Pfaffenhofen
"Man kann sich dem nicht verweigern"

An der Nutzung sozialer Internetmedien scheiden sich in der Landkreispolitik die Geister

18.01.2017 | Stand 02.12.2020, 18:47 Uhr

Foto: DK

Pfaffenhofen (PK) Es war seine schärfste Wahlkampfwaffe. Auch noch kurz vor seiner Amtseinführung morgen macht Donald Trump Politik über den Internet-Kurznachrichtendienst Twitter. Soziale Medien spielen durchaus eine Rolle in der Politik - auch im Landkreis.

Über 20 Millionen Menschen erreicht Trump mit seinen Botschaften, SPD-Kreischef Markus Käser hat 336 Follower - dabei hatte Käser nur einen Monat weniger Zeit als Trump, um Unterstützer zu werben. Er ist seit April 2009 dabei, Trump seit März. Der Landtagsabgeordnete Karl Straub, der Bundestagsabgeordnete Erich Irlstorfer (beide CSU) und auch Pfaffenhofens Bürgermeister Thomas Herker halten sich bei Twitter komplett raus. Kaum ein Landkreispolitiker fehlt hingegen bei Facebook.

Der Kommunalpolitiker mit dem größten digitalen Sendungsbewusstsein ist wohl der SPD-Kreisvorsitzende Käser - egal ob auf Facebook, in Blogs, bei Instagram oder auf Twitter: "Man kann sich dem nicht verweigern, sondern muss solche Kanäle mit Leben füllen", sagt der Pfaffenhofener Stadt- und Kreisrat. "Das mobile Internet mit seinen sozialen Medien und interaktiven Plattformen ist eine Kulturtechnologie, mit der man sich beschäftigen muss." Jede Organisation habe für sich das Interesse, Informationen zu verteilen und Positionen zu vertreten - und das Internet sei eines von vielen möglichen Kanälen dafür. Der wichtigste für ihn ist derzeit Facebook. "Das ist eher der Online-Stammtisch, bei dem man zum Beispiel schnelle Stimmungsbilder einholen kann", sagt Käser. "Aber auch eine Art digitales Bürgerbüro, wo er als Politiker für die Bürger direkt ansprechbar ist." Das sei ein wichtiger Unterschied: "Für Trump ist das Medium nur eine Einbahnstraße und keine Dialogplattform." Parallel twittert aber auch Käser: "Ich experimentiere damit rum, wie die Kanäle optimal nutzbar und verknüpfbar sind."

Es gibt bei sozialen Medien aber auch Tücken: "Oft wird aber jedes Wort auf die Goldwaage gelegt und dann in der eigenen Dynamik des Netzes bewertet", sagt etwa der Pfaffenhofener Bürgermeister Thomas Herker (SPD), der dort auch kontrovers öffentlich postet. "Ich bin gerne in sozialen Netzwerken unterwegs - aber auch wenn es mein Privataccount ist, wird es immer aufs Amt zurückspiegeln." Da kann auch mal ein Spaß hohe Wellen schlagen. "Aber entweder man hat den Humor, oder man hat ihn nicht: Wer meine Witze nicht haben kann, sollte mich blockieren."

Ähnlich sieht es Parteifreund Käser mit Blick auf so manche Blüte: Natürlich sei es wichtig, seine Impulse zu kontrollieren und manches Posting lieber bleiben zu lassen. "Aber jeder hat mal einen schwachen Moment, das darf man nicht allzu hoch hängen." Auch undiplomatische Facebook-Diskussionen mit Beteiligung von Mandatsträgern sieht er weniger dramatisch: "Zum Diskutieren ist so eine Plattform ja da", sagt Käser. Natürlich könne das auf Dauer ermüdend sein. "Aber es muss ja niemand mitlesen." Und manche wollen weder mitlesen, noch mitschreiben: "Ich mag mit den Leuten direkt reden", sagt der CSU-Bundestagsabgeordnete Irlstorfer. "Da kann ich die Macht der Sprache nutzen. Aber der Trend ist nicht aufzuhalten." Dabei kann man nicht wirklich sagen, dass es unter deutschen Politikern besonders trendy wäre, einen Twitter-Account zu besitzen - anders, als in den USA. Einige haben zwar schon einen, nur interessiert sich kaum jemand dafür. Regierungssprecher Steffen Seibert steht mit seinem Auftritt deutschlandweit auf Rang 72 mit nicht einmal 700 000 Followern. Ein echter Politiker findet sich überhaupt nicht in den Top 100. Dafür Leute wie DJ "Zedd" auf Platz fünf oder Schauspielerin Cinta Laura Kiehl auf Platz zwölf. Der bayerische Finanzminister Markus Söder steht immerhin bei 11 000 Nutzern auf der Aboliste.

Trotzdem will auch Erich Irlstorfer in Zukunft versuchen, potenzielle Wähler über den Kurznachrichtendienst zu erreichen. "Ich werde das bald machen", sagt er. Zudem will er mit einem Youtube-Kanal experimentieren. Dennoch hält er alle Aktivitäten in sozialen Medien für einen Spagat. "Es kann erfolgreich sein. Aber man kann nicht was erklären, über das man fünf oder sieben Minuten reden muss."

Ähnlich sieht es beim CSU-Landtagsabgeordneten Karl Straub aus. Bei Twitter ist er überhaupt nicht, bei Facebook hält er sich laut eigener Aussage sehr zurück. "Es kostet wahnsinnig viel Zeit, alle Medien zu bedienen", sagt er. "Es gibt sehr erfolgreiche Politiker, die nicht bei Facebook sind. Es mag zwar eine Möglichkeit sein, aber eine Vielzahl der Leute ist eher genervt davon." Wovon Straub gar nichts hält, ist in Diskussionen auf den sozialen Netzwerken mitzumischen. "Daran nehme ich, von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht teil", sagt er. Man wisse einfach nie, ob die Profile die Leute sind, die sie vorgeben zu sein. "Da diskutiert teilweise ein Fakeprofil mit dem anderen." Das könne es nicht sein. "Ich habe selbst mal gedacht, die Sozialen Medien sind das Nonplusultra", räumt Straub ein. "Meine persönliche Erfahrung ist aber eine andere. Ich hoffe, dass sich die Leute bald wieder besser und qualitativer informieren möchten."

Auch SPD-Kreischef Käser räumt Schattenseiten ein: "Der informative Overkill, also die Geschwindigkeitszunahme und die ständige Aufregung in diesen schnellen Medien, lässt die Welt verrückt spielen", sagt er - auch mit Blick auf Trump. "Ich meine: Wir leben in einer Zeit, in der wir direkt mit dem US-Präsidenten verbunden sind", erklärt der Sozialdemokrat. "Seine Aussagen und Manipulationsversuche auf Twitter erfahre ich zur gleichen Zeit wie der russischen Außenminister - wenn das nicht so ernst wäre, wäre es fast schon lustig."