Ingolstadt
"Wie ein Monster"

Opfer schildert dem Schwurgericht seine Eindrücke bei der Meißelattacke

23.10.2014 | Stand 02.12.2020, 22:05 Uhr

Ingolstadt (PK) Für das inzwischen 49-jährige Opfer war es ein schwerer Tag: Fast zwei Stunden lang hat die Manchingerin, die am 24. September vorigen Jahres von ihrem damaligen Mann überfallen und mit einem Meißel traktiert worden ist, gestern im Mordversuchsprozess vor dem Landgericht ihr Erlebnis geschildert und auf Fragen geantwortet.

Die Frau leidet ihren Angaben zufolge noch heute unter Spätfolgen der damals erlittenen Verletzungen, hat aber offenbar auch ein generelles Misstrauen gegenüber Männern entwickelt. Das Verhältnis zu ihrem früheren Ehemann, der jetzt auf der Anklagebank sitzt, schilderte sie als über viele Jahre äußerst belastet und von Angst erfüllt.

Wie mehrfach berichtet, hatte der heute 53-jährige Aussiedler seiner bereits getrennt lebenden Frau an jenem späten Abend auf deren Heimweg von der Arbeit aufgelauert und sie offenbar ohne jegliche Vorwarnung mit einer 44 Zentimeter langen, teils mit Stoff umwickelten Stahlstange attackiert. „Wie ein Monster“ habe er stumm, aber mit hasserfülltem Gesicht auf sie eingeschlagen, nachdem er sich von schräg hinten an sie herangeschlichen hatte, schilderte die Frau gestern die ersten Sekunden des Angriffs vor Gericht.

Danach schwanden dem Opfer offenbar schnell die Sinne. Sie sei zu Boden gegangen und habe nach den ersten zwei oder drei Schlägen auf den Kopf weitere Hiebe mit Armen und Händen abzuwehren versucht, könne dazu aber keine konkreten Angaben mehr machen, so die Arbeiterin, die seinerzeit zwei blutende Platzwunden am Hinterkopf, einen Daumenbruch und etliche Prellungen an einer Schulter und an den Armen erlitten hatte. Ein gestern vor dem Schwurgericht gehörter Arzt erklärte, die Verletzungen am Kopf seien zum Glück leichterer Natur gewesen, der gebrochene Daumen habe sich wegen Komplikationen aber als langwierige Beeinträchtigung erwiesen. Die Frau klagte, dass sie noch immer nicht voll arbeitsfähig sei und unter Schmerzen leide.

Über viele Jahre, so erfuhren die Prozessbeteiligten vom Opfer, aber auch von den beiden erwachsenen Kindern des einstigen Paares, hatte die Ehe der beiden Russlanddeutschen unter den Trinkgewohnheiten und der offenbar herrischen Art des jetzigen Angeklagten gelitten. Sie habe „zeitlebens Angst“ vor ihrem Mann gehabt, der unter Alkoholeinfluss stets zu Aggressionen geneigt, sie früher auch gelegentlich geschlagen habe, so die Frau. Der Sohn (heute 28) schilderte, wie sein Vater bei den wildesten Exzessen nach übermäßigem Genuss von schwarz gebranntem Schnaps mitunter auf allen Vieren („wie ein Hund“) ins und durchs Haus gekrochen sei.

Wegen seiner Alkoholeskapaden hat der Mann bereits vor längerer Zeit seinen Führerschein verloren. Gegenwärtig sitzt er wegen einschlägiger Delikte zum wiederholten Mal in Haft. Die Drohungen gegen seine Frau und deren neuen Freund, so die gestrigen Aussagen aus der Familie, sollen nach der letzten Haftentlassung im Sommer vorigen Jahres losgegangen sein. Der Tochter gegenüber soll der 53-Jährige – wiederum nach stärkerem Alkoholgenuss – gedroht haben, beiden Gewalt antun zu wollen. Auch einen Brandanschlag auf das Auto des neuen Partners soll er da eingeräumt haben. Von „Blut“ sei die Rede gewesen, berichtete auch das Opfer, das die Monate vor dem Überfall als „Katastrophe“ bezeichnete: „Ich hatte Angst, aus dem Haus rauszukommen.“ Der Prozess wird übernächste Woche fortgesetzt.