Pfaffenhofen
Rekordjahr nach Holperstart

In Zeiten der Vollbeschäftigung ist der Fachkräftemangel das größte Problem am Arbeitsmarkt

23.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:55 Uhr
Goldenes Handwerk: Der Scheyrer Installateur und Heizungsbaumeister Andi Worf bei der Arbeit. −Foto: Ermert

Pfaffenhofen (PK) Nach einem holprigen Start ins Jahr 2017, für den vor allem die Audi mit ihrem Abbau bei den Zeitarbeitnehmern sorgte, hat der Arbeitsmarkt in der Region 10 und im Kreis Pfaffenhofen wieder ein rekordverdächtiges Jahr mit starken Zahlen erlebt.

"Der Arbeitsmarkt hat nach anfänglichem Stottern kräftig an Fahrt aufgenommen - und am Ende war es ein sehr gutes Jahr", leitete Peter Kundinger die Arbeitsmarktbilanz ein. Der Sprecher der Agentur für Arbeit Ingolstadt präsentiert die Statistik zusammen mit der Pfaffenhofener Agenturleiterin Silvia Schmidt. "Wir haben etliche Höchststände erreicht - und eilen seit Jahren von Rekord zu Rekord", sagt Kundinger bei der Präsentation vor Pressevertretern. Insgesamt 2700 offene Stellen hatten die Unternehmen zwischen Vohburg und Jetzendorf, zwischen Hohenwart und Wolnzach der Agentur gemeldet - und im Schnitt blieben knapp 1000 davon ständig unbesetzt. "Die meisten konnten wir also besetzen", meint Schmidt. Trotzdem hätten es die Firmen gar nicht leicht, im Landkreis geeignete Fachkräfte zu finden. "Wir haben fast Vollbeschäftigung", klärt Kundinger auf. Die Zahl der Arbeitslosen sei verschwindend gering. "Wir haben eher Mühe damit, überhaupt Arbeitskräfte zu finden."

Das heißt aber nicht, dass es rund um Pfaffenhofen keine Problemfälle gibt. Die 136 Langzeitarbeitslosen sind annähernd zu gleichen Teilen Frauen und Männer - und die allermeisten davon sind zwischen 40 und 55 Jahre alt. "Obwohl die ältere Generation sehr gut ausgebildet ist und über Erfahrung verfügt, ändern die Firmen ihre Einstellung nur langsam. Die Bereitschaft wächst aber langsam, auch ältere Bewerber einzustellen", fasst Kundinger die Rahmenbedingungen zusammen. Für den Pressesprecher ist diese schleppende Entwicklung nach wie vor schwer nachvollziehbar. "Wir Deutschen müssen schließlich immer länger arbeiten - und die Erfahrung ist in vielen Berufen kaum zu toppen." Auch deshalb hat sich die Agentur für Arbeit für das laufende Jahr vorgenommen, genau hier anzusetzen. "Da wir im großen Ganzen keine Probleme haben, können wir den Schwächsten auch immer intensiver helfen", fügt Kundinger an. Gerade bei den Langzeitarbeitslosen, den Ungelernten und den Hartz-IV-Empfängern sieht auch Silvia Schmidt noch viel Potenzial. "Wer eine fundierte Ausbildung hat, muss kaum was befürchten. Aber die Hilfsarbeiten und Stellen für Ungelernte werden immer weniger." Darum komme es darauf an, diese Menschen aus- und fortzubilden. Die Agentur könne damit nämlich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Also die Menschen noch mehr in Arbeit bringen - und nebenbei die Nachfrage der Firmen befriedigen. "Wir bilden auch viele Angestellte fort, um sie besser zu qualifizieren. Das wissen viele nicht. Und wir werden noch mehr auf die Firmen zugehen, um auf diese Möglichkeiten hinzuweisen", so Kundinger. Qualifizierung sei ein Hauptthema des neuen Jahres. Und somit auch die Digitalisierung - um auch das zweite wichtige Schlagwort ins Spiel zu bringen. Zu guter Letzt gehe es noch darum, die offenen Ausbildungsplätze zu besetzen. 92 Stellen konnten vergangenes Jahr nicht besetzt werden. Viele Firmen brauchen diese Kräfte aber, um ihren eigenen Nachwuchs generieren zu können. "Da gehen wir jetzt vermehrt auf ältere Ungelernte zu, um sie in eine Ausbildung zu bringen", berichtet Kundinger. Auch Flüchtlinge, die der deutschen Sprache gut mächtig sind, werden zunehmend auf diese Ausbildungsstellen vermittelt. "Wir haben da keine schlechten Erfahrungen gemacht", meint Schmidt. Überhaupt seien im Umgang mit den Asylbewerbern sehr viel größere Probleme an die Wand gemalt worden, als jetzt auf den Arbeitsmarkt zukommen würden. "Die Belastung ist nicht besonders hoch", so Kundinger weiter.

Für sämtliche Maßnahmen hat die Agentur für Arbeit in der Region 10 übrigens 27,5 Millionen Euro in die Hand genommen. Für über 9600 Menschen, die an den unterschiedlichen Maßnahmen der Arbeitsmarktpolitik teilgenommen haben. Ganz generell lässt sich noch sagen, dass es auf keinen Fall die Arbeitslosigkeit, sondern viel eher der Fachkräftemangel das Problem ist, welches die Mitarbeiter am meisten beschäftigt. Und wer sich bei seiner Berufswahl sicher sein möchte, später auch mal eine Stelle zu bekommen, dem kann Silvia Schmidt ebenfalls weiterhelfen. "Soziale Berufe, Handwerker und Metallarbeiter werden immer gesucht", sagt sie. Der Handel habe derweil so seine Probleme, weil die Arbeitszeiten oftmals schwer mit dem Privatleben der Bewerber zu vereinbaren seien. Die Büroberufe (Buchhaltung, Einkauf, Personal oder Steuer) bereiten den Agenturmitarbeitern mehr Schwierigkeiten. "Da würden wir uns manchmal mehr offene Stellen wünschen", sagt Schmidt. Und am schlechtesten sieht es bei den Ingenieurdienstleistern aus. "Da ist Pfaffenhofen halt schlecht aufgestellt. In und um Ingolstadt ist da weitaus mehr geboten." Ganz klar ein Umstand, der die Pendlerzahlen weiter nach oben treiben dürfte. Und so richtet Peter Kundinger seinen Abschlussappell auch an die Abschlussschüler. "Ein Studium muss nicht immer und für jeden der goldene Weg ins weitere Leben sein", sagt er. "Keiner weiß es genau. Aber es kann sein, dass der fleißige Handwerker den Bachelor in Zukunft auslacht."

Der Arbeitsmarkt in Zahlen

40 311 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte arbeiten im Landkreis Pfaffenhofen (Stand 30. Juni 2017). Das sind 2010 Arbeitnehmer oder 5,3 Prozent mehr als noch vor einem Jahr.

 

54 609 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte wohnen im Landkreis (Stand 30. Juni 2017). Vor Jahresfrist waren es noch 1295 weniger.

 

Das ungleiche Verhältnis deutet auf eine hohe Zahl von Auspendlern hin. Und tatsächlich: Insgesamt 32 576 Arbeitnehmer aus dem Landkreis verdienen ihren Lebensunterhalt außerhalb - alleine 10 878 in Ingolstadt und 7973 in der Stadt München. Die übrigen Auspendler verteilen sich auf die Landkreise Eichstätt (1978), Freising (1915), München (1729), Neuburg-Schrobenhausen (1659), Kelheim (1144), Dachau (1020), Erding (250) und Augsburg (238).

Demgegenüber steht die geringere, aber ebenfalls noch stattliche Zahl von 17 518 Einpendlern : aus Ingolstadt (2958), Neuburg-Schrobenhausen (2559), Kelheim (2072), Eichstätt (1683), Freising (1373), aus der Stadt München (1037), dem Landkreis München (481), Dachau (465), Aichach-Friedberg (350) und Landshut (179).

 

5889 Ausländer gehen im Landkreis einer geregelten Arbeit nach. Das sind 713 mehr als vor einem Jahr. Aus nicht-europäischen Staaten stammen davon 235. Ihre Zahl wuchs um 87 an. Zum Großteil handelt es sich hierbei um Asylbewerber. Von den im Landkreis lebenden Flüchtlingen sind gerade einmal 58 arbeitslos gemeldet. Vor einem Jahr waren es noch 114. Und 29 Asylbewerber absolvieren gerade eine Ausbildung; fast die Hälfte davon stammt aus Afghanistan.

Die Arbeitslosenquote im Landkreis Pfaffenhofen lag 2017 im Jahresschnitt bei 1,8 Prozent oder 1309 Personen - was im Grunde genommen annähernd einer Vollbeschäftigung entspricht. Damit liegt der Kreis Pfaffenhofen hinter Eichstätt auf Platz zwei in ganz Bayern.

 

Die Zahl der Langzeitarbeitslosen - zu fast gleichen Teilen Frauen und Männer - betrug zum Jahresende 136 . Darunter sind 86 Fachkräfte, von denen die meisten zwischen 40 und 55 Jahre alt sind.

 

967 offene Stellen waren im Jahresschnitt bei der Agentur für Arbeit gemeldet. Und 92 Ausbildungsplätze konnten nicht besetzt werden. | pat