Pfaffenhofen
"Würden uns über mehr Männer freuen"

Erzieherin Melanie Dornstädter erklärt, worauf es bei der Kindertagespflege ankommt

27.04.2017 | Stand 02.12.2020, 18:14 Uhr

Tagesmutter Angelika Ufermann betreut Kinder aus dem Landkreis. Weil Tagesmütter und -väter gefragt sind, startet die Koordinationsstelle Kindertagespflege im Mai eine Ausbildungs-Offensive. - Fotos: Archiv Zurek/Thomas Mumbächer/Johanniter Oberbayern

 Pfaffenhofen (PK) Die Nachfrage nach Tagesmüttern ist auch im Landkreis Pfaffenhofen groß, aber es fehlen qualifizierte Kräfte. Die Koordinationsstelle Kindertagespflege, die seit Jahresbeginn von den Johannitern geleitet wird, startet daher im Mai eine Ausbildungs-Offensive. Die Johanniter-Unfallhilfe hatte nach einer Ausschreibung des Landkreises den Zuschlag als Träger der zuvor von der Caritas betreuten Koordinationsstelle erhalten. Die Leiterin der Einrichtung in der Äußeren Quellengasse 5 gibt im Gespräch mit dem Pfaffenhofener Kurier Antwort auf Fragen zur Qualifizierung und zur Rolle ihres Teams. Diesem gehören neben Melanie Dornstädter (kleines Bild), einer gelernten Erzieherin, die ein Studium der Sozial- und Bildungswissenschaft absolviert und lange Jahre in München berufsbegleitend Kindertagespfleger ausgebildet hat, auch die Psychologin Michaela Ungerade und die Diplom-Sozialpädagogin Sabine Ketzler an.

Frau Dornstädter, worin besteht die Aufgabe der Koordinationsstelle Kindertagespflege?

Melanie Dornstädter: Wir sind einerseits für die Qualifizierung der Tagesmütter und -väter verantwortlich, andererseits helfen wir Eltern, eine optimale Betreuung für ihr Kind zu finden.

 

Es gibt zahlreiche Kitas zur Betreuung von Kleinkindern im Landkreis - warum ist aus Ihrer Sicht das Interesse an Tagesmüttern und  -vätern so groß?

Dornstädter: Viele Eltern möchten ihren Nachwuchs lieber in einer familienähnlichen Umgebung und in einer kleinen Gruppe betreut wissen. Ein weiterer Grund ist die höhere Flexibilität bei den Buchungszeiten, die es erlaubt, private und berufliche Verpflichtungen leichter unter einen Hut zu bringen.

 

Wie viele Personen sind derzeit in der Kindertagespflege im Landkreis beschäftigt?

Dornstädter: Die Zahl schwankt zwischen 75 und 80 qualifizierten Kräften. Viele tun dies in Vollzeit, für andere ist es ein Zuverdienst oder die Chance, sich für einen pädagogischen Beruf zu qualifizieren. Rund zwei Drittel  von ihnen arbeiten im eigenen Haushalt, ein Drittel je zu zweit in den sieben Großtagespflegeeinrichtungen des Landkreises - also in ausschließlich für die Betreuung von maximal zehn Kindern bereitgestellten, privaten Räumen.

 

Sie sprechen immer von Tagesmüttern und  -vätern, wie viele Männer gibt es denn tatsächlich in diesem Beruf?

Dornstädter: Zugegeben, derzeit sind es im Landkreis erst zwei (lacht). Wir würden uns sehr über mehr Bewerber freuen, die dem männlichen Rollenbild in der Erziehungslandschaft mehr Gewicht verleihen könnten.

Worin sehen Sie die Vorteile einer Arbeit in der Kindertagespflege?

Dornstädter: Sie bietet nach einer beruflichen Auszeit - aus welchen Gründen auch immer diese genommen wurde - einen idealen Wiedereinstieg in eine bezahlte Beschäftigung. Man kann die Zahl der Arbeitsstunden flexibel selber bestimmen, ist im eigenen Zuhause tätig und kann so auch die Betreuung der eigenen Kinder mit dem Job verknüpfen. Und wer sich beruflich neu orientieren möchte, hat die Möglichkeit, sich für den pädagogisch-sozialen Bereich zu qualifizieren.

 

Wie schaut es mit den Verdienstmöglichkeiten aus?

Dornstädter: Grundsätzlich erhält eine qualifizierte Tagesmutter für einen Vollzeitplatz pro Kind rund 700 Euro. Da sie bis zu fünf Kinder gleichzeitig aufnehmen darf, kann dieser - in Teilen zu versteuernde - Betrag sich vervielfachen. Weil es sich um eine selbstständige Tätigkeit handelt, muss sich die Betreuungsperson selber versichern - die Unfallversicherung wird aber erstattet und für angemessene Beiträge zur Krankenkasse, Pflege und Altersvorsorge gibt es einen 50-prozentigen Zuschuss.

 

Welche Eignung muss ein Bewerber für diesen Beruf mitbringen?

Dornstädter: Grundvoraussetzungen ist der Spaß an der Arbeit mit Kindern, Aufgeschlossenheit im Umgang mit Eltern, die Fähigkeit, sich selbst zu reflektieren und Verantwortungsbewusstsein. Für eine erste Orientierung bieten wir ein Gespräch an.

 

Wie gestaltet sich die weitere Ausbildung?

Dornstädter: Die Qualifizierungsmaßnahme  umfasst 100 Stunden, die als Abendkurse und als kompakte Wochenendseminare hier in den Schulungsräumen der Koordinierungsstelle stattfinden. In zwei Grund- und zwei Aufbaukursen vermitteln wir  pädagogische und didaktische Kompetenzen, informieren über rechtliche Vorschriften und geben  Tipps für die richtige Organisation der selbstständigen Tätigkeit. Ergänzt werden diese theoretischen Inhalte von einem praktischen Teil, der 20 Stunden umfasst. Am Ende steht dann die schriftliche Prüfung.

 

Welche Voraussetzungen gibt es noch?

Dornstädter: Bevor man mit der Tätigkeit beginnen darf, gilt es, beim Landratsamt die notwendige Pflegeerlaubnis zu erwirken. Diese wird vom Sachgebiet Familie, Jugend, Bildung erteilt und setzt weitere Belege voraus: einen Erste-Hilfe-Kurs am Kind, ein erweitertes Führungszeugnis für alle im Haushalt lebenden Personen über 14 Jahren sowie ein ärztliches Attest über die psychische  und physische Gesundheit. Zudem wird von uns als Koordinationsstelle eine Stellungnahme erbeten.

 

Bleiben noch die Räumlichkeiten. Ist denn jedes Zuhause geeignet?

Dornstädter: Nein. Die Koordinationsstelle begutachtet die Häuser oder Wohnungen, die infrage kommen. Es sollte dort ausreichend Platz auch zum Toben geben, aber Sicherheits- sowie Hygienevorschriften müssen ebenfalls genügen. Wir geben gerne Tipps für die Ausstattung mit kindgerechtem Spielzeug. Zudem müssen ein Schlafraum, eine Küche für gemeinsame Mahlzeiten und natürlich geeignete Sanitäranlagen vorhanden sein. 

 

Das Gespräch führte

Maggie Zurek.