Schon
Energie aus der Ilm

27.05.2016 | Stand 02.12.2020, 19:45 Uhr

Martin Hofmeir beim Qualitätscheck (Foto oben) und Seniorchefin Hildegard Hofmeir mit einer Kundin im Mühlenshop (Foto unten).

Pfaffenhofen (DK) Schon vor 5000 Jahren nutzten Menschen Wasserräder - zunächst zur Bewässerung ihrer Felder, später zum Antrieb von Maschinen. Ein Beispiel für die moderne Nutzung der Ilm als Lieferant "sauberen" Stroms ist die Kunstmühle Hofmeir in Fahlenbach.

Das Unternehmen ist, wie Hans Hofmeir nicht ohne Stolz erklärt, "energetisch zu 100 Prozent autark". Und das, obwohl der Strombedarf stetig steigt, weil "keiner mehr Zeit hat und alles immer schneller gehen muss". Genügte es den Lieferanten früher, wenn er als Müller zehn Tonnen Getreide in der Stunde annehmen konnte, "müssen es heute 60 Tonnen sein", so der Seniorchef. Noch reichen die 100 Kilowatt, die er der Ilm mittels Turbinen in Fahlenbach, Buchersried und Geisenfeld abgewinnt. "Dieser Strom ist die Existenzgrundlage für fünf Mitarbeiter", betont er die Bedeutung der Anlagen für die Wirtschaftlichkeit des Familienbetriebs, der seit 2012 von Sohn Martin geführt wird. Die Vorteile der Wasserkraft liegen seines Erachtens auf der Hand: Sie ist "sauber, jederzeit verfügbar und liefert sicheren Grundlaststrom". Zum Beleg dafür mag ein Ereignis vor rund 20 Jahren dienen: Als ein schneereicher Winter das öffentliche Netz in Fahlenbach zum Erliegen brachte, "floss" bei Hofmeirs der Strom im wahrsten Sinne des Wortes weiter. "Einige Bäcker haben ihre Froster per Gabelstapler zu uns auf den Hof gestellt, damit die Kühlkette nicht abbrach", erinnert sich Hofmeir senior mit einem Schmunzeln.

Dass manche Aktivisten kritiklos pauschale "Feindbilder" übernehmen und Wasserkraftanlagen als "Fischhäcksler" verunglimpfen, ärgert ihn. Nur die Treibgutrechen industrieller Großanlagen seien mit ihren großen Abständen zwischen den Zinken eine Gefahr. "Der Sauerstoffreichtum im Bereich unserer Anlage ist hingegen ein regelrechtes Biotop für Flohkrebse, die als Nahrungsgrundlage für Forelle und Barbe dienen, worüber sich die örtlichen Fischer freuen", betont der Kraftwerksbetreiber, der dabei auf die vier Fischtreppen hinweist, in die er nach eigenen Angaben im Sinne der Ökologie je 150000 Euro investiert hat. Sie dienen dem Wasserwirtschaftsamt, wie er erklärt, "als Vorzeigeobjekte für jene, die ein solches Bauwerk planen" (gesonderter Bericht zu diesem Thema folgt).

Das Müllerhandwerk liegt den Hofmeirs seit Generationen im Blut. Zunächst betrieb die Familie die Schleifmühle in Wolnzach. 1923 übernahm man die Kiermeier-Mühle in Fahlenbach "weil deren Wasserkraft zehnmal so stark ist", erklärt Hans Hofmeir, der nach dem frühen Tod des Vaters schon mit 21 Jahren als Student der Deutschen Müllerschule in Braunschweig die Verantwortung übernahm.

Noch Anfang des 20. Jahrhunderts gab es in Deutschland rund 24 000 gewerbliche Mühlen. Die meisten von ihnen wurden "zwischen den Mahlsteinen der Konzernmühlen zermalmt", wie es Hans Hofmeir plakativ formuliert. Der 64-Jährige freut sich, dass sein Unternehmen zu jenen 150 in Bayern gehört, die diesem Schicksal entgingen. Drei weitere zählt der Landkreis: die Scheller-Mühle an der Ilm in Reisgang, die Lehenmühle am Lauterbach und die Schmidl-Mühle an der Paar bei Hohenwart.

"Bei uns hat sich der Strukturwandel nicht so negativ ausgewirkt, weil wir schon immer regional produziert haben", erklärt der Juniorchef. Maximal 25 Kilometer Anfahrt hat das bei ihm verarbeitete Getreide hinter sich. Der 32-Jährige setzt wie schon sein Vater "auf zertifizierte Ware von Lieferanten, die ich persönlich kenne". Der hochwertige Qualitätsroggen aus Fahlenbach und Umgebung hat einen solch guten Ruf, dass er von der Hofmeir-Mühle containerweise bis nach Japan geliefert wird.

Um auf dem Markt zu bestehen, müsse man "mit Leidenschaft innovativ sein und Nischen suchen", ist der junge Mühlenbetreiber überzeugt. Er setzt nicht nur auf die Belieferung von Handwerksbäckereien, sondern auch auf die Direktvermarktung von Mehl, Müsli und Nudeln im Mühlen-Shop sowie auf Online-Angebote wie die neue Produktserie "back dein brot". "Unsere Mühle steht deshalb auf gesunden Füßen", meint der Seniorchef, der jedoch ein weiteres wirtschaftliches "Standbein" vorzuweisen hat: die von ihm mit der Firma Hagl entwickelten ThermoNox Entwesungsöfen zur giftfreien Vernichtung von Lebensmittel-Schädlingen. "Wir exportieren die Umluftgeräte mittlerweile in 33 Länder, derzeit wird gerade eine Serie in Mexiko installiert".