Neustadt
Mit kleiner Zille auf großer Fahrt

Nach dem Muster der Donau-Zillen baut Eduard Albrecht ein Boot und schippert von Ulm nach Neustadt

31.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:34 Uhr

Foto: Gabriele Scholtz

Neustadt (PK) Sengende Hitze, strömender Regen und unter dem Kiel der wilde Strom. Wobei der Nachbau der Zille, die Eduard Albrecht gebaut hat, ohne diesen wilden Strom auskommen musste. Wegen der Untiefen der Donau war die abenteuerliche Jungfernfahrt von Ulm nach Neustadt gefährdet.

Von einem wilden Strom des mit 2857 Kilometern zweitlängsten Flusses in Europa war am ersten Tag nichts zu spüren. Die Fahrt ging auf fast stehendem Gewässer träge dahin. Ohne den ein halbes PS starken Elektromotor wäre das Schiff nicht vorwärtsgekommen. Neun Stunden schipperten Eduard Albrecht und seine beiden Freunde von Ulm bis Günzburg, während die August-Sonne unbarmherzig vom Himmel brannte. Ein Aufatmen daher, als die Drei ihr Schiff beim Kanuclub in der schwäbischen Kreisstadt festmachen konnten. Es war längst 20 Uhr vorbei, als sie todmüde und erschöpft in ihre Schlafsäcke krochen. Im klubeigenen Fitnessraum hatte man ihnen Unterkunft gewährt.

Tatsächlich zeigte sich die Donau zwischen Ulm und Ingolstadt als trauriger Fluss, eingemauert in einem starren Bett mit jeder Menge Staustufen, die Albrecht und seine Crew am Tag darauf zu bewältigen gehabt hätten. Doch sie schenkten sich einen Teil davon und transportierten das Schiff auf dem Schlepper.

Die Idee, sich ein eigenes Boot nach dem Muster der Donau-Zillen zu bauen, hatte Eduard Albrecht schon lange vor der abenteuerlichen Reise beschäftigt. Im November 2016 begann er schließlich, sie umzusetzen. Vorher hatte der pensionierte Lehrer an der Mittelschule in Vohburg Bücher über die Geschichte und Technik der Schiffe mit wenig Tiefgang und deren Konstrukteure gewälzt. Von diesen Zillenbauern gibt es heute gerade noch zwei an der österreichischen Donau. Albrechts Erfahrung nach seinen Recherchen: "Da hat jeder so gebaut, wie er wollte." Daher entwarf er ebenfalls einen eigenen Plan, verklebte Holzplatten, verschraubte einzelne Teile und verzichtete auf Nägel, wie sie früher verwendet worden waren. Die damaligen Schiffe kamen auf eine Länge von bis zu 30 Metern und waren fast acht Meter breit. Eduard Albrecht begnügte sich mit fünf auf 1,40 Meter an der breitesten Stelle, ähnlich der Zillen, die noch heute die Fischer benutzen. Sie sind in der Regel zehn Meter lang. Schutz vor Sonne und Regen gibt eine Dachkonstruktion mit einer stabilen Plane, mit der auch Albrecht sein Schiff ausstattete.

Pfingsten waren die Arbeiten auf der Werft im heimischen Garten in Marching abgeschlossen, die "Herzog Ludwig" konnte zu Wasser gelassen werden. Das geschah im Bundeswehrhafen in Wackerstein, dann folgten Probeläufe von Vohburg bis Neustadt und nach Eining. Nachdem "alles sehr gut gelaufen war", starteten Kapitän und Mannschaft mit Auto und Schiff auf dem Hänger Richtung Ulm und schließlich auf der Donau nach Günzburg.

Von dort bis nach Neuburg hindern Schleusen das Fortkommen, weil sie mit einer Zille nicht zu überwinden sind. Daher musste das Schiff immer wieder auf den Schlepper gehoben und zu Land transportiert werden. Bei strömendem Regen erreichten die drei schließlich den Campingplatz am Ziel.

Bei strahlendem Sonnenschein ging's am nächsten Tag weiter. Von den Brücken in Ingolstadt war Albrecht als Steuermann schwer gefordert. An deren Pfeilern bilden sich Strudel, die geschickt umfahren werden müssen, um einen Aufprall zu vermeiden: "Das wäre das Ende gewesen."

Als die Türme vom Kraftwerk in Irsching zu sehen sind, fühlen sich alle schon der Heimat nahe. Zweieinhalb Stunden sind es nun noch bis zum Hafen in Neustadt, "da, wo die Donau am schönsten ist", findet Albrecht. Und übertreibt nicht, schließlich handelt es sich zwischen Vohburg und Kelheim um einen der letzten noch frei fließenden Teile des 368 Kilometer langen Abschnitts der Donau in Bayern. Logisch, dass Albrecht auf dieser naturnahen Strecke in diesem Jahr noch ein paar weitere Ausflüge per Schiff plant.