Pfaffenhofen
Blutiger Gründonnerstag

Karte aus dem 18. Jahrhundert liefert neue Erkenntnisse zur Schlacht von Pfaffenhofen

16.04.2014 | Stand 02.12.2020, 22:48 Uhr

 

Pfaffenhofen (PK) Zum 269. Mal jährt sich diesen Gründonnerstag die Schlacht bei Pfaffenhofen, mit der der Österreichische Erbfolgekrieg in Süddeutschland ein Ende fand. Eine historische Karte liefert nun neue Erkenntnisse zum Verlauf des Entscheidungsgefechts zwischen Franzosen und Österreichern.

Es ist ein blutiger Gründonnerstag: Tausende werden verwundet oder getötet. Österreichische Dragoner erstürmen vom Münchener Vormarkt kommend die Stadt Pfaffenhofen. Die Franzosen verschanzen sich hinter der damaligen Friedhofsmauer an der Stadtpfarrkirche und eröffnen das Feuer – eine Dreiviertelstunde lang herrscht Krieg auf dem Hauptplatz. Als es bei Mitterscheyern zur offenen Schlacht der Kriegsparteien kommen soll, bricht Panik aus: Die Franzosen und ihre Pfälzer Verbündeten ziehen sich angesichts der österreichischen Übermacht zurück – und werden dabei von wieder und wieder attackierenden Husaren dezimiert.

Diese dramatischen Ereignisse am Gründonnerstag des Jahres 1745 spiegeln sich in geometrischen Figuren auf einer bisher unbekannten Karte aus dem 18. Jahrhundert wider. In Olivgrün: die Stellungen der Österreicher. Ihnen gegenüber: rosa Rechtecke, die die Niederlage und den Rückzug der Franzosen und Pfälzer dokumentieren. Die Pfaffenhofenerin Ursula Beyer hat die Rarität gekauft und dem Heimat- und Kulturkreis, deren Vorsitzende sie ist, gespendet. Denn trotz geografischer Unschärfen liefert die historische Karte neue Erkenntnisse zur Schlacht bei Pfaffenhofen: „Darin ist klar aufgezeichnet, dass sich das Kampfgeschehen auch nördlich vom eigentlichen Schlachtfeld bei Mitterscheyern bis nach Menzenbach und Göbelsbach gezogen hat“, fasst der Göbelsbacher Historiker Frieder Leipold zusammen. Der 38-Jährige kennt die Quellen und Fakten zur Entscheidungsschlacht bei Pfaffenhofen wie kein anderer.

Auch wenn sie heutzutage kaum mehr Beachtung findet, hat die Schlacht bei Pfaffenhofen den Krieg zwischen Bayern und Österreich entschieden: „Die mit den Bayern verbündeten Franzosen erlitten bei Mitterscheyern eine vernichtende Niederlage.“ Die letzten Einheiten, die Widerstand hätten leisten können, waren ohne Flankendeckung ausgeliefert. „Die Österreicher haben bei Pfaffenhofen den Sack zugemacht – und eine Woche später musste sich der junge Kurfürst im Frieden von Füssen fügen“, erzählt Leipold. „Über die Schlacht legte sich bald der Mantel des Schweigens der Geschichte, und der genaue Verlauf des Gefechts geriet in Vergessenheit.“

Bis vor vier Jahren: Durch intensive Forschung hat der Heimat- und Kulturkreis damals das Schlachtfeld bei Mitterscheyern identifizieren können. Die Auswertung unterschiedlicher Quellen legte nahe, dass die anschließenden Verfolgungsgefechte nach Norden verliefen. „Scheyerer Pater, die Augenzeugen der Schlacht waren, beschrieben, dass sie tödlich verwundeten Soldaten bei Froschbach und Edenhub die Sterbesakramente erteilten“, erklärt Leipold. „Das deckt sich mit einer Stelle im Mirakelbuch von Niederscheyern, laut dem die Soldaten durch Menzenbach gezogen sind“. Darin berichte eine Menzenbacher Bäuerin namens Maria Wagner, dass ihr Anwesen beinahe geplündert wurde. „Die Vermutung, dass die Flucht der Franzosen nicht nach Westen in Richtung Schrobenhausen verlief, wie spätere Quellen behaupten, sondern nach Norden in Richtung Tegernbach, lag also nahe“, sagt Leipold. Einen Beweis dafür liefere nun die neu entdeckte Karte, auf der die französische Rückzugsroute durch Menzenbach und Göbelsbach eingezeichnet ist.

Die Karte stammt aus der Bibliothek der Herzöge von Luynes. Marie-Charles-Louis d’Albert de Luynes hatte am Österreichischen Erbfolgekrieg teilgenommen. Über den Zweck der Karte, die laut Leipold authentisch ist, kann man spekulieren: „Vermutlich ist das eine Art Rechenschaftsbericht – die Franzosen haben schließlich teure Kanonen und viele Soldaten verloren“, mutmaßt der Historiker. Die Karte habe belegen sollen, dass die hohen Verluste der Franzosen nicht durch Fehlentscheidungen der Offiziere, sondern durch die drückende Übermacht der Österreicher verursacht wurden: „Es war immerhin ein Rückzugsgefecht, bei dem die Franzosen mit Karacho das Schlachtfeld geräumt haben“, erklärt der Göbelsbacher. Am Froschbach bei Gneisdorf schließlich wurde den fliehenden Franzosen der morastige Boden zum Verhängnis: Die Kanonen und Fuhrwagen blieben stecken und mussten aufgegeben werden. „Das war der dramatischste Moment der Schlacht.“ Die Österreicher erbeuteten nicht nur die Kanonen. Auch die Pfälzer Kriegskasse und die Korrespondenz des französischen Generals Henri François de Ségur fiel in ihre Hände.

Auf die historische Karte ist übrigens Stadtarchivar Andreas Sauer in einem Antiquariat gestoßen. Auch wenn sie recht teuer war – die Rede ist von einem vierstelligen Betrag – hat Ursula Beyer sie gekauft und ihrem Verein gespendet. Verwahrt wird sie nun im Archiv des Heimat- und Kulturkreises – und nach Möglichkeit soll sie bei Ausstellungen auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.