhäberle und erzählte dabei von seinen ersten Ausstellungserfahrungen in kleinen Galerien und Kunstvereinen. Unter anderen zusammen mit Tilo Baumgärtel, David Schnell und Matthias Weischer hatte Ruckhäberle 2002 in Berlin eine Produzentengalerie eröffnet, in der die damals noch jungen und weitgehend unbekannten Maler ihre Werke präsentierten. In dieser Zeit bis 2004 machten sie sich auf dem Kunstmarkt einen Namen, andere Galerien kamen auf die Künstler zu und sie konnten internationale Erfolge feiern. "Wenn man so will, entstand zu der Zeit das Label 'Neue Leipziger Schule'", erläutert Ruckhäberle.

So lag es für ihn auf der Hand, dass man auch in Pfaffenhofen einen Kunstverein gründen könne. Hatte Steffen Kopetzky zunächst eher an literarische Formate gedacht, fing er dennoch schnell Feuer für die Idee. Nur ein halbes Jahr später rief er Ruckhäberle in Leipzig an und sagte: "Du musst zur Gründungsversammlung des Neuen Pfaffenhofener Kunstvereins kommen!" Denn in der Zwischenzeit hatte er fünf weitere Mitstreiter gefunden und im Dezember 2007 stand der Vereinsgründung, zu der man eben genau sieben Gleichgesinnte braucht, nichts mehr im Wege. Noch heute ist den beiden Freunden die Begeisterung an der Sache anzumerken. So zählt der Verein heute über 200 Mitglieder und stellt jährlich interessante und gut besuchte Ausstellungen auf die Beine. Wie auch in diesem Sommer kommt Christoph Ruckhäberle immer mal wieder nach Pfaffenhofen, um selbst oder mit anderen in der Kunsthalle in seiner Heimatstadt auszustellen. "Es ist immer wieder toll zu beobachten, wie andere Künstler - ohne Bezug zu Pfaffenhofen - begeistert sind von dem Ort und der Halle", beschreibt er und findet es fantastisch, dass sein Freund Steffen und die Stadt einen solchen Ort geschaffen haben. Größere Aufmerksamkeit erhält diese fruchtbare Künstlerfreundschaft derzeit in der Zeitschrift "a tempo - Das Lebensmagazin". Unter dem Titel "Mit spielerischem Ernst - Die Söhne Pfaffenhofens" l werden in dem Magazin, das in dem Kundenzeitung des dm-Drogeriemarktes "alverde" erscheint oder als Soloversion im Buchhandel und Kultureinrichtungen ausliegt, die beiden Künstler vorgestellt.