Neuburg
Zweijährige Flucht endet im Gefängnis

Drei Jahre Haft für 31-jährigen Golflehrer wegen Drogenbesitz "Sammelleidenschaft" für ungewöhnliche Substanzen

13.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:33 Uhr

Neuburg (vb) Golflehrer. Drogendealer. Drogensüchtiger. Zwei Jahre auf der Flucht. Es war schon eine abenteuerliche Kombination, die da gestern am Amtsgericht Neuburg verhandelt wurde. Am Ende standen drei Jahre Haft für den 31-jährigen Angeklagten wegen Drogenhandels und -besitzes.

Eben jener Angeklagte aus dem Landkreis Pfaffenhofen ist jemand, den man sofort wieder vergessen würde, begegnete man ihm zufällig auf der Straße. Im Amtsgericht jedoch stach er heraus - eben weil sein Äußeres so gar nicht zu dem passt, was man dort sonst so zu Gesicht bekommt. Das kurze Haar gescheitelt, die Statur schmal, die Brille altmodisch. Dass der 31-Jährige überhaupt etwas mit Drogen zu tun haben könnte, auf diese Idee würde man im Traum nicht kommen.

Seine Geschichte jedoch hat es in sich. Mit 16 Jahren begann er, regelmäßig Marihuana zu rauchen. Das Kiffen wurde im Laufe der Zeit immer mehr, bis er täglich sechs Joints rauchte. Mit dem vollendeten 18. Lebensjahr kamen die harten Drogen dazu: Ecstasy, Amphetamine, Kokain. Parallel dazu entwickelte der ausgebildete Golflehrer eine überaus seltsame und bizarr anmutende "Sammelleidenschaft". In seiner Wohnung, einem Anbau ans Elternhaus, hortete er die unterschiedlichsten Arten von Drogen, von denen ein Normalsterblicher - und auch nicht die Richterin Celina Nappenbach - jemals gehört hat. Diese Substanzen besaß er in kleinen Mengen, also ganz offensichtlich für den Eigengebrauch. Marihuana und Amphetamine wurden allerdings in erheblich größeren Mengen bei ihm gefunden und sichergestellt, sodass von Anfang an die Vermutung nahe lag, dass der junge Mann die Drogen auch weiterverkauft hat.

Apropos sichergestellt: Dass sich der Golflehrer jenseits der Grenze des Legalen aufhielt, kam vor zweieinhalb Jahren ans Licht. In einem anderen Zusammenhang benannte ein Mann den vorbestraften 31-Jährigen bei der Polizei als seinen Kokain-Dealer. Eine Streife aus Ingolstadt fuhr daraufhin zum Angeklagten, der damals bei seinen Eltern wohnte, und klingelte. Doch anstelle des Gesuchten machte dessen Vater die Tür auf. Am Telefon jedoch versprach der Golflehrer, sich der Polizei zu stellen und nach Hause zu kommen. Fehlanzeige. Der Mann tauchte nicht auf - und zwar die folgenden zwei Jahre nicht. Er tauchte unter, verschwand vom Radar, lebte im Verborgenen. So verborgen jedenfalls, dass die Polizei ihn trotz Haftbefehls nicht festnehmen konnte.

In seiner Wohnung allerdings stellten die Beamten derweil alle möglichen Drogen sicher. Und offensichtlich bot sich ihnen dabei ein ungewöhnliches Bild. "Sie haben auf jeder Freifläche Ihrer Wohnung Betäubungsmittel aufbewahrt", sagte Richterin Celina Nappenbach ungläubig, nachdem sie Fotos vom Tatort gesehen hatte. In Tütchen, Schränken und Schubladen, Rucksäcken und Vasen, Tupperboxen und Honiggläsern: überall Drogen. Dazu das übliche "Werkzeug": Feinwaagen, eine Marihuana-Aufzuchtanlage und ähnliche Utensilien.

Und obwohl er wusste, dass die Polizei hinter ihm her war, hörte er nicht auf mit dem Drogenhandel, sondern machte immer weiter und weiter - bis Anfang dieses Jahres ein Paket, das er im Internet bestellt und an die Adresse seiner Mutter hatte schicken lassen, abgefangen wurde. Erneut rückte die Polizei an, und diesmal ließ er sich nach einem kurzen Sprung durchs Fenster dann doch im Garten festnehmen. Seitdem sitzt er in Untersuchungshaft.

Vor Gericht räumte er gestern seine Taten vollumfänglich ein, sein Verteidiger Michael Kümpfbeck erläuterte, dass sein Mandat "bestimmt kein Großdealer" gewesen sei, aber eben die Sammelleidenschaft für außergewöhnliche Rauschmittel entwickelt habe. Und selbst drogensüchtig sei. "Er war sein bester Kunde." Ein Gutachter bescheinigte dem Angeklagten die Sucht, aber auch die Tatsache, dass er therapierbar sei. Auch, weil er positive Voraussetzungen dafür mitbringe: Intelligenz und die Motivation, sein Leben zu ändern. Staatsanwältin Franziska Schlicker forderte für den Golflehrer eine Haftstrafe von drei Jahren und sechs Monaten, außerdem einen Aufenthalt in einer Entziehungsklinik. "Da war schon erhebliche kriminelle Energie im Spiel", sagte sie. "Es waren große Mengen und im Schnitt auch von guter Qualität." Rechtsanwalt Kümpfbeck hielt maximal zwei Jahre und sechs Monate für ausreichend. "Im Mittelpunkt sollte jetzt die Gesundung und soziale Rehabilitation meines Mandaten stehen."

Das Schöffengericht unter Vorsitz von Celina Nappenbach schließlich verurteilte den Mann zu drei Jahren Haft und einem Entzug in einer Therapieeinrichtung. "Sie haben für und mit Betäubungsmitteln gelebt", sagte sie. "Dass Sie weitergemacht haben, als die Polizei ihnen schon auf der Spur war, und im Verborgenen geblieben sind, das ist schon ein starkes Stück. Sie hätten dem Ganzen viel früher ein Ende bereiten können."