Pfaffenhofen
Kinderpornos hochgeladen

19-jähriger Flüchtling wird vom Amtsgericht zu einem Wochenende Jugendarrest verurteilt

17.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:47 Uhr
ARCHIV - Ein Richterhammer und ein Strafgesetzbuch liegen am 19.03.2013 im Landgericht Osnabrück (Niedersachsen) auf einem Tisch. Bei der Urteilsfindung sind Schöffen hauptamtlichen Richtern gleichgestellt. In diesem Jahr suchen die Kommunen im Norden wieder interessierte Bürger für das Schöffenamt. Foto: Friso Gentsch/dpa (zu dpa: «Als Hausfrau fünf Jahre Richter sein - Schöffen werden gesucht» vom 03.04.2013) +++(c) dpa - Bildfunk+++ −Foto: dpa/Friso Gentsch (dpa)

Pfaffenhofen (ahh) Zu einem Wochenende Jugendarrest verurteilte das Pfaffenhofener Amtsgericht einen 19-jährigen Flüchtling, weil er kinderpornografische Fotos aus dem Internet heruntergeladen, gespeichert und an einen Bekannten weitergeleitet hat. Hamed S. (Name von der Redaktion geändert) sitzt verschüchtert auf der Anklagebank.

Er spricht kaum deutsch, ein Dolmetscher übersetzt, was Richter und Staatsanwältin ihn fragen. Neben dem Richter zwei Schöffen, hinter Hamed sein Pflichtverteidiger, schräg gegenüber zwei Vertreterinnen der Jugendgerichtshilfe, außerdem eine Sozialpädagogin, die ihn im Auftrag des Jugendamts betreut. Fraglich, dass sich in Hameds bisherigem Leben jemals so viele Menschen um ihn gekümmert haben.

Seine Familie ist vor den Taliban von Afghanistan nach Pakistan geflohen, wo Hamed auch aufgewachsen ist, sagt er vor Gericht. Eine Schule habe er dort nie besucht, bei Hochzeiten, übersetzt sein Dolmetscher, habe er mitunter als Kellner gearbeitet. Das war’s. Vor zwei Jahren, erzählt der 19-Jährige, habe ihm sein Vater gesagt: „Das Leben hier ist unsicher. Geh nach Deutschland.“ Der Hintergrund: In Pakistan leben drei Millionen afghanische Flüchtlinge, die die Regierung abschieben möchte. Einem seiner drei Kinder wollte er eine bessere Zukunftschance geben. Was sein Vater für seine Flucht bezahlt hat, weiß Hamed nicht.

„Deutschland ist schön“, sagt Hamed auf die Frage von Amtsrichter Ulrich Klose, warum er denn nach Deutschland gekommen sei. Aber so richtig überzeugt klingt das nicht. Hamed, der hier zur Schule geht, tue sich schwer mit dem Lernen, berichtet seine Betreuerin. Offensichtlich. Denn andere Flüchtlinge in ähnlicher Situation, bestätigt Klose, sprechen sehr viel besser Deutsch als Hamed.

Vor einem halben Jahr wurden Fahnder auf ihn aufmerksam, weil er Pornografie-Fotos von Kindern über ein soziales Netzwerk an einen Bekannten verschickt hatte. Bei einer Durchsuchung fand die Kripo in seinem Zimmer auf seinem Handy und auf SIM-Karten weitere eindeutige Fotos. „Aus Neugier“ habe er sich diese Fotos angesehen und sie an einen Bekannten weitergeleitet, weil er annahm, dass den das auch „interessiert“. „Nein“, unterstreicht sein Pflichtverteidiger Dr. Jörg Gragert, sein Mandant stehe nicht auf Kinder. Und, zugegebenermaßen: „Wir haben schon Schlimmeres gesehen.“

Was es nicht besser macht. Dass Kinderpornografie in Deutschland ein Straftatbestand ist, will Hamed nicht gewusst haben, räumt aber ein zu wissen, dass solche Fotos in Pakistan verboten sind. „Kinderpornografie“, hält ihm Staatsanwältin Bianca Kampert in ihrem Plädoyer vor, „ist ein absolutes No-Go. Hinter jedem Bild steckt ein sexueller Missbrauch.“ Das müsse man dem Angeklagten klarmachen, weshalb sie ein Dauerarrest von zwei Wochen „zum Nachdenken“ fordert. Richter Klose schickt Hamed schließlich für einen Freizeitarrest ein Wochenende lang in die Justizvollzugsanstalt nach Landshut. Damit er nicht vergisst: „Ohne Missbrauch können solche Fotos nicht gemacht werden. Und das führt dazu, dass diese Kinder für ihr ganzes Leben geschädigt sind.“

Was Hameds Vater zu der ganzen Sache sagen würde, ist nicht bekannt. Sein Sohn versichert, schon seit Längerem keinen Kontakt mehr zu ihm zu haben. Sein Handy samt SIM-Karten waren von der Polizei eingezogen worden.