Pfaffenhofen
Ein Besuch am Horst

30.06.2016 | Stand 02.12.2020, 19:36 Uhr

Pfaffenhofen (PK) "Wir erhoffen uns davon neue Erkenntnisse über das Zugverhalten der Tiere und über mögliche Gefahren, die unterwegs auf sie lauern", erklärt der Kreisvorsitzende des LBV, Hans-Joachim Leppelsack, das Projekt. Er verweist auf daraus abzuleitende Schutzmaßnahmen. Der LBV unterstütze daher das Forschungsprojekt, so der Biologe, der die vom Ornithologen Wolfgang Fiedler geleitete und staatlich genehmigte Besenderungsaktion im Landkreis begleitete.

Von 15 Storchenküken im Landkreis haben nur vier die Nässe und Kälte im März überlebt. Jedes von ihnen soll einen von der Firma e-obs entwickelten, 57 Gramm leichten, solarbetriebenen GPS-Sender und Datentransmitter huckepack tragen. Kostenpunkt pro Stück: 2500 Euro. "Wir hoffen, dass sich auch heuer wieder Sponsoren finden, die eine Patenschaft übernehmen", so Leppelsack.

Erste Station ist heuer der Kamin des Schyren-Gymnasiums in Pfaffenhofen. Hier warten schon Alina und Lisa von der Storchen AG gespannt auf den Kran der Firma Rieder, der sie nach oben hieven wird. Erstmals einen Blick direkt ins Nest werfen dürfen, finden beide "spannend". Aus der Ferne hatten sie mit ihrer Arbeitsgruppe die Störche im Rahmen eines besonderen Bio-Projektes bereits öfter beobachtet, einmal sogar einen ganzen Tag lang. Nächstes Jahr steht nun steht die Auswertung des Zugverhaltens "ihrer" Störche an.

Vorsichtig nähert sich der Korb dem Horst. Auf dem Boden ein Karton, in dem das Jungtier nach unten transportiert wird. Ein Elterntier fliegt auf. Das Weibchen, das sein Ring als "France 4174" ausweist, ist dem Nest bereits seit 2011 treu. Der Vater, mit dem sie heuer fünf Junge ausbrütete, trägt keine Kennung und ist somit sicher ein anderer als im vergangenen Jahr (sein Vorgänger war ein ordentlich registrierter Einwanderer aus dem "Ländle"). Das überlebende Junge ist mit vier Kilogramm "recht stattlich beieinander". So zumindest das Urteil von Fiedler, der das Gewicht an der Federwaage abliest. Der junge Vogel stellt sich während der Untersuchung, bei der auch sein Schnabel und seine Beine vermessen werden, sicherheitshalber tot. Ein Reflex, der ihn normalerweise davor bewahrt, aus Schreck aus dem Nest zu fallen. Und der es Clemens Krafft als Beringer leichter macht, die Plastikmanschette mit Zahlencode um sein Bein zu knipsen. Später wird man den Vogel mit dem Fernglas daran eindeutig identifizieren können.

"Ist das ein Junge oder ein Mädchen", möchte ein kleiner Zuschauer wissen. "Das wissen wir noch nicht", erklärt Leppelsack. Um das zu erfahren müsse man "eine Feder im Labor genetisch analysieren".

Behutsam und mit schnellen, geübten Griffen bringt Fiedler nun den mit weichen Gummibändern versehenen "Datenrucksack" an, bevor der Storch wieder in sein Nest gebracht wird. Dreimal noch wird sich die Prozedur unter einem Horst wiederholen. In Pörnbach zeigt die Waage 3,5 Kilogramm an. "Normalgewicht", so der Befund. Der Vaterstorch ist - wie sein Ring verrät - gebürtig aus Schifferstadt und hat sich zum zweiten Mal hier vermehrt. Über die Herkunft seiner unberingten Gemahlin weiß man nichts, was im Übrigen auch für die Storchenmama in Reichertshofen gilt.

Der dortige Vater stammt aus dem Südbadischen und schlägt zum zweiten Mal sein Domizil hier auf. Von Nestbau, soviel ist sicher, verstehen beide recht wenig. Ihre Kinderstube - in der statt der erhofften zwei nur ein Küken hockt - ist sehr flach, hat keinen schützenden Rand. Zum Glück ist der Nachwuchs mit 3,3 Kilogramm wohlgenährt. Nur "bei der Nasenweltmeisterschaft hat dieses Exemplar keine Chance", meint ein Beobachter nach Vermessen des recht kurz geratenen Schnabels scherzhaft.

Sobald sie flügge sind, kann jeder die Reise der besenderten Störche mitverfolgen - dank der kostenlosen App "Animal Tracker". Die Kollegen aus dem Vorjahr haben schon eine Fangemeinde, die weiß: Happy Hippi, "die mit den Flamingos tanzt" (PK berichtete) genießt weiterhin die Sonne des französischen Südens in der Réserve Africaine de Sigéan. Ihre Schwester Elfie hat sich hingegen bereits wieder in deutsche Lande begeben und wurde zuletzt in Oberhochststadt im Aischgrund gesehen. Zum Opa wird sie den Pörnbacher Schlossstorch jedoch wohl erst nächstes Jahr machen, noch ist sie zu jung fürs "nesteln". Seine Teenagerzeit genießt auch das "Reserl" aus Reichertshofen noch - allerdings im Süden von Madrid. Für den verstorbenen Geisenfelder Storch "Wolfi" macht sich heuer ein Nachfolger auf den Weg (PK berichtete).