Manching
Auszeichnung für Recycling-Rakete

Manchinger Airbus-Mitarbeiter sind an der Entwicklung eines wiederverwendbaren Triebwerks beteiligt

26.11.2015 | Stand 02.12.2020, 20:30 Uhr

Ein wiederverwendbares Raketen-Triebwerk ist ihr Ziel: Diese Airbus-Mitarbeiter aus Manching und einige ihrer europäischen Kollegen tüfteln am Adeline-Projekt. - Foto: Airbus

Manching (PK) Mit einem wiederverwendbaren Raketentriebwerk haben zwei Airbus-Mitarbeiter in Manching ein erfolgreiches Konzept mitentwickelt: Bei einem internen Wettbewerb der verschiedenen Unternehmensstandorte in Europa wurden sie nun ausgezeichnet.

Das Beschleunigen ist überhaupt kein Thema. Aber das Abbremsen ist eines der größten Probleme. „Auf den ersten Blick erscheint das recht trivial“, räumt Michael Stamm ein. „Aber es ist technisch äußerst schwierig“, ergänzt sein Manchinger Airbus-Kollege Bartholomäus Bichler: „Oben haben wir fünffache Schallgeschwindigkeit, unten 300 oder 400 Kilometer in der Stunde.“ Wir, das bedeutet in diesem Fall die wiederverwendbare Rakete Adeline, an der die Ingenieure des Konzerns seit einigen Jahren tüfteln. Für ihr Projekt wurden sie am Mittwochabend in Manching bei einem internen Wettbewerb der verschiedenen Airbus-Standorte in Europa ausgezeichnet.

Flüge in den Weltraum sind eine teure Angelegenheit. Denn abgesehen vom stillgelegten Space Shuttle kreisen Raketen bestenfalls noch einige Zeit im Orbit, wenn sie ihre Aufgabe erfüllt haben, verglühen dann in der Atmosphäre oder stürzen als Weltraumschrott ins Meer. Und das ist ziemlich kostspielig. „Früher bekamen wir die Aufträge von der öffentlichen Hand. Aber auch der Satellitenmarkt ist kommerzieller geworden“, sagt Stamm – und der Kostendruck enorm. Daher brüten die Fachleute seit einigen Jahren an der Recycling-Rakete.

„Es existieren unterschiedliche Konzepte am Markt“, erklärt Bichler. Bei dem Luft-, Raumfahrt- und Rüstungskonzern Airbus konzentrieren sich die Ingenieure darauf, bloß das Triebwerk mit der Steuerung wieder heil zurückzubringen. „Das ist mit Abstand der teuerste Teil“, ergänzt Pressesprecher Florian Taitsch. Die Airbus-Leute sind überzeugt, dass dies wesentlich günstiger komme, als die ganze Rakete mitsamt den großen Tanks zu retten. „Wir sind der Marktführer in Sachen Wirtschaftlichkeit“, freut sich Pressemann Taitsch. Was sich so plausibel anhört, birgt im Detail zahlreiche Probleme. Denn es ist – sehr vereinfacht ausgedrückt – vergleichsweise simpel, eine Rakete zu beschleunigen und nach oben zu bringen. Technisch wesentlich anspruchsvoller ist der umgekehrte Weg, das Ding aus dem Weltraum wieder zurückzuholen und sicher zu landen. Die Beherrschbarkeit der Technik während der Temporeduzierung, die Hitze, die Verringerung des Gewichts – all das müssen die Ingenieure in den Griff bekommen. Die Pläne der Airbus-Techniker sehen vor, den Landeanflug des Triebwerks mit kleinen Flügeln zu steuern. Es sind also sowohl Elemente der Luft- als auch der Raumfahrttechnik, die integriert werden müssen. Das Projekt ist erst am Anfang, bis zur Markteinführung können bis zu zehn Jahre vergehen. Rund 50 Leute arbeiten insgesamt an der Adeline. „Airbus macht den Flugzeugteil, die Kollegen von der Space-Abteilung den Raketenteil“, erläutert Stamm. An dem Vorhaben sind neben Manching auch Airbus-Standorte in Spanien und Italien beteiligt.

Genau das macht die Adeline für Bernhard Gerwert, Chef der Airbus Militär- und Raumfahrtsparte, so wertvoll. „Viele Projekte sind bei uns sehr gut verwirklicht worden“, sagte Gerwert sinngemäß bei der internen Feier mit etlichen Führungskräften in Manching – bei einem internationalen Konzern wird natürlich auf Englisch kommuniziert. Doch für die Zukunft sei es enorm wichtig, dass Mitarbeiter verschiedener Sparten und Standorte zusammenarbeiten.

Insgesamt waren heuer 288 Vorschlage für die „Awards of Excellence“ eingereicht worden – eine Zahl, die auch Gerwert überrascht hat. Nach einer ersten Sichtung blieben noch 55 Empfehlungen übrig, die der Militär- und Raumfahrtchef allesamt gelesen hat. „Wir haben die Auswahl sehr ernst genommen“, betonte Gerwert, wobei Teamcharakter und Innovation maßgebliche Kriterien waren. Die 13 besten Mannschaften konnten ihre Projekte schließlich in den verschiedenen Bereichen in Manching präsentieren, und Adeline war eins davon – zur großen Freude des gesamten Teams.