Pfaffenhofen
Aleyna will es schaffen

Die 17-jährige Pfaffenhofenerin sucht nach einem Ausbildungsplatz bisher vergeblich

15.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:08 Uhr

Aleyna Dastan gibt nicht auf und lernt eifrig für den Quali. - Foto: Zurek

Pfaffenhofen (PK) Sie wirkt ein wenig scheu, ist bescheiden und doch eine Kämpfernatur: Aleyna Dastan hat die Förderschule hinter sich gelassen und strebt nun den Quali an. Um eine Lehrstelle hat sich die gläubige Muslimin bisher vergeblich beworben.

Woran das liegen kann? "Vielleicht daran, dass ich ein Kopftuch trage", mutmaßt die Schülerin, die gerne pharmazeutisch-kaufmännische oder medizinische Fachangestellte werden würde. Natürlich seien einige Ausbildungsstellen bereits besetzt gewesen, mancher Betrieb, bei dem sie aus eigener Initiative nachgefragt habe, bilde schlicht heuer nicht aus, erzählt sie. Das sei ja "normal und passiert auch anderen", sagt sie.

Betroffen gemacht habe sie allerdings ein Erlebnis: In einem Betrieb habe sie zur Probe gearbeitet und sei danach zum Vorstellungsgespräch gebeten worden, wobei man ihr ein Vertragsverhältnis anbot. Allerdings nur, "wenn ich mein Kopftuch abnehmen würde". Für die Forderung seien "hygienische Gründe" angeführt worden. "Das kann ich wirklich nicht verstehen", sagt die 17-Jährige - schließlich müssten in sensiblen Bereichen sonst die Mitarbeiter Kopfbedeckungen aufziehen, damit zum Beispiel keine Haare in Lebensmittel gelangen. Sie habe angeboten, ein besonderes "Arbeitskopftuch" zu tragen, was aber abgelehnt worden sei.

Die Reaktion verwundert Aleyna umso mehr, als sie bei Klassenkameraden an der Schule in Wolnzach oder in der Pfaffenhofener Jugendtagesstätte, wo sie nachmittags noch eifrig lernt, nie auf Vorurteile gestoßen ist. Aber bei Bewerbungen spüre sie im persönlichen Gespräch häufiger irgendwie Unsicherheit oder Ablehnung.

"Für mich ist das Kopftuch kein Spielzeug", betont die gebürtige Pfaffenhofenerin, deren Eltern aus der Türkei stammen. Aber es sei auch kein Zeichen ihrer Unterdrückung. Der Vater habe ihr sogar geraten, doch darauf zu verzichten, wenn die Arbeit davon abhinge. "Aber ich habe nun einmal meine Überzeugung und sogar ein Gelübde abgelegt und das ist für mich bindend", sagt die Neuntklässlerin, die mit ihren vier Geschwistern und den Eltern in Wolnzach lebt. "Das Kopftuch gehört einfach zu meiner Persönlichkeit dazu, aber deshalb bin ich doch nicht unterdrückt."

Dass sie einen Beruf erlernen, selbstständig sein und ihr eigenes Geld verdienen wolle, sei dafür doch der beste Beweis. Und noch eins ist ihr wichtig: Das Kopftuch sei nicht zu verwechseln mit einer wie auch immer gearteten Sympathie für Gewalt. "Ich bin überzeugt, Allah hat uns erschaffen und er ist es, der über Leben und Tod entscheidet", sagt sie. Wer wie die Terroristen des so genannten Islamischen Staates Menschen ermorde, verstoße gegen die Grundidee des Islam. "Für mich bedeutet der Glaube, dass ich dem Körper als Geschenk Gottes keinen Schaden zufügen darf", sagt sie. Das heißt auch: nicht rauchen, keinen Alkohol trinken, keine Tattoos (außer dem nicht permanenten aus Henna, das ihre Hände ziert) oder gar Piercings. "Wir sollten uns in dieser Gesellschaft einfach alle respektieren und akzeptieren, ob mit oder ohne Kopftuch."

Die beiden Betreuer der Jugendtagesstätte sagen, dass sie regelrecht entsetzt waren, als Aleyna von ihren Erfahrungen berichtete. Gerade weil hier ein Mädchen ihre Ängste überwunden und sich über die Förderschule zur Mittelschule hochgearbeitet hat, sei es traurig, "dass diese Bemühungen nun nicht belohnt werden", sagt Stephanie Knopf. Im Grunde sei es doch da nicht das Kopftuch, das die Emanzipation verhindere, sondern die Tatsache, dass man einen jungen Menschen auf seine Kopfbedeckung reduziere, so ihr Kollege Christian Braun. Aleyna indes gibt nicht auf.

"Ich häng mich jetzt rein, damit ich einen guten Quali schaffe", sagt sie und wendet sich wieder ihren Hausaufgaben zu, in der Hoffnung, dass sich doch noch ein Arbeitgeber findet, der ihr eine Chance gibt. Die Jugendtagesstätte agiert gern als Vermittler - Telefonnummer (08441) 4 98 16 80.