Pfaffenhofen
Feiernde KZ-Häftlinge und schwarze Hunde

39-Jähriger steht wegen Volksverhetzung in vier Fällen vor Gericht

24.11.2015 | Stand 02.12.2020, 20:30 Uhr
Symbolbild Gericht −Foto: David-Wolfgang Ebener/dpa

Pfaffenhofen (em) Volksverhetzung in vier Fällen wirft die Ingolstädter Staatsanwaltschaft dem 39-jährigen Thomas M. (Name von der Redaktion geändert) aus dem mittleren Landkreis Pfaffenhofen vor. Er steht in der Kreisstadt unter anderem vor Gericht, weil er auf seinem Profil in einem sozialen Netzwerk beispielsweise Beiträge anderer Nutzer verlinkt hat, in denen der Holocaust geleugnet wird.

Für die 86-jährige Ursula Haverbeck, die mehrfach wegen Volksverhetzung verurteilte Witwe eines ehemaligen Mitglieds der NSDAP-Reichsleitung, hat die Massenvernichtung der Juden nicht stattgefunden. Mit dieser These geht die Holocaust-Leugnerin ganz offen um – auch in einem Interview mit Panorama-Journalisten, das die ARD im April dieses Jahres ausstrahlte. Ein Bericht darüber ist in einem sozialen Netzwerk zu finden. Und unter anderem weil er diesen Eintrag geteilt hat, wird Thomas M. jetzt Volksverhetzung vorgeworfen. Laut Anklage steht auf seinem Account seit dem 24. April um 5.22 Uhr unter dem Foto von Ursula Haverbeck: „Das Erste: Der Holocaust ist die größte und nachhaltigste Lüge der Geschichte.“ Dieser Text suggeriert, dass „Das Erste“ dieser Meinung ist, tatsächlich stammt die Aussage jedoch von Haverbeck. Weiter wird dem 39-Jährigen vorgeworfen, dass er auf seinem Profil einen Link zu einem Blog teilte und damit verbunden ein Bild einstellte, das eine Eisenbahntrasse zum Tor eines Konzentrationslagers zeigte. Erneut mit der Unterschrift versehen „Das Erste: Der Holocaust ist die größte und nachhaltigste Lüge der Geschichte“. Auf diese Weise habe sich der Angeklagte die Aussage, der Holocaust habe nicht stattgefunden, zu eigen gemacht und öffentlich verbreitet, wirft ihm die Staatsanwaltschaft vor.

Zur Last gelegt wird dem 39-Jährigen außerdem, dass er ein Bild gepostet habe, welches Personen in der Kleidung eines Konzentrationslagers zeigt, die scheinbar feiernd Wein- oder Sektflaschen hochhalten: Dieses Bild kommentierte der 39-Jährige mit der Bemerkung „Na die sehen ja zu Tode betrübt aus in Auschwitz/Birkenau“. Damit habe er sich über die im Vernichtungslager ermordeten Personen, insbesondere Juden, lustig gemacht und deren Andenken herabgewürdigt, so die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage.

Damit nicht genug: Auf der Seite des Heizungsbauers in dem sozialen Netzwerk war auch noch ein schwarzer Hund zu sehen – garniert mit einem Text, in dem beschrieben wird, wie der Vierbeiner für Hartz IV angemeldet werden soll und letztlich auch finanzielle Unterstützung bekommt, denn: Der Hund sei „schwarz, arbeitslos, faul“, könne kein Deutsch und habe keine Dokumente – und dafür gebe es in Deutschland nun einmal Hartz IV. Mit diesem Text habe der Angeklagte versucht, Immigranten schwarzafrikanischer Herkunft als minderwertig darzustellen und herabzuwürdigen, wirft ihm die Staatsanwaltschaft in dem Prozess vor Amtsrichter Rüdiger Reng vor.

Verteidiger Frank Miksch aus Fürth, bekannter Anwalt der rechten Szene, gab zu Beginn der Verhandlung eine Erklärung im Namen seines Mandanten ab. Darin hieß es, dass dieser „lediglich eine Diskussion anstoßen wollte.“ Mit der Verlinkung eines Inhalts beziehungsweise dem Teilen eines Beitrags in dem sozialen Netzwerk werde doch nicht automatisch auch die Aussage selbst übernommen, argumentierte der Anwalt bei der Verhandlung am Dienstag: „Mein Mandant hat einen schon vorhandenen Inhalt lediglich verlinkt.“ Das sei alles „keine inhaltliche Stellungnahme“ und „nicht ernst gemeint.“ Und im Falle des „schwarzen Hundes“ versuchte der Verteidiger den Inhalt mit der Bemerkung zu entschärfen, dass das alles „nur ein unkorrekter Witz war“.

Richter Reng hakte ein: „Warum setzt er dann einen Link, wenn er mit dem Inhalt nicht einverstanden ist“ Und in Richtung Anklagebank stellte er fest: „Das schreiben Sie nämlich nicht, dass Sie damit nicht einverstanden sind.“ Da sich der Amtsrichter nach eigener Aussage allerdings nicht gut in sozialen Netzwerken auskennt, vertagte er die öffentliche Hauptverhandlung und lässt nachermitteln. Ein neuer Termin wird vom Gericht festgesetzt, bis dahin werden die Internetspezialisten der Polizei aktiv sein. Insbesondere sollen sie die Fragen des Teilens beziehungsweise der Verlinkung von Inhalten prüfen.