Münchsmünster
Erst überlegen, dann sägen

Künstler Klaus Schwendner schafft Holzskulpturen mit der Kettensäge

23.04.2014 | Stand 02.12.2020, 22:47 Uhr

Charakterhölzer: Klaus Schwendner verwendet für seine Skulpturen am liebsten Hölzer mit starker Maserung. Mit der Motorsäge entstehen unter seinen Händen ausdrucksstarke Figuren wie die Gruppe „Die Wartenden“ im Münchsmünsterer Rathaus - Foto: Lamprecht

Münchsmünster / Abensberg (PK) Sie warten. Worauf genau, das weiß niemand. Vielleicht auf bessere Zeiten, vielleicht auf mehr Geld. Auf Anerkennung, auf Wohlstand. „Sie warten, worauf viele halt so warten“, sagt Klaus Schwendner. Und wie viele andere unternehmen auch sie nichts, um sich ihrem Ziel zu nähern. Seit vielen Jahren schnitzt der Abensberger Künstler mit der Motorsäge große und kleine Skulpturen aus Holz. Sechs davon, die Gruppe der Wartenden, sind im Münchsmünsterer Rathaus ausgestellt.

Bei Schwendner in Abensberg, wo er sich ein kleines Atelier eingerichtet hat, steht eine Anzahl großer, dicker Baumstämme. Pappeln, Eichen, Kirschen und einige andere. Aus ihnen sollen einmal Skulpturen werden. Bevor ihnen der Künstler aber mit der Kettensäge zu Leibe rückt, lässt er sie einige Zeit stehen, betrachtet sie immer wieder, lässt sie auf sich wirken. „Und irgendwann sieht man dann, was daraus werden könnte“, erzählt Schwendner, der im Hauptberuf Kunst und Mathematik an der Johann-Turmair-Realschule in Abensberg unterrichtet. „Die Wartenden“, sagt er, „kommen aus einem Baum, der schon eine Weile herumstand. Der einfach so dastand und nichts weiter.“ So wie die Wartenden.

So oder so ähnlich ergeht es Schwendner oft bei der Ideensuche. Häufig geben der Baum, seine Form, die Art des Holzes, die Maserung oder schon vorhandene Risse vor, was einmal aus ihm werden könnte. Deshalb sucht Schwendner für seine Arbeit auch spezielles Holz: Früher, so erzählt er, habe er viel mit Pappelstämmen gearbeitet. Sie waren günstig, oft auch umsonst zu haben und leicht zu bearbeiten, weil das Holz recht weich sei.

Heute sei das anders. Umsonst bekomme man heute nichts mehr, weil alles zu Hackschnitzeln verarbeitet werde. Und: „Dann sind Pappeln draußen natürlich auch nicht so lange haltbar. Und es ist halt auch traurig, wenn man sie dann so vor sich hin modern sieht und sie irgendwann zersägen muss, weil sie ja doch oft ziemlich groß sind.“

Deshalb bevorzugt er heute andere Hölzer wie Eiche oder Kirsche. Klassische Schnitzhölzer wie Linde verwendet Schwendner dagegen nicht. „In vielen Fälle haben sie ihre Berechtigung“, sagt er. „Aber zu dem, was ich mache, passt so ein farbloses Holz einfach nicht.“ Schwendners Figuren sind abstrakt, sie wollen gegenständlich sein, aber nicht nachbilden. Da brauche es, da ist sich der Künstler sicher, auch ein ausdrucksstarkes, ein lebendig wirkendes Holz.

Schwendners Werke, die auch auf seiner Homepage www.artmove.de zu sehen sind, sind aber nicht nur ausdrucksstark, sie wecken auch Emotionen. Ganz besonders augenfällig wurde das bei seiner in Abensberg berühmt gewordenen, fast vier Meter hohe Skulptur „Protestmensch“, die – vor einigen Jahren vor dem Abensberger Rathaus aufgestellt – vom Bürgermeister schon kurz nach der Installation eigenmächtig entfernt und erst nach großem Wirbel in der Öffentlichkeit wieder aufgestellt wurde.

Solch große Figuren wie den Protestmenschen schafft Schwendner derzeit aber nicht mehr. Es sei zu aufwendig, die Arbeit an sich, der Transport und auch die Installation, zu der dann ein Kran notwendig sei. „Und dann muss man natürlich auch jemanden finden, der so ein Riesenteil aufstellen will“, sagt er schmunzelnd.

In den vergangenen Monaten hatte Schwendner aber ohnehin andere Sorgen: Eine Verletzung am Handgelenk machte die Arbeit mit der fünf Kilo schweren Kettensäge unmöglich. „Das ist was ganz anderes, als wenn man im herkömmlichen Sinn Holz schneidet oder Bäume fällt,“ erklärt er. „Man hält die Säge fast immer frei. Oft auf Kopfhöhe oder in anderen ungewöhnlichen Positionen. Da merkt man das Gewicht auf Dauer sehr viel mehr.“

Vor wenigen Tagen aber griff Klaus Schwendner wieder zur Säge. Auch wenn es noch nicht so gut ging wie vor der Verletzung und er noch nicht wieder viele Stunden am Stück arbeiten kann – Ideen hat er schon genug. Und das Wichtigste für den Künstler: „Der Spaß ist auch schon wieder da.“