Pfaffenhofen
Ein traumhaft schöner Abend

Sinfonieorchester Dieter Sauer reißt Klassikfreunde auf dem Hauptplatz zu Beifallstürmen hin

29.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:03 Uhr

Foto: Hans Steininger

Pfaffenhofen (PK) Ein für viele Zuhörer wohl unvergessliches Erlebnis hat das Sinfonieorchester Dieter Sauer dem Pfaffenhofener Publikum beschert. Da passte einfach alles: Musik, Stimmung, Ambiente und (fast) auch das Wetter.

Denn der traumhaft schöne Sonntag stellte das Orchester vor große Probleme: Die Hitze machte den kostbaren Streichinstrumenten derart zu schaffen, dass das Konzert erst ein halbe Stunde später beginnen konnte. Stadtrat Peter Feßl (SPD), zuständig für Musik und Galeriebetrieb, traf den Nagel gleich in mehrfacher Hinsicht auf den Kopf, als er das Publikum mit "Willkommen in der Arena von Verona" begrüßte. Denn irgendwie glich die ganze Szenerie ein wenig den Opernfestspielen in Verona. Da wehte ein Hauch italienischer Lebensfreude über den Hauptplatz und die südlich anmutende Sonne trug ihren Teil dazu bei. Wie auch Bachs Brandenburgisches Konzert Nr. 3, dessen erster Satz "Allegro" bereits einen derart beschwingten Auftakt lieferte, dass sich das Publikum, entgegen aller Gepflogenheiten bei Klassik-Konzerten, zu einem Zwischenapplaus am Ende des Satzes hinreißen ließ. Das hielt den ganzen Abend über an, aber bei Open-Air-Aufführungen nimmt man das offenbar lockerer als in der Staatsoper.

Dann aber wurde es familiär auf der Bühne: Daniel Sauer (17) sang in italienischer Sprache die Arie "Svegliatevi nel core" aus Händels Oper "Giulio Cesare". Musikalisch unterstützt wurde er vom "mitgebrachten familieneigenen Begleitorchester", scherzte Moderator Florian Erdle. Der spielte damit auf Papa Dieter Sauer und Mama Christiane Sauer an, die als erste Geigerin im Orchester saß. Daniel, der seinen gesanglichen Ursprung im Tölzer Knabenchor hatte, ist derzeit Jungstudent am Leopold-Mozart-Zentrum der Universität Augsburg. Eine herzliche Umarmung auf offener Bühne von Papa Dieter war neben dem großen Beifall des Publikums der Lohn für einen gelungenen Vortrag.

Natürlich darf bei einem derartigen Konzert Mozart nicht fehlen: Dessen vorletzte Sinfonie Nr. 40 g-moll ist ebenso populär wie abwechslungsreich. Dafür verstärkte sich das Kammerorchester mit Holz- und Blechbläsern, die zusammen mit den Streichern ein harmonisches Ensemble bildeten und konzertante Musik vom Feinsten boten. Das wundert nicht, spielten doch Absolventen und Studierende von vier verschiedenen Musikhochschulen in Bayern. Überhaupt las sich die Besetzungsliste wie ein "Who is who" der Pfaffenhofener Musikszene: Cvetomir Velkov und Georgi Kobulashwili an den Oboen, Posaunist Auwi Geyer, am Schlagwerk Arno Haselsteiner, an der Violine Christiane Sauer, Hannah Feldmann an der Viola und Cellistin Marie-Therese Daubner - alles Namen, die vielen Pfaffenhofener Konzertbesuchern bestens vertraut sind.

Nach der Pause stand Dieter Sauer mit seiner Geige solistisch im Mittelpunkt: Das "Andante" von Johan Svendsens Romanze G-Dur ist ein Paradestück für dieses Instrument, vorausgesetzt, man interpretiert es so gekonnt und gefühlvoll wie Dieter Sauer mit seinem Bogen. Voller Gefühl auch das Medley aus der Filmmusik zu "Herr der Ringe". Die nahm von Beginn an das Publikum erneut gefangen, mit ihrer Dynamik, ihren wechselnden Tempi, ihrer Klangfülle und dem in der Partitur nicht vorgesehenen Vogelgezwitscher, das aber wie bestellt dazu passte. Großes Kompliment an das Orchester, Bravo-Rufe aus dem Publikum.

Die gab es auch für die Abiturientin und Sopranistin Marie Ardey, unter anderem auch Mitglied der Bayerischen Chorakademie, die "Think of me" aus dem "Phantom der Oper" interpretierte. Das gelang ihr ebenso ausdrucksvoll wie beeindruckend bis hin in eine ausgeprägte Koloratur-Passage, die sie weitgehend intonationssicher bewältigte. Mit "Music of the Night" aus dem gleichen Musical hatte Daniel Sauer erneut einen viel beklatschten Soloauftritt, bis die beiden zum Abschluss das anrührende Duett "All I Ask of You" anstimmten, da kam echtes Musical-Feeling auf.

Ein wirkliches Kontrastprogramm dagegen war das "Gartenschau-Panorama", eine Auftragskomposition von Peter Wittrich extra für das große Event. In der Version für ein 36-köpfiges Orchester erlebten die Zuhörer eine Uraufführung. Den Musikstil bezeichnete Florian Erdle mit Blick auf die Gartenschau als "Bioextremismus" als andere Bezeichnung für moderne Musik. Hier bekam das Orchester Gelegenheit, seine Wandlungsfähigkeit unter Beweis zu stellen, der anerkennende Applaus des Publikums galt dem Komponisten wie den Interpreten gleichermaßen.

Wie aber kann man einen schönen Abend festlicher beschließen als mit dem "Kaiser-Walzer" von Johann Strauss. Der beendete einen Abend voller Höhepunkte: Von der Programmgestaltung, über die Solisten, dem tollen Orchester nebst seinem Dirigenten bis hin zum ausgezeichneten Sound-Mix. Stehende Ovationen zum Schluss vom begeisterten Publikum, dem ein großes Lob gebührt: Oft konnte man die berühmte Stecknadel fallen hören, trotz Zuhörerzahlen im vierstelligen Bereich. Dieser Abend war mit Sicherheit eine Sternstunde im ohnehin anspruchsvollen Kulturprogramm der Stadt.