Pfaffenhofen
Christian Dierl zieht sich zurück

Zum zweiten Mal innerhalb eines halben Jahres wirft ein Kreisvorsitzender der Freien Wähler hin

23.04.2014 | Stand 02.12.2020, 22:47 Uhr

Auszeit: Christian Dierl will sich von allen politischen Ämtern und Mandaten zurückziehen - Foto: oh

Pfaffenhofen (PK) Christian Dierl schmeißt hin. Zum zweiten mal innerhalb eines halben Jahres müssen sich die Freien Wähler im Landkreis Pfaffenhofen wohl einen neuen Vorsitzenden suchen. Auch auf sein Kreistagsmandat und seinen Sitz im Wolnzacher Gemeinderat will Dierl verzichten.

Auf dem Papier bleibt der 33-jährige Malermeister noch bis zu den Neuwahlen Kreisvorsitzender der Freien Wähler, aus dem aktiven Geschäft wird er sich aber zurückziehen: „Entweder mache ich etwas ganz – oder gar nicht.“ Diese Grundüberzeugung steht auch hinter Dierls Entscheidung, der Kommunalpolitik den Rücken zu kehren – und sowohl sein Kreistags- als auch sein Wolnzacher Gemeinderatsmandat nicht anzunehmen (siehe Bericht auf Seite 25).

Eine Entscheidung, die am Ende eines schleichenden Prozesses steht, wie Dierl jetzt selbst weiß: Über Monate hinweg sei er nur von einem Termin zum nächsten gehetzt, ständig habe das Telefon geklingelt, immer habe er versucht, für alle da zu sein – und dabei die eigenen Kräfte bis zum Anschlag ausgereizt. „Ich muss einen Schnitt machen, so geht es nicht weiter“, so Dierl gestern im Gespräch mit unserer Zeitung. Ein Gespräch übrigens, das er selbst gesucht hat: „Es ist mir einfach wichtig, dass die Leute von mir erfahren, was los ist.“ Seine Gesprächspartner allerdings wählt er mittlerweile ganz akribisch aus, zu viel Lehrgeld habe er diesbezüglich bezahlt – gerade im aktuell zurückliegenden Wahlkampf.

Die Erfahrungen, die er hier gemacht hat, seien wohl „der berühmte Tropfen gewesen, der ein Fass zum Überlaufen gebracht hat“, nicht aber generell der Auslöser für seinen angeschlagenen Gesundheitszustand, der ihm ein Weitermachen wie bisher einfach nicht erlaube. Seine Entscheidung habe er zusammen mit seiner Familie wohl überlegt und nicht aus dem Bauch heraus gefällt. Sie sei deshalb unumstößlich.

Dierls Stellvertreter, der Pfaffenhofener Bauunternehmer Max Hechinger, will einen endgültigen Rückzug des Kreisvorsitzenden noch nicht wahrhaben. „Aus meiner Sicht gönnt er sich eine Auszeit“, sagt Hechinger. „Ich würde diesen Rückzug als Spontanreaktion sehen, es ist ihm wohl alles zu viel geworden. Er hat da wohl zu viel Ehrgeiz reingesteckt.“ War Dierl von Anfang an der falsche Mann für den Posten als Kreisvorsitzender, hat er die Tätigkeit unterschätzt? „Mit der Wucht, mit der es ihn vor allem in Wolnzach getroffen hat, hat er sicher nicht gerechnet. Dort ist es ja schon sehr persönlich geworden. Im Kreisverband gab es aber keine Probleme.“ Dierl hatte sich dafür rechtfertigen müssen, im Wolnzacher Gemeinderat eine Koalition mit der CSU besiegelt zu haben, obwohl vorher angeblich schon eine Partnerschaft mit er SPD ausgemacht gewesen war. Persönliche Angriffe waren die Folge. Trotzdem wünscht sich Hechinger eine Rückkehr des einstigen Hoffnungsträgers. So sei auch noch keine Neuwahl terminiert. „Wir haben keinen Handlungsdruck, wir haben einen funktionierenden Vorstand“, sagt Hechinger. Er selbst und der zweite Stellvertreter Herbert Nerb seien jetzt eben in der Pflicht. Wie genau es weitergeht, darüber will Hechinger nicht spekulieren. „Ich will Zeit ins Land gehen lassen. Wir wollen Christian Dierl nicht unter Druck setzen. Wir wünschen ihm, dass er wieder auf die Beine kommt.“

Ein Stück weit nachvollziehen kann der CSU-Kreischef Ludwig Wayand Dierls Rückzug. Die Arbeit als Kreischef sei nicht ohne. „Vor allem wenn man aus einem anderen Milieu kommt. Auch ich bin im ersten Jahr abends oft auf der Couch gesessen und habe mir gedacht, was habe ich schlimmes getan“, erzählt Wayand. „Es wird härter in der Politik – auch auf dieser Ebene. Aber ich mache es trotzdem gerne, ich komme mit dem Druck zurecht.“ Die Zusammenarbeit mit Dierl sei gut gewesen. „Sein Rücktritt trifft mich hart.“

SPD-Kreischef Markus Käser stellt einen ganz klaren Zusammenhang zwischen Dierls Rückzug und den Vorkommnissen bei den Bündnisverhandlungen in Wolnzach her. „Er kommt wohl nicht damit klar, dass er sein eigenes Wort brechen sollte“, spekuliert Käser. Generell müsse man in der Politik ein dickes Fell haben. „Wenn man sich selbst in eine solche Situation bringt, muss man da durch.“

Josef Postel kann Dierls Verhalten nicht nachvollziehen. „Wer sich aufstellen lässt, muss wissen, dass er von allen Seiten was abbekommt“, sagt der FDP-Kreisvorsitzende. „Er ist diesem Amt offensichtlich nicht gewachsen.“