Ilmmünster
Stürmische Debatten

Ilmmünsterer Windräder: Turbulente Szenen und emotionale Appelle bei der Infoversammlung

18.03.2016 | Stand 02.12.2020, 20:04 Uhr

Foto: Hans Steininger

Ilmmünster (PK) So groß war das Interesse der Bürger von Ilmmünster, dass es im Vereinsheim der Wanderfreunde nur noch Stehplätze gab. Sehr zur Freude der Initiatoren der "Bürgerinitiative gegen Windräder in Ilmmünster Herrnrast".

Rund 130 Anwohner waren der Einladung der Bürgerinitiative gefolgt, deren erster Schritt ein Bürgerbegehren gegen die Errichtung der geplanten Windräder sein wird. Dazu werden 200 Unterschriften benötigt, die nach der Informationsveranstaltung locker erreicht werden dürften. Denn die Inhalte des Vortrags von Franz Lisson als Hauptinitiator ließen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Natürlich wiederholten sich die seitens der Windkraftgegner bekannten Argumente, auf die Lisson aber detailliert einging. So widerlegte er Zweifel an der Beweiskraft medizinischer Aussagen zum Infraschall anhand von elf Seiten Quellenangaben der betreffenden medizinischen Fachliteratur allein bis zum Jahr 2011. Die Zerstörung des Orts- und Landschaftsbildes fand Ausdruck in Originalfotos der für den Transport und Bau der Windräder erforderlichen Kahlschläge und Schneisen im Gröbener Forst. Bezogen auf die Effizienz der Windräder in unseren Breiten sprach er von einer nachweisbaren "unterdurchschnittlichen Vollauslastung. Sein besonderes Augenmerk galt der Photovoltaik, da unsere Region laut Deutschem Wetterdienst über einen der höchsten Werte für Sonneneinstrahlung in der BRD verfüge, im Gegensatz zum Windatlas, der für Bayern relativ geringe Werte aufweise.

Mit fortschreitender Dauer des Vortrags verstärkte sich die Skepsis der Zuhörer gegenüber der Windkraft. Das lag auch an den Bildern mit von Rotorblättern zerstückelten Vögeln und beleuchteten, blinkenden Rotorblättern in der Nacht. Wie auch an Statistiken relevanter Institutionen über Wertverluste der Immobilien, fraglicher Renditeversprechen bis hin zu Warnungen der "Verbraucherzentrale für Kapitalanleger" (VzfK) vor Windkraft-Engagements.

Deutliche Kritik übte er auch an der Informationspolitik der Gemeinde. Die Bürger hätten zuerst aus dem Pfaffenhofener Kurier von den geplanten Windrädern erfahren, bis im Gemeindeblatt Anfang März das Thema bekannt gemacht wurde. Am 5. April veranstalte die Gemeinde eine Bürger-Informationsveranstaltung "ohne Rederecht für die Bürgerinitiative", so Lisson, dagegen aber für die Regensburger "Primus Energie GmbH als Planungsträger und Pfaffenhofens Bürgerenergiegenossenschaft.

Mit Hans Huber aus Göbelsbach kam ein Betroffener zu Wort, der seine Erfahrungen in der Nachbarschaft der Windräder schilderte und auch über seine vergeblichen Versuche, von Behörden Unterstützung zu erhalten. Die stützten sich auf technische Angaben der Hersteller, die sich bei Nachmessungen aber als unrichtig erwiesen hätten. Huber empfahl allen Anwesenden, sowohl tagsüber, als auch in der Nacht, von Tegernbach nach Göbelsbach zu fahren, nicht nur wegen des Lärms, sondern auch wegen der Optik, insbesondere bei Dunkelheit. Selbst in einer Entfernung von 1,9 Kilometern könnten Anwohner in der Hauptwindrichtung bei offenem Fenster nicht schlafen. Bürger wollten wegziehen, aber sehen sich mit dem Wertverlust ihrer Häuser konfrontiert, in Engelmannsberg hätten sich Häuser bereits als unverkäuflich erwiesen, so Huber.

Das war Wasser auf die Mühlen besorgter Zuhörer, die den anwesenden Gemeinderäten Brigitte Wallner (CSU) als Zweite Bürgermeisterin und Patrick Soffner (CSU) vorwarfen, die Pläne, und das sogar einstimmig, abgenickt zu haben. Bürgermeister Anton Steinberger (CSU) fehlte entschuldigt, der musste eine Schulinformationsveranstaltung leiten. Wallner und Soffner hatten einen schweren Stand. Um den Bürgern gegenüber konkrete Aussagen machen zu können, brauche man zuerst eine Planung, so Wallner. Aus der könne "die Gemeinde jederzeit aussteigen", wenn der Bürgerwille das verlange. Von der daran zweifelnden Bürgerá †seite kamen drastische Äußerungen wie eine vermutete "Gehirnwäsche" der Gemeinderäte bis hin zum Vorwurf "vorsätzlicher Körperverletzung" der Bürger. Auf den Punkt brachte es Helmut Simek: Über so wichtige Fragestellungen sollte der Gemeinderat die Bürger vor einer Beschlussfassung informieren. Bei der Bürgerversammlung am 5. April sollten beide Parteien gleichberechtigtes Rederecht erhalten. "Öffnet Euch", appellierte er unter dem Applaus der Zuhörer an den Gemeinderat, "und macht am 5. April eine ebenso offene Veranstaltung".