Pfaffenhofen
Ein Stuhl ist der Star

In der Galerie Kuk 44 in der Auenstraße sind bis Ende Mai farbenfrohe Kunstwerke zu sehen

18.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:48 Uhr
Beeindruckendes Design: Eva Wollschläger hatte viel über Günter Beltzig zu erzählen. Auch von der Zitronenpresse in ihrer Hand, mit der er 1964 aus dem Stand einen Designwettbewerb gewann. Hier sind beide mit Beltzigs Stuhl "Floris" zu sehen. −Foto: Böhm

Pfaffenhofen (PK) In der Region gut bekannte Namen haben am Freitagabend viele Besucher in die Galerie Kuk in der Pfaffenhofener Auenstraße gelockt. Unter dem Titel "Kunst!Stücke!" haben sich acht Künstler zu einer Gruppenausstellung zusammengefunden, die echte "Art Pieces" zeigt.

Vom Möbel-Stück über das Puzzle-Stück oder Bilder-Stücke, die in die Dreidimensionalität hinübergleiten - das Thema zeigt seine Facetten und nimmt den Besucher stückweise mit auf eine Kunstreise der besonderen Art.

Die Stargäste dabei waren sicherlich zwei weltberühmte Werkstücke: Der von Günter Beltzig im Jahr 1968 entworfene Stuhl "Floris", der damals viel Aufmerksamkeit erlangte und heute noch im New Yorker Art Museum ausgestellt ist. Und die ebenfalls knallrote Sitzskulptur "Pegasus". Von "Floris" gibt es weltweit nicht mehr als 150 Exemplare, er ist ein Kunstwerk und auch ein Möbelstück, er darf angefasst und ausprobiert werden. Wer den Stuhl näher betrachtet, erkennt menschliche Formen und Rundungen, die ihn anschmiegsam machen, obwohl er ganz ohne Polster auskommt. "Ich bin kein Querdenker", sagt Günter Beltzig von sich selbst, "Eher ein Diagonaldenker". Es gehe ihm um die Verbindung. Zum Beispiel von Schönem und Nützlichem. Von Funktionalität und Design. Langlebigkeit und Verspieltheit. Vielleicht ist das der Aspekt, der ihn im Laufe seines Lebens zum Entwerfen von Kindermöbeln und schließlich ganzer Spielplätze geführt hat.

Zu Beginn des Abends übernahm Eva Wollschläger vom Bayerischen Fernsehen die Aufgabe, die Geschichte dieses Lebens nachzuerzählen. Der Rote Faden dabei: Das Nicht-ins-System-Passen, Schulprobleme, später die Schlosserlehre und die Werkkunstschule und die damit geschaffene Möglichkeit, den eigenen Fantasien "Realität geben zu können", wie es Beltzig selbst formuliert. Dass er heute anerkannt ist als Spielplatzgestalter zeigt seine Hartnäckigkeit, seine Überzeugung, etwas Bedeutendes zu tun: "Die Kinder sollen beim Spiel kreativ sein können, das Denken lernen."

Beltzigs Arbeiten passen sich daher ein in die Gesamterscheinung der Ausstellung, starke Farben geben sich gegenseitig das Stichwort, und so reichen sich die verschiedenen Künstler den Staffelstab weiter: Walter Heidenreich hat ebenfalls Stühle mitgebracht. Als Maler, Bildhauer und Designer haben auch seine Arbeiten verschiedene Facetten, diesmal geht es um seine Stühle mit Spezialeffekten. Sie sind verwandlungsfähig, wie der Künstler selbst kurzerhand vorführt. Platten lassen sich an verschiedenen Stellen abnehmen oder wegschieben. Kunst wird zum Gemeinschaftswerk von Künstler und Publikum. Geometrische Formen wie Quadrate, Dreiecke, Rechtecke schaffen Klarheit.

Und genau hier ist die Verbindung zu Heike Habl: Das Labyrinth, das lange ihr zentrales Thema war, hat sie verlassen, diesmal hat sie ihr neustes Werk mitgebracht. Es trägt den Titel "Bubbles". 25 Einzelwerke werden zu einem Gesamtwerk zusammengefasst. Intensive Farben, Quadrat und Kreis - und auch hier die Möglichkeit, die Anordnung zu verändern.

Etwas Beständigkeit nimmt der Besucher da gerne an in den Lichtinstallationen von Markus Jordan. Sie sind für den Betrachter immer wieder faszinierend - sind es Kunstwerke oder gar Lampen? Einrichtungsgegenstände? Auch hier verschwimmt die Grenze, auch hier mag jeder für sich entscheiden.

Marija Koruga, eine Künstlerin aus Zagreb hat auch ein Möbelstück mitgebracht: Das Bild trägt den Titel "Where are the bushes?" und stammt aus einer ganzen Reihe von Bildern, zusammengefasst unter dem Titel "Bueno Chairs". In jedem Fall gibt es Überraschendes darin zu entdecken.

Andrea Koch stellt ihre großformatigen Wachsfahnen aus, Lichteffekte, Durchscheinendes Material, kalligrafische Elemente sind Wege der Auseinandersetzung mit der eigenen Verletzlichkeit, dem Hineinblicken ins Innere.

Auch Angelika Schweiger sucht in der Kunst nach dem Sprachrohr für das Unaussprechliche und in ihren "Streifenwerken" steckt vieles davon.

Die Dimensionen eines Gemäldes reichen für Ida Odbolt nicht aus, ihre Werke drängen in die dritte Dimension, die Vielschichtigkeit und Fülle von Gedanken- und Gefühlswelt manifestiert sich in diesen fast überbordenden Konstruktionen.

Drei Monate wird die Ausstellung dauern, drei Monate, in denen auch "Pegasus" mit seinem edlen Körper bei Kuk verweilt. Diese Gelegenheit will Galerieleiterin Lea Heib nicht ungenutzt verstreichen lassen. "Es wird in dieser Zeit Lesungen geben, denn dieses Sitzmöbel eignet sich hervorragend dafür, bequem zu sitzen und einen Text vor sich auszulegen." Sie freut sich auf Autoren, die von dieser Idee inspiriert sind und eigene Texte vortragen möchten. Es geht also erst so richtig los mit spannenden Events in ihrer Galerie, die bildende Kunst, Literatur und Musik miteinander verbinden.

Eine kleine musikalische Überraschung hatte Lea Heib dann noch etwas später für ihre Gäste parat: Bluesgröße Christian Willisohn setzte sich einfach mal ans Klavier und bescherte den Zuhörern feurig-mitreißende Klangeschenke.

Noch bis zum 1. Juni 2018 ist die Ausstellung zu sehen. Geöffnet ist immer montags, mittwochs, donnerstags und freitags von 15 bis 18 Uhr sowie Samstag und Sonntag von 10 bis 13 Uhr.