Pfaffenhofen
Bitte lächeln

Stadtratsfraktionen ziehen überwiegend positive Bilanz nach einem Jahr Liveübertragung aus den Sitzungen

12.06.2013 | Stand 03.12.2020, 0:02 Uhr

Ins rechte Bild gerückt: Andreas Breitner betreut die Liveübertragungen aus den Pfaffenhofener Stadtratssitzungen und justiert bei Bedarf die Kameras nach, damit immer nur der aktuelle Redner zu sehen ist - in diesem Fall Bürgermeister Thomas Herker - Foto: Kraus

Pfaffenhofen (PK) Frisur sitzt, Kamera läuft: Seit genau einem Jahr werden die Stadtratssitzungen in Pfaffenhofen live im Internet übertragen. 773 Bürger schauen im Schnitt von zu Hause aus zu. Die Bilanz der Fraktionen fällt überwiegend positiv aus – doch an einer Ausweitung scheiden sich die Geister.

Die Befürchtungen waren damals groß, als der Stadtrat-Livestream im Internet diskutiert wurde: Vor laufender Kamera würden die Redebeiträge aufgebläht und polemisch auf Öffentlichkeitswirksamkeit statt auf die Sache getrimmt, hieß es. Die Sitzungen würden zum Schaulaufen verkommen, rhetorisch weniger gewandte Stadträte könnten benachteiligt sein – von den Tücken des Persönlichkeitsrechts ganz zu schweigen.

Doch nun, ein Jahr und zwölf gefilmte Sitzungen später, scheinen diese Befürchtungen weitestgehend vergessen. Hier und da wird eine vorformulierte Rede mehr abgelesen; und der Bürgermeister scheint die Kameras gerne zu nutzen, um sich in Szene zu setzen. Doch ansonsten ist das meiste wie zuvor – verbale Grenzübertretungen inklusive. „Die Stadtratssitzungen sind so, als wäre keine Kamera da“, berichtet Bürgermeister Thomas Herker (SPD). „Es gibt keine positiven oder negativen Auswirkungen auf den Sitzungsverlauf.“

Das bestätigt auch die Opposition: „Es funktioniert gut, und es ist sehr schnell wieder Normalität eingekehrt“, sagt etwa CSU-Fraktionssprecher Thomas Röder. Der Nutzen der Übertragungen sei allerdings schwer zu beurteilen. „Von der Bevölkerung wird es gut angenommen, also sollten wir weitermachen“, sagt auch Franz Niedermayr, Sprecher der Fraktionsgemeinschaft von FDP und dem parteilosen Stadtrat Johann Buska.

Die Liveübertragungen kommen bei den Bürgern offenbar gut an. Die Zuschauerzahlen, die der Bürgermeister präsentiert, können sich sehen lassen: „Die Resonanz ist erfreulich“, berichtet Herker. „2012 waren es durchschnittlich 758 eindeutig unterscheidbare Zuschauer.“ In diesem Jahr sind es demnach im Schnitt schon 773 gewesen – ob sie die ganze Sitzung oder nur ein paar Sekunden zugeschaut haben, spielt bei der Zählung aber keine Rolle. „Die Bandbreite reicht von 411 bis 1568 Zuschauer“, sagt Herker. Letzteres war vor vier Monaten der Fall, als die heiß diskutierte Wasser- und Abwassergebührenerhöhung auf der Tagesordnung stand. Das lässt sich durchaus so deuten, dass Bürger den Stream bei Themen, die sie betreffen, gezielt ansteuern. Zum Nulltarif gibt es den Bürgerservice allerdings nicht. Laut Herker kostet die Übertragung rund 600 Euro pro Sitzung.

„Die Zahlen sprechen für sich“, sagt Freie-Wähler-Fraktionssprecher Helmut Stadler zur Nutzerstatistik. Die Liveübertragung biete den Bürgern eine gute Möglichkeit, sich über das politische Geschehen in der Stadt zu informieren. Sollte das Interesse in Zukunft aber stark nachlassen, „mus man sich Gedanken machen, ob es für einige wenige noch Sinn macht“.

Da das Modell zunächst auf ein Jahr begrenzt war, soll in der Julisitzung des Stadtrats über die Fortführung entschieden werden. Herker ist sich dabei aber nicht nur einer Mehrheit sicher, sondern bringt im Gespräch mit unserer Zeitung sogar noch eine Ausweitung des Angebots ins Spiel: Der bisherige Kompromiss war, dass die Debatten nur live gesendet, nicht jedoch aufgezeichnet werden. „Künftig könnten wir auch in der Folgewoche Aufzeichnungen zum Abruf anbieten“, sagt Herker über seine Pläne. „Damit dürfte doch keiner ein Problem haben.“

Doch da täuscht er sich: „Sobald man aufzeichnet, kann Schindluder getrieben werden“, kritisiert CSU-Fraktionssprecher Röder solche Überlegungen. „Mit unserer Fraktion ist das nicht zu machen.“ Davon abgesehen sei die CSU aber durchaus für die Liveübertragungen – „auch wenn ich am Anfang wegen des Geldes dagegen war“.

Auch innerhalb der Bunten Koalition herrscht in der Mitschnitt-Frage keine Einigkeit. „Eine Ausweitung halte ich für nicht notwendig und übertrieben“, sagt etwa Reinhard Haiplik, Vizesprecher der Fraktionsgemeinschaft von Bündnis 90/Die Grünen und der ÖDP. Auch wenn seine Fraktion die Livesendungen an sich mit trage, sei er von Anfang an ein Skeptiker gewesen: „Das alleine entscheidende Element für Bürgernähe und Transparenz sind sie sicherlich nicht.“

Es gibt aber durchaus auch Anhänger einer Sitzungsaufzeichnung – zum Beispiel den Liberalen Niedermayr: „Es wäre doch interessant, es in der Folgewoche noch anschauen zu können, wenn man etwa am Abend der Sitzung keine Zeit hatte“, sagt er. Bedenken hat er dabei keine: „Es ist doch sowieso öffentlich.“ Und SPD-Fraktionssprecher Markus Käser springt als Herr des Bürgerdialogs sowieso in die Bresche: „Der nächste logische Schritt muss sein, die Sitzungen für eine gewisse Zeit online zur Verfügung zu stellen.“ So oder so seien die Liveübertragungen nicht mehr wegzudenken aus Pfaffenhofen. Die Zahl der Zuschauer sei dabei gar nicht entscheidend, betont Käser: Bei diesem „Baustein des Bürgerdialogs“ gehe es darum, „eine der Zeit und dem Stand der Technik angemessene Möglichkeit anzubieten“.