Pfaffenhofen
"Ein außerordentlich gutes Jahr"

Volksbank: Walter Zillner und Andreas Streb ziehen positive Bilanz – und arbeiten an Strategien für schwierige Zeiten

29.01.2015 | Stand 02.12.2020, 21:43 Uhr

Walter Zillner und Andreas Streb: Die Doppelspitze der Hallertauer Volksbank blickte im Gespräch mit unserer Redaktion auf ein „außerordentlich gutes Jahr“ zurück. Die bankinternen Planrechnungen wurden übertroffen - Foto: Gegger

Pfaffenhofen (PK) Historisch niedrige Zinssätze, schrumpfende Gewinnmargen, Banken in der Krise. Krise? Ob Kundenanlagen oder Kreditvolumen – die Hallertauer Volksbank legte 2014 auf allen Sektoren zu (siehe Infokasten). Die hausinternen Planzahlen wurden übertroffen, die Vorstände Walter Zillner und Andreas Streb blickten im Gespräch mit unserer Redaktion auf „ein außerordentlich gutes Jahr“ zurück. Die Banker ruhen sich allerdings nicht auf Erfolgen aus, sondern arbeiten daran, ihr Haus noch „wetterfester“ zu machen. Sie suchen nach neuen Geschäftsfeldern – und nach Antworten auf die Frage, wie die Volksbank 2020 aufgestellt sein muss, damit sie für schwierige Zeiten gerüstet ist.

 

Herr Zillner, Herr Streb, seit dem Weggang des Vorstandsvorsitzenden Wilfried Gerling ist aus dem Führungstrio ein Duo geworden. Ist denn die Arbeit zu schaffen oder bekommt der Vorstand Zuwachs?

Walter Zillner: Es bleibt bei zwei Vorständen, auch wenn ich zum Jahresende in Ruhestand gehe und Thomas Lange meine Nachfolge antritt. Wir haben die Aufgaben, die der Kollege Gerling hatte, neu unter uns aufgeteilt und die Zuarbeit mit zwei Vorstands-Stabsstellen neu geregelt. Bei unserer Struktur und mit unseren Abteilungsleitern, die ihr Geschäft verstehen, klappt das mit zwei Vorständen.

 

Aus drei mach zwei – spielen auch Kostengründe eine Rolle?

Andreas Streb: Natürlich ist das auch aus Kostengesichtspunkten so entstanden. Wir müssen den Sparwillen ja auch vorleben.

 

Wenn Herr Zillner ausscheidet, wird es dann wieder einen Vorstandsvorsitzenden bei der Volksbank geben – der Andreas Streb heißen könnte?

Streb: Ob der Aufsichtsrat einen Vorstandsvorsitzenden bestellt, wird im Lauf des Jahres entschieden. Man braucht nicht zwingend einen Vorsitzenden, das ist eher eine Funktion mit Außenwirkung, intern sind alle Vorstände gleichberechtigt, da hat der Vorsitzende kein Vetorecht. Ich bin hier völlig leidenschaftslos, mein Wohl und Wehe hängt da nicht dran.

 

Für viele Banken war 2014 ein schwieriges Jahr. Bei Ihnen steht praktisch hinter jeder relevanten Zahl ein Plus. Wie erklärt sich das?

Zillner: Unsere Bilanzsumme ist auf annähernd 1,2 Milliarden Euro gewachsen und getragen wird das vorwiegend vom Einlagenzuwachs um 41 Millionen. Da merkt man schon das Vertrauen, das die Leute in uns Genossenschaftsbanken setzen.

 

Die Leute sparen also mehr, obwohl die Zinsen immer weiter fallen?

Zillner: Ja, so ein Wachstum hatten wir schon lange nicht mehr. Aber da spielt auch der Sicherheitsgedanke eine große Rolle. Viele Kunden wollen wissen, ob ihr Geld sicher aufgehoben ist – und das ist bei uns der Fall.

Streb: Der Zuwachs ist unter anderem auch darauf zurückzuführen, dass wir zum Beispiel im Internet ein Produkt mit Konditionen anbieten, die selbst im Vergleich zu Direktbanken attraktiv sind.

 

Was verstehen Sie denn derzeit unter attraktiven Zinsen?

Streb: 0,40 Prozent, das ist heute attraktiv! Eine 1 vor dem Komma können wir natürlich nicht mehr bieten, das geht nicht. Unsere guten Zahlen haben übrigens sicher auch mit unserem Beratungskonzept zu tun, dem Hallertauer Vermögensplan, mit dem wir unseren Kunden eine ganzheitliche und strukturierte Beratung bieten.

Wie muss man sich das vorstellen?

Zillner: Beim Kunden wird eine Bestandsaufnahme gemacht, um herauszufinden, wie er aufgestellt ist. Es gibt dann kein schnelles Angebot, sondern unsere Experten machen sich in Ruhe Gedanken, welche Produkte für diesen speziellen Kunden infrage kommen. Zum Beispiel stellen wir, wenn wir Kunden analysieren, die sich bisher keine strukturellen Gedanken gemacht haben, oft fest, dass sehr viel Geld kurzfristig angelegt ist, schon weil jeder auf steigende Zinsen wartet. Da muss man der Frage nachgehen, ob es nicht sinnvoller ist, auch einen Teil in Aktien oder Immobilienfonds anzulegen und das Geld mehr zu streuen.

Streb: Wir wollen mit unserem Konzept dem Kunden aufzeigen, wie er sich mit anderen Anlagen als Beimischung breiter aufstellen und so bei einer gewissen Wertentwicklung dabei sein kann. So eine Vermögensplanung dient dazu, dass man mit den Anlagen, die man hat, wenigstens die Inflationsrate noch schlagen kann. Mit einem normalen Banksparvertrag schaffen Sie das nicht mehr.

 

Ihr Beratungskonzept erfordert einen hohen Personalaufwand. Rechnet sich das denn noch, andere Banken setzen aus Kostengründen bei Service und Beratung den Rotstift an?

Streb: Wenn ich glaube, dass ich diesen Krieg nur über die Kosten gewinne, dann muss ich das so machen. Kostenmanagement ist wichtig, wir hoffen aber, dass wir über unsere Beratung das Geschäft ausweiten können. Wir werden im Vergleich mit den Internetbanken nie Preisführer, können uns aber durch qualitative Beratung abgrenzen. Das können die uns nie abnehmen. Wir sind sehr stolz darauf, dass wir beim Citycontest von Focus Money, bei dem diese Zeitschrift neun örtliche Banken durch Testkäufe geprüft hat, den ersten Platz belegten.

 

Zinsen mit der Null vor dem Komma – was raten Sie jetzt den Menschen, die dachten, sie könnten durch Erspartes und Zinsen fürs Alter vorsorgen und ein kleines Vermögen bilden?

Zillner: Intensiv beraten lassen, nicht alle Eier in einen Korb legen, sondern die Anlagen streuen und nur Produkte kaufen, die man auch versteht.

 

Mit dem von Ihnen empfohlenen Anlagemix schlägt man vielleicht die Inflation, aber vom Ertrag kann man doch keine großen Rücklagen mehr aufbauen.

Streb: Vor zehn oder 15 Jahren konnte man über die Erträge vielleicht noch ein Vermögen schaffen, aber die Zeiten sind vorbei. Vermögen kann ich nur aufbauen, wenn ich monatlich spare, Zinsen sind ein Zubrot.

 

Bleibt das Zinsniveau noch länger so niedrig?

Zillner: Ich glaube nicht an bald steigende Zinsen, eher geht es noch einen Touch nach unten.

 

Bei manchen Banken gehören Filialschließungen zum Sparkurs. Sie haben 18 Filialen, muss man mit Einschnitten rechnen?

Zillner: Momentan tragen wir uns nicht mit dem Gedanken, Filialen zu schließen. Aber wir stellen alle fünf Jahre alles auf den Prüfstand und schauen, wo die Reise hingeht.

Streb: In der Situation, in der der Bankensektor jetzt ist, wäre es fahrlässig, nicht darüber nachzudenken, wie eine Bank 2020 ausschaut. Wenn das eine Bank heute nicht macht, dann gibt es sie 2020 nicht mehr. Wir werden uns im nächsten Vierteljahr intensiv Gedanken dazu machen. Was die Filialen betrifft, wird dort viel Service geboten, aber wer wird, wenn sich auch die Alternativen im Zahlungsverkehr so weiterentwickeln 2020 noch in eine Filiale kommen? Wir müssen schauen, dass wir ein passendes Paket mit Internet, Außendienst, Filiale und Zentrale schnüren können.

 

Bei den Banken schrumpfen angesichts der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank die Gewinnmargen. Wie reagieren Sie darauf?

Zillner: Wir sind zwar gut unterwegs, aber es ist amtlich, dass wir künftig weniger verdienen werden. Dennoch werden wir die Krise meistern, auch weil wir, was zum Beispiel unsere Rücklagen betrifft, eine überdurchschnittlich starke Ausgangsposition haben. Und wir werden nach neuen Geschäftsfeldern Ausschau halten. So ist es beispielsweise denkbar, dass wir auf dem Immobiliensektor als Investor auftreten.

 

Braucht die Hallertauer Volksbank in der insgesamt schwierigen Lage vielleicht einen Partner? Es wird immer wieder über eine mögliche Fusion mit der Volks- und Raiffeisenbank Bayern Mitte spekuliert – laufen da Gespräche?

Zillner: Zurzeit gibt es keine Verhandlungen mit irgendjemandem. Grundsätzlich sind wir aber natürlich immer zu Gesprächen bereit, wenn da ein Kollege kommt und sagt „reden wir mal“. Die Grundsatzfrage ist aber stets: In welcher Situation ist so eine Bank, brächte eine Fusion wirklich eine Stärkung.

Streb: Man muss nicht gleich an Fusionen denken, aber ich glaube, wir Genossenschaftsbanken müssten in nachgelagerten Bereichen, wo es der Kunde nicht spürt, viel mehr zusammenarbeiten. Warum gibt es zum Beispiel keinen Revisorenpool? Ich habe da keine Berührungsängste, vielleicht zwingt uns der Kostendruck, mehr gemeinsam zu machen.

 

Stellen Sie sich vor, auf einem Empfang kommt Mario Draghi, der Präsident der Europäischen Zentralbank, auf Sie zu und bittet Sie um einen Rat. Was würden Sie ihm sagen oder empfehlen?

Zillner: Meiner Meinung nach hat die Europäische Zentralbank mit dem Beschluss zum Staatsanleihenkauf das letzte Pulver verschossen. Die haben keinerlei Möglichkeit mehr, dazu beizutragen, dass die Wirtschaft anläuft.

Streb: In den ursprünglichen Verträgen stand, dass sich die EZB nicht einmischt und keine Staatspapiere kauft, sondern die Staaten selbst verantwortlich sind. Zu diesen Verträgen sollte man zurückkehren und nicht das Problem vor sich herschieben und noch mehr Geld draufschütten.

 

Das Interview führten

Robert Schmidl

und Rudi Gegger.