Pfaffenhofen
Alternativloses Jamaika?

Die Pfaffenhofener Kreisvorsitzenden sehen eine schwarz-gelb-grüne Koalition mit gemischten Gefühlen

25.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:27 Uhr
Die AFD feiert nach ihrem Erfolg bei der Bundestagswahl. −Foto: Hauser, Johannes, Ing (Hauser, Johannes, Ing)

Pfaffenhofen (PK) Zur Jamaika-Koalition sehen die Partei-Kreisvorsitzenden letztlich keine Alternative. Karl Straub (CSU) macht aber keinen Hehl daraus, dass er mit dieser Konstellation sehr wenig anfangen kann. Bernd Kranich (AfD) will, dass seine Partei in der Opposition im Bundestag klare Kante zeigt.

„Schlimmer geht’s nimmer.“ Mit diesen drei Worten beschreibt CSU-Kreisvorsitzender Karl Straub das Ergebnis seiner Partei, die im Wahlkreis 214 im Vergleich zur vergangenen Wahl um elf Prozentpunkte auf 39,6 Prozent abrutschte. „Wir haben in allen CSU-Hochburgen im Landkreis Stimmen verloren“, so Straub. „Das Ergebnis ist die Schuld von CSU/CDU und SPD, und zwar im Bund, im Land und in den Kommunen.“ Die Volksparteien erreichten die Wähler nicht mehr. Der hohe Stimmenanteil für die AfD zeige, dass die etablierten Parteien auf drängende Fragen keine Antworten gehabt hätten. Vor allem die Flüchtlingspolitik habe Stimmen gekostet. Etwa beim Thema Abschiebungen. „Wir brauchen gesetzliche Änderungen, damit Menschen, die keinen Asylanspruch haben, auch abgeschoben werden können“, so Straub.

Gerade vor diesem Hintergrund sieht Straub einem schwarz-gelb-grünen Bündnis äußerst skeptisch entgegen: „Jamaika geht eigentlich gar nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Grünen bei einer Obergrenze oder bei der Dieselthematik auf unsere Linie einschwenken und wir können nicht nach links rutschen, sonst wird’s bei der Landtagswahl im nächsten Jahr eine Katastrophe und wir sehen noch ganz andere Wahlergebnisse – und zwar nicht im positiven Sinne.“ Die CSU müsse jedenfalls inhaltlich die Taktik ändern und auf alle Fälle klare Kante zeigen. Die Flüchtlingsobergrenze, die die Partei schon lange fordert, müsse zum Beispiel jetzt umgesetzt werden. Ob die Partei auch personell ihre Taktik ändern muss, dazu wollte sich Straub gestern noch nicht festlegen. „Horst Seehofer wird sicher über das Ergebnis nachdenken.“

Das tut auch die AfD. Der Kreisvorsitzende für Pfaffenhofen und Freising, Berhard Kranich, kommt allerdings zu völlig anderen Schlüssen. „Unsere Erwartungen wurden übertroffen“, so Kranich angesichts der 13,6 Prozent der Zweitstimmen im Wahlkreis. Dass die AfD nun über die Landesliste mit Johannes Huber „aus dem Stand“ einen Bundestagsabgeordneten stelle, sei großartig. „Wir werden die Verantwortung annehmen“. Im Bundestag werde nun konkret das Thema Migration eine große Rolle spielen. Auch wenn die AfD keine Ein-Themen-Partei sei, „viele Wähler haben uns wegen der Flüchtlingsfrage gewählt.“ Nun gelte es, „eine wirksame Opposition zu schaffen“. Denn die bisherige habe „ihren Namen nicht verdient“. Dazu gehörten nicht nur Sachargumente. „Wir müssen uns auch manchmal mit drastischen Worten Gehör verschaffen“, so Kranich. Wenn der AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland zur Jagd auf Merkel blase, dann „sehe ich keinen Grund, mich zu distanzieren“. Gauland meine das nur im übertragenen Sinne, zudem gehöre es dazu, auch mal klare Kante zu zeigen. „Wenn Sigmar Gabriel allerdings sagt, dass jetzt Nazis ins Parlament einziehen, ist das eine Verunglimpfung unserer Wählerschaft“, so Kranich. Er wünscht sich von den anderen Parteien einen „vernünftigen Ton“ bei der künftigen Zusammenarbeit.

Der SPD-Kreisvorsitzende Markus Käser will sich nach der Niederlage seiner Partei im Wahlkreis – die SPD verlor gegenüber 2013 vier Prozentpunkte und landete bei 12,4 Prozent – durchaus politisch mit der AfD auseinandersetzen. Gleichzeitig ist für ihn klar: „Unser Gegner bei dieser Wahl hieß nicht CSU oder AfD, sondern Glaubwürdigkeit“. Auch im Lokalen seien die Gründe für das schlechte Ergebnis nicht zu suchen, denn die SPD habe überall vergleichbare Einbußen. Allerdings habe man in der Koalition Fehler begangen. In der Regierung sei man „zu brav“ gewesen. Wer lange Zeit nur den faulen Konsens suche, könne keine greifbaren Alternativen anbieten. Für ihn ist der Weg nun klar: Mehr direkte Demokratie, mehr Fokus auf die Kommunen. Er will „den Großkopferten und den ausbeuterischen Konzernen die Stirn bieten“. Gesundheit, Infrastruktur, Energie, Wasser dürften keine marktwirtschaftlichen Spekulationsobjekte sein. Zur Landtagswahl wird das Thema Energiewende in Bayern wieder aktuell werden, glaubt Käser. Personelle Entscheidungen sollen aber erst Ende Januar getroffen werden, „nachdem hoffentlich eine Regierung gebildet wurde“. Jamaika sei Neuwahlen in jedem Fall vorzuziehen, so Käser.

Josef Postel, der stellvertretende Kreisvorsitzende der FDP, hätte sich Schwarz-Gelb für eine Koalition gewünscht, „aber jetzt wird es eben harte Verhandlungen mit den Grünen geben.“ Über das Ergebnis seiner Partei im Wahlkreis (10,4 Prozent) ist er „sehr erfreut“. „Das ist besser als ich es erwartet habe.“ Den Verlust der Union erklärt er damit, dass diese sich „mehr auf die linke Seite bewegt habe“. Der Wähler habe sich dann für die rechte Ecke entschieden.

Ganz anders sieht das Matthias Hofbauer von den Linken. Er ist Mitglied des Kreisvorstands der Region Ingolstadt, zu dem auch der Landkreis Pfaffenhofen gehört. „Die Volksparteien sind der AfD hinterhergerannt“, sagt er. Sie seien nach rechts gerückt, das zeige schon alleine „der nicht vorhandene Widerspruch gegenüber der AfD“. Hofbauer ist sich außerdem auch sicher, dass die Themen der großen Parteien falsch gewesen seien. Über das im Vergleich zum Vorjahr bessere Ergebnis seiner Partei im Wahlkreis (5,1 Prozent) ist er „nicht überrascht. Wir machen die beste Politik.“

Das findet auch Wilhelm Reim, Ortsvorsitzender der Grünen in Pfaffenhofen; allerdings in Bezug auf seine Partei (9,7 Prozent). Die Verhandlungen auf Bundesebene würden nun allerdings „sehr schwierig“. Während beispielsweise FDP und CDU auf Bundesebene weiter an der Braunkohle festhielten, „wollen wir unbedingt von der Braunkohle weg.“ Kompromisse einzugehen, das werde für seine Partei nicht nur in diesem Punkt „sehr schwierig“.