Pfaffenhofen
Bildhauer mit wachsender Begeisterung

Clemens Heinl stellt seine Skulpturen ab dem 17. September einen Monat lang in Pfaffenhofen aus

29.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:22 Uhr

Teil seiner eigenen Installation: Clemens Heinl - natürlich voll und ganz aus Fleisch und Blut - inmitten seiner Skulpturen, die er aus Holz und Bronze erschaffen hat. Sie sind ab Freitag, 16. September, einen Monat lang in der Pfaffenhofener Kulturhalle zu sehen. - Foto: Ermert

Pfaffenhofen (PK) "Die meisten kenne ich persönlich", sagt Clemens Heinl, während er ganz langsam durch die Pfaffenhofener Kulturhalle schlendert. "Der eine ist ein Freund von mir", sagt er beim Blick nach rechts. Weiter hinten steht ein ehemaliges Aktmodell aus seiner Studienzeit. Links ein weiterer Freund von ihm. Ganz drüben Helmut Schmidt, der Altkanzler. "Den kennt ja jeder", meint der Schwabacher Bildhauer dazu ganz trocken. "Und den ganz da vorne, den Albrecht, den mag ich eigentlich am liebsten."

In der weitläufigen Halle bilden die 18 großen und sechs kleinen Figuren eine illustre Gesellschaft. Überall könnten sie stehen. In einer Bahnhofshalle, draußen auf einem Platz oder auch drinnen in einem Saal. "Das Schöne daran ist: Wo auch immer sie stehen, überall wirken sie anders", meint der 57-jährige Künstler. Dann denkt er nach. Drei Stunden hat er sich Zeit genommen, um seine Werke für die Skulpturen-Ausstellung, die am 16. September mit der Vernissage beginnt und exakt einen Monat lang in der Ausstellungshalle am Ambergerweg zu sehen ist, in Stellung zu bringen. Ursprünglich war dieser erste Versuch nur dazu da, sich ein Bild zu verschaffen. "Ich wollte herausfinden, wie viele Figuren ich noch brauche, damit es wirkt", erzählt Heinl in breitem Fränkisch. Um jetzt festzustellen, dass es im Grunde schon ganz gut passt. "Das ist mir schon alles recht sympathisch", fügt er an. Allzu viel will er jetzt gar nicht mehr ändern. Vielleicht sogar rein gar nichts.

Wie er so dasteht und nachdenkt, wirkt er wie ein Teil seiner eigenen Ausstellung. Etwas Fleisch und Blut inmitten seiner Skulpturen aus Pappelholz und Bronze. "Bronze für die Haut, Holz für das Gewand", erklärt der Bildhauer die Wahl seiner bevorzugten Materialien, mit denen er nicht nur seit 1992 seinen Lebensunterhalt bestreitet, sondern ihm neben ausreichend Geld - so eine fertige Skulptur kostet schon mal gut und gerne einen fünfstelligen Betrag - auch jede Menge Lob und Anerkennung einbringt. Heinl ist Träger zahlreicher Preise und Anerkennungen, er stellt in aller Welt aus, seine Skulpturen sind Teil namhafter Sammlungen. Als ehemaliger Meisterschüler von Professor Wilhelm Uhlig hat er sich - nachdem ihm die Arbeit als Orthopädietechniker schlichtweg für sein Leben nicht reichte - einen Bereich erschaffen, in dem ihm so leicht keiner was vormacht. "Ich bin einfach nur Bildhauer - mit wachsender Begeisterung", sagt er mit einem breiten Grinsen. "Das kann ich am besten. Und es bereitet mir mit jedem Tag immer noch mehr Freude."

Clemens Heinl arbeitet seine Werke meistens aus großen Pappelholzblöcken heraus. Mit der Kettensäge. Oder mit der Axt. Sein Stil ist unverwechselbar. Irgendwie grob, aber doch unwahrscheinlich filigran. "Ich bin old school", sagt er über sich selbst. Er wollte noch nie etwas ganz Neues erfinden. Lieber Skulpturen schaffen, die er so gut hinbekommt, wie es nur geht. "Und ich lerne zum Glück immer noch dazu."

Der Arbeitsprozess, bis sich seine Köpfe von Holz in Bronze verwandeln, ist aufwendig. Aus seinem "ersten Leben" vor dem Studium hat er das Technische mitgenommen. Heinl kennt sich aus, wenn es darum geht, was er schafft. Am besten gefällt ihm aber das eigentliche Bildhauen. Die Bronzeköpfe fertigt er nicht selbst. Die lässt er gießen.

Sechs bis sieben Skulpturen stellt er in der Regel pro Jahr her. Mal mehr, mal weniger. Mal als Auftrag, mal aus reinem Spaß an der Freud. Mit Modellen, die er kennt und mag. Oder von Personen des öffentlichen Lebens, von Jürgen Klinsmann zum Beispiel, der deutschen Nationalmannschaft - oder auch nur von irgendeinem Scheich. "So wie man sich einen Scheich halt vorstellt. Der hat keinen Namen", sagt der Schwabacher ganz unkompliziert. Kunst muss sich nicht erklären oder rechtfertigen. Wohl dem, der tun und lassen kann, was er gerne möchte. Einmal hat Heinl für einen kleinen Skandal gesorgt, der ihm weit über Franken hinaus zu einer gewissen Berühmtheit verhalf. Ganz zu Beginn seiner Künstlerlaufbahn war das, im Jahr 1991. In Schwabach stellte er damals aus. Eine Figur, die vier Meter hoch war und an der er ein Jahr lang gewerkelt hatte. "Sie wurde zensiert", erzählt er im Rückblick. Und er kann sich das Lachen bis heute nicht verkneifen. Es handelte sich nämlich um einen Akt - und weil sich das "beste Stück" einer nackten und vier Meter hohen Skulptur nun mal etwa in der Körpermitte befindet, bedeutete dies zugleich in etwa auf Augenhöhe eines Besuchers. "Da hätte sich ja einer ein Auge ausstechen können", sagt Heinl mit satter Ironie in der Stimme. Der Akt wurde verhüllt - und fertig war die "Schniedelwutz-Affäre", wie sie die Lokalpresse kurzerhand getauft hatte.

Dem Renommee hat's nichts geschadet. Der jüngere Clemens Heinl - ganz jung war er als Künstler ja noch nie - hat noch mit Klöppel und Beitl gearbeitet, die Figuren mit Blech überzogen. Davon hat er sich längst verabschiedet. Das rohe Holz gefällt ihm immer besser. Die Kleidung malt er seinen Figuren mit Acrylfarbe auf. "Das hält prima, auch wenn sie im Freien stehen", begründet der Künstler seine Wahl. Und wenn er seine Auswahl so in der Kulturhalle stehen sieht, kommt er ins Schwärmen. In aller Welt hat Heinl schon ausgestellt, meist in Kombination mit Malern. Aber eine Halle ganz für ihn allein, das hat es noch nicht oft gegeben. Als ihn Karin Probst vom Neuen Pfaffenhofener Kunstverein Anfang des Jahres gefragt hat, ob er nicht Lust darauf hätte, hat der Schwabacher schnell zugesagt. "Der Raum ist perfekt. So viel Platz. Alles wirkt hier großartig. Das ist ein Juwel", sagt er. Ein Juwel, dem er mit seinen Skulpturen ein ganz eigenes Leben einhaucht. Darin Eintauchen lohnt sich. Und wenn es nur darum geht, mal dem Albrecht in Lebensgröße gegenüberzustehen. Mit seinem langen, schwarzen, lockigen Haar. Auch ein Franke. Einer der bekanntesten überhaupt. "Sogar den Dürer hab ich mitgebracht. Hoffentlich gefällt's den Pfaffenhofenern auch ein bisserl." Sagt der Künstler - und zieht das Eingangstor zu. "Bis Mitte September dann. Ade!"