Pfaffenhofen
"Ein Mosaikstein nach dem anderen"

Die Münchner Autorin Tanja Weber über die Recherche für ihren Familienroman zur Kunstgeschichte

09.02.2016 | Stand 02.12.2020, 20:13 Uhr

Bisher schrieb sie Krimis, das neue Werk der Münchner Autorin Tanja Weber wurde ein historischer Familienroman. - Foto: Senger

Pfaffenhofen (PK) Um den Diebstahl eines Kunstwerks geht es unter anderem in dem Familienroman "Die Frauen meiner Familie" der Münchner Autorin Tanja Weber. Im Interview mit unserer Zeitung spricht sie über Pseudonyme, die Frauenfiguren in ihrem Werk und die Buchbranche. Am 19. Februar kommt sie zur Lesung nach Pfaffenhofen.

Frau Weber, Sie haben bisher zwei Kriminalbücher geschrieben - jetzt wurde es ein Familienroman. Verabschieden Sie sich vom Krimigenre?

Tanja Weber: Zumindest als Tanja Weber. Ich habe nämlich noch zwei andere Pseudonyme und will Krimis nur noch als Judith Arendt veröffentlichen.

 

Wieso?

Weber: Zum einen, weil ich sehr viel schreibe, etwa zwei Bücher pro Jahr. Unter einem Namen veröffentlicht aber eigentlich kein Verlag zwei Bücher eines Autoren in einer so kurzen Zeitspanne. Zum anderen braucht man als Autor ein sehr klares Profil. Da ich aber verschiedene Interessen habe, benutze ich für jedes Genre einen eigenen Namen. So ist mein aktuelles Werk bereits mein neuntes Buch, nicht mein drittes. Unter meinem eigenen Namen schreibe ich nun nur noch Romane, die literarisch sind, und sich nicht in eine Genre-Schublade pressen lassen.

 

Ihre Emanzipation von den Genres erinnert an ihre Hauptfigur in "Die Frauen meiner Familie", Elsa, die sich im Laufe der Zeit immer mehr auf ihre Stärken besinnt.

Weber: Elsa ist ein intellektueller, etwas zurückgezogener Charakter. Die Recherchen zu ihrer Familiengeschichte öffnet für sie neue Türen. Vor allem die Beschäftigung mit ihrer Urgroßmutter Anneli, die eher der leidenschaftliche und kraftvolle Typ ist, zeigt ihr, dass man im Leben etwas wagen muss.

 

Wollten Sie bewusst einen Roman über starke Frauen schreiben?

Weber: Das ist nebenbei passiert. Es ging mir eher um die Bedeutung eines Bildes und die Geschichte dahinter sowie das Thema Kunst in der Nazizeit.

 

Sie beschreiben die damalige Kunstszene sehr detailliert. Wie lange haben Sie dafür recherchiert?

Weber: Eigentlich seit 20 Jahren. Als Kunsthistorikern habe ich bereits die Materialien angesammelt, nicht im Hinblick auf den Roman, sondern weil das Thema mich interessierte. Daher musste ich für den Roman nur einige Monate punktuell recherchieren.

 

Wie kam die Idee zu ihrem Roman?

Weber: Die hatte ich vor über 20 Jahren in der Ausstellung "Entartete Kunst - Das Schicksal der Avantgarde in der Nazizeit"in Berlin. Da fing es an und es kam ein Mosaikstein nach dem anderen dazu. Den Ausschlag gegeben hat die Entdeckung der vielen Bilder in der Wohnung von Cornelius Gurlitt. Da wusste ich: Jetzt schließt sich der thematische Kreis. Jetzt muss ich ein Buch schreiben.

 

Der Roman spielt in München. Sie haben ihn in einem Interview als Liebeserklärung an die Stadt bezeichnet.

Weber: Als ich 2009 von Berlin nach München zurückgekommen bin, habe ich gedacht: Warum bin ich eigentlich je von München weggezogen? Hier ist es doch so schön. Es ist eine sehr gelassene Stadt und sie hat ein freundliches Gesicht. Eine lebenslustige und weltoffene Stadt, in der gern gegessen und getrunken wird.

 

Sie waren früher Theaterregisseurin, dann Drehbuchautorin, jetzt Autorin. Können Sie mittlerweile nur von Büchern leben?

Weber: Ja, es geht, allerdings ist es sehr schwierig. Der Buchmarkt verändert sich sehr. Es gibt bei manchen kommerziellen Verlagen die Einstellung: Entweder das Buch wird Spiegelbestseller oder wir sind enttäuscht. Ich habe mich auch von einem Verlag getrennt, weil mir der Ton nicht gefallen hat. Die Bücher verschwinden auch viel schneller von den Tischen. Wenn ein Buch sich nicht sofort super verkauft, kommt es vom Tisch runter in das Regal. Bei Hugendubel heißt das Regal Tapete, weil Bücher in den Regalen nur noch angesehen werden, nicht gekauft. Die Leute kaufen nur noch Stapelbücher. Es ist der Tod eines Buches, wenn es nicht mehr auf dem Stapel liegt.

 

Haben Sie schon überlegt, selbst zu verlegen?

Weber: Ja, aber es kommt für mich nicht in Frage, weil ich dann in Vorleistung gehen müsste. Beim Verlag bekomme ich einen Vorschuss, um an meinem Buch arbeiten zu können. Das Risiko wäre zu groß. Es gibt ja keine Garantie, dass es sich verkauft.