Pfaffenhofen
Der Mann mit der Mütze feiert Jubiläum

Anton Lönner ist seit 50 Jahren als Gemeindereporter im südlichen Landkreis unterwegs

28.01.2015 | Stand 02.12.2020, 21:43 Uhr

Mit Kamera und Notizblock: Seit 50 Jahren ist Toni Lönner im südlichen Landkreis als Lokalreporter unterwegs und berichtet für unsere Zeitung - Foto: Kraus

Pfaffenhofen/Reichertshausen (PK) Ludwig Erhard war Bundeskanzler, Heinrich Lübke Bundespräsident. Der Deutsche Meister hieß SV Werder Bremen und Königin Elisabeth II. besuchte die Bundesrepublik. Ein Liter Benzin kostete 0,58 DM, eine Halbe Bier 0,65 DM. 1965 war das, in dem Jahr, in dem Anton Lönner aus Steinkirchen seinen ersten Artikel für unsere Zeitung verfasste, für die er auch heute noch als dienstältester freier Mitarbeiter im südlichen Landkreis unterwegs ist. 50 Jahre als rasender Lokalreporter – in diesem halben Jahrhundert hat Toni Lönner unzählige Landkreisbürger zu unzähligen Themen befragt. Anlässlich seines Jubiläums hat die Redaktion ihren 77-jährigen Senior-Reporter zum Rollentausch überredet – Toni Lönner wurde interviewt.

 

Herr Lönner, um was ging es denn in Ihrem ersten Artikel, den Sie im Januar 1965 in der Redaktion abgeliefert haben?

Anton Lönner: Da war die Hauptversammlung der SpVgg Steinkirchen, bei der ich Gründungsmitglied bin. Der alte Kassier hatte aufgehört und mich hat man als Neuen ausgesucht. Und da sagte der Vorsitzende Georg Scherrer, dass ich gleich den Bericht über die Versammlung schreiben sollte.

 

Wussten denn Ihre Vereinskameraden, dass Sie schreiberisches Talent haben?

Lönner: Nein, überhaupt nicht. Und ich habe mir auch nicht träumen lassen, dass das später so ein Ausmaß annehmen würde.

 

Wie sind Sie vom Berichterstatter für die SpVgg Steinkirchen zum rasenden Gemeindereporter geworden?

Lönner: Der Vorstand der SpVgg meinte, dass ich auch über weitere Veranstaltungen schreiben soll, damit über den Verein was in der Zeitung steht. Vorher war ja über die SpVgg nichts drin. Dann kamen auch die anderen örtlichen Vereine auf mich zu, Schützen, Feuerwehr, der Krieger- und Soldatenverein oder der Burschenverein und bald habe ich über alle Vereine in der Pfarrei geschrieben.

 

In der Zeit, als sie selbst aktiv Fußball bei der SpVgg Steinkirchen gespielt haben, sollen sie sich während der Spiele schon die Berichte überlegt und deshalb auch die Minuten, in denen die Tore fielen, von der Kirchturmuhr abgelesen haben. Stimmt denn diese Geschichte?

Lönner: Ja freilich. Das war zwar vielleicht nicht auf die Minute genau, aber so ungefähr hat das schon gepasst.

 

Waren Sie da nicht zu abgelenkt? Normalerweise muss man doch als Fußballer ständig hoch konzentriert sein, damit einen der Gegner nicht ausspielt.

Lönner: Ich war Linksaußen und da war man, anders als die Abwehrspieler, nicht dauernd eingebunden. Da ging das schon.

 

Haben Sie die Spiele auch gleich noch fotografiert?

Lönner: Nein, ich habe mir erst in den 1980er Jahren meinen ersten Fotoapparat gekauft. Mit Fotografie habe ich mich zunächst gar nicht befasst.

 

Bei den ersten Faschingszügen durch das Obere Ilmtal sollen Sie ja auch erst mitmarschiert und dann sofort nach Hause gegangen sein, um die Berichte zu verfassen, während die anderen weiter feierten.

Lönner: Ja, und den Bericht habe ich am nächsten Tag, am Rosenmontag, gleich in die damalige Redaktion in der Türltor-straße gebracht, damit er am Dienstag in die Zeitung kam. Nach dem Faschingsdienstag hat man ja keine Berichte über Bälle und Faschingszüge mehr gedruckt. Heute muss das natürlich alles viel schneller gehen, da muss ich den Bericht und die Fotos zum OCV-Gaudiwurm gleich nach der Veranstaltung abliefern, damit das in der Montagausgabe erscheinen kann.

 

Sie waren Lokalreporter in Steinkirchen, „nebenbei“ drei Jahre lang ehrenamtlicher Gemeindeschreiber und schließlich sogar von 1972 bis zur Eingemeindung nach Reichertshausen 1975 Steinkirchener Bürgermeister. Dann wechselten Sie ins Rathaus der Gemeinde Reichertshausen – wie hat sich das auf ihre Arbeit als freier Zeitungsmitarbeiter ausgewirkt?

Lönner: Mein Tätigkeitsgebiet ist viel größer geworden und hat sich bald auf das ganze Reichertshausener Gemeindegebiet erstreckt. Viele Vereinsvorstände kamen auf mich zu und haben mich gebeten, die Berichterstattung zu übernehmen.

 

Ihre „Schreibe“ scheint also angekommen zu sein?

Lönner: Ich hatte immer den Vorsatz, dass derjenige, der meine Berichte liest, fast meinen soll, dass er selber bei der Veranstaltung dabei war. Ich möchte so schreiben, dass die Berichte verständlich sind für Jung und Alt und viele Leute haben mir bestätigt, dass ich das wohl ganz gut hingekriegt habe.

 

Sie haben über alle Seiten des dörflichen Lebens geschrieben, über Vereine, Jubiläen oder Goldene Hochzeiten, über den Gemeinderat, über Faschingszüge und die Musikkapelle Steinkirchen. Was hat Ihnen am meisten Spaß gemacht, welche besonderen Ereignisse sind Ihnen im Gedächtnis geblieben?

Lönner: Ich habe in Reichertshausen über sieben 100. Geburtstage berichten dürfen. Und das schönste Erlebnis war, dass ich 2006 auch über den 100. meines Vaters schreiben durfte. Da musste ich nicht viel recherchieren, weil ich natürlich den ganzen Lebenslauf kannte und familiär war das ein Riesenereignis mit vielen namhaften Gästen. Im Lauf der Jahre habe ich außerdem über die Ernennung aller sieben Reichertshausener Ehrenbürger berichtet – und auch über ihre Beerdigungen musste ich schreiben.

 

Sie haben auch viele lokalgeschichtliche Themen aufgegriffen. Sind Sie zum Hobbyhistoriker geworden?

Lönner: Schon ein wenig. Ich habe da auch einen großen Fundus an Unterlagen, auf die ich zurückgreifen kann. Der ist zwar nicht sortiert, aber ich weiß, wo ich was finde.

 

Welche weiteren Höhepunkte gab’s denn in den fünf Jahrzehnten?

Lönner: Das Reichertshausener Volksfest war natürlich immer ein Highlight, die Musikkapelle Steinkirchen habe ich von ihrer Gründung 1986 bis heute als Berichterstatter begleitet und bei den Reisen, die unsere Pfarrer immer wieder organisiert haben, bin ich viel herumgekommen. Faszinierend waren die von Pfarrer Spreng veranstalteten Reisen nach Mexiko oder Tibet, über die ich schreiben durfte.

 

Und beim Oberilmtaler Carneval Verein waren Sie ja auch immer dabei. Wie viele Faschingsorden haben Sie denn schon?

Lönner: Über den OCV berichte ich seit den 1980er Jahren regelmäßig. Und Faschingsorden habe ich so viele, dass ich ohne Weiteres selbst eine Ordensverleihung machen könnte.

 

Heute fotografieren Sie längst mit einer Digitalkamera und mailen der Redaktion Ihre Berichte vom heimischen PC aus zu. Dabei sollen Sie, als Sie noch im Reichertshausener Rathaus arbeiteten, extrem computerscheu gewesen sein. Fiel die Umstellung sehr schwer?

Lönner: Das stimmt schon, während meiner Zeit im Reichertshausener Steueramt hatten wir zwar auch schon längst EDV, aber ich habe da immer nur die Belege fertig gemacht, eingetippt haben das andere. Als ich im Jahr 2000 in den Ruhestand ging, bin ich bald daheim auf PC umgestiegen. Aber ich habe auch noch meine erste Schreibmaschine, auf der ich über viele Jahre die Berichte für die Zeitung geschrieben habe. Das ist eine Olympia, die ich mir in den 1960er Jahren für 400 Mark gekauft habe.

 

Und die benutzen Sie auch noch?

Lönner: Ja, die funktioniert noch einwandfrei, nur die Walze ist abgeschliffen, da muss man halt zwei, drei Blätter unterlegen.

 

Haben Sie denn schon Pläne für Ihr 51. Jahr als Lokalreporter?

Lönner: Keine festen. Der Reichertshausener Bürgermeister Heinrich drängt mich immer wieder, dass ich mal die Gemeindegeschichte aufschreiben soll. Da denke ich noch drüber nach, das wäre eine schöne, aber auch eine große Aufgabe.

 

Nächstes Jahr soll bei Ihnen schon wieder ein rundes Jubiläum anstehen. Welches denn?

Lönner: Als Mitglied des FC Bayern habe ich Ehrungen für 20, 35 und 50 Jahre bekommen. 2016 werden es 60 Jahre FCB-Mitgliedschaft. Ich zähle damit zu den langjährigsten Mitgliedern und habe die Nummer 56 von gut 250 000.

 

Und haben Sie da schon die Nummer 1 im Visier?

Lönner: Der, der jetzt die Mitgliedsnummer 1 hat, ist vergangenes Jahr 90 geworden. Ich weiß nicht, ob ich das schaffe, so weit vorzurücken. Schau ma halt mal.

 

Das Interview führte

Robert Schmidl.