Ilmmünster
Der Wind dreht sich

Trotz des negativen Bürgerentscheids: Regensburger Firma lässt zwei Windräder bei Ilmmünster prüfen

26.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:23 Uhr

Foto: Patrick Ermert

Ilmmünster (PK) Die Bürger haben gesprochen - eigentlich, denn nun kommen womöglich doch Windräder nach Ilmmünster. Die Regensburger Primus Energie GmbH hat einen Vorbescheid für zwei Windkraftanlagen bei Herrenrast beantragt.

Das Bürgervotum vor knapp anderthalb Monaten war eindeutig: 646 Ilmmünsterer stimmten beim Ratsbegehren grundsätzlich gegen Windkraft in der Gemeinde, das entspricht gut 55 Prozent der abgegebenen Stimmen - und der Gemeinderat hatte von Anfang an versprochen, sich an diese Entscheidung zu halten. Den geplanten Anlagen der Bürgerenergiegenossenschaft (BEG) bei Herrenrast erteilten die Politiker daher eine Absage. Doch schon nach der Entscheidung der Bürger war klar: "Die Fläche im Forst bleibt für Investoren trotzdem interessant. Mal abwarten, ob uns da nicht noch was blüht", sagte beispielsweise SPD-Gemeinderat Jens Borggräfe. Er sollte Recht behalten, denn wie das Regensburger Unternehmen der Gemeinde in dieser Woche mitteilte, ist jetzt ein Vorbescheid für zwei Windkraftanlagen bei Herrenrast beantragt: Nun soll geprüft werden, welche Wohnbebauung für die sogenannte 10-H-Regelung relevant ist. Das Landratsamt bestätigt, dass dieser Antrag eingegangen ist - inhaltlich seien allerdings noch keine Aussagen möglich, so Pressesprecher Karl Huber. "Das Landratsamt prüft das." Auch wer letztlich bei diesem Vorhaben beteiligt werden soll, müsse noch geprüft werden.

Hintergrund ist, dass Windräder, die in den ausgewiesenen Flächen im Landkreis geplant sind und mit dieser Abstandsregelung konform sind, auch ohne Bürgerbeteiligung und ohne Beteiligung der Gemeinden möglich sind. "Wir als Gemeinderat sind da nicht Herr des Verfahrens", erklärt Bürgermeister Anton Steinberger. Es sei eine immissionsschutzrechtliche Frage, der Antrag der Firma liege nun beim Landratsamt. "Die Firma Primus hat uns informiert, dass sie diesen Antrag gestellt hat." Voraussichtlich im Oktober steht das Thema auf der Tagesordnung des Ilmmünsterer Gemeinderates. Für Steinberger ist zwar klar: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Gemeinderat zustimmen wird - bei dem eindeutigen Bürgervotum." Der CSU-Bürgermeister fügt an: "Wir fühlen uns an das Votum gebunden." Doch ihm ist klar: "Wenn der Gemeinderat Nein sagt, aber das Vorhaben rechtmäßig ist, dann sind wir als Gemeinde außen vor."

Mit dieser harten Aussage liegt der Ilmmünsterer Rathauschef tatsächlich richtig: "Wenn sie sich an 10 H halten und die Anlage liegt in einer Konzentrationsfläche, dann können sie auch privilegiert bauen", erklärt Manfred Russer, Vorsitzender des Planungsverbands Windkraft. Denn dann wäre letztlich ein immissionsschutzrechtliches Verfahren das entsprechende Vorgehen. "Da wird die Gemeinde gehört", sagt Russer. "Aber wenn man es privilegiert bauen kann, dann könnte es sein, dass man es nicht verhindern kann."

Nach der landkreisweiten Windkraftplanung gibt es bei Ilmmünster eine 71 Hektar große Fläche, auf der mittels Bebauungsplan Windräder möglich wären - davon wiederum sind auf einem Areal von 17,4 Hektar Windkraftanlagen privilegiert möglich, und zwar mit einer Gesamthöhe von 150 bis 170 Metern. Das leitet Russer aus dem Teilflächennutzungsplan ab, er will sich aber noch genauer mit dem zuständigen Planungsbüro absprechen.

Was genau die Überlegungen der Regensburger Firma sind - wie groß die beiden Windräder werden sollen und ob die Standorte noch den bisher angedachten Stellen entsprechen - hat sich am Freitag nicht klären lassen: Die zuständigen Projektplaner bei der Regensburger Firma waren nicht zu erreichen. Ob tatsächlich Anlagen mit einer Gesamthöhe von maximal 170 Metern gebaut werden, das sieht Russer kritisch. "Bei Windkraftanlagen unter 200 Meter ist die Wirtschaftlichkeit ein Problem", sagt er. Zum Vergleich: Die Anlage bei Engelmannsberg ist 200 Meter hoch, die Windräder im Förnbacher Forst würden maximal 230 Meter hoch werden.

Auch Franz Lisson, Initiator der Ilmmünsterer Bürgerinitiative gegen Windkraft, zeigt sich den Plänen gegenüber skeptisch. "Das glaube ich aufs erste nicht", sagt er. Denn würde die Firma bei den bisher geplanten Standorten bleiben, wäre die 10-H-Regelung zwar gegenüber Ilmmünster eingehalten, nicht aber gegenüber den Nachbargemeinden Reichertshausen und Paunzhausen, ist Lisson überzeugt. Und er fügt an: "Wenn die die Dinger sehr niedrig bauen, dann ist das natürlich ein Wirtschaftlichkeitsproblem." Lisson erinnert hier an die Anlage in Johanneck bei Paunzhausen, die hinter den Erwartungen zurück bleibt. Für ihn ist allerdings klar: "Wenn es solche Pläne für Ilmmünster gibt, werden wir das nicht einfach hinnehmen."

Nicht mehr mit im Boot ist bei den neuen Plänen der Regensburger Firma die Bürgerenergiegenossenschaft (BEG). "Jetzt bekommen die Ilmmünsterer Windräder - und sind selbst nicht daran beteiligt", nennt BEG-Sprecher Markus Käser den seiner Meinung nach größten Nachteil. Für ihn ist dabei klar: "Ob jetzt 230 oder 170 Meter: Rein optisch macht das keinen Unterschied." Eine Furcht der Ilmmünsterer Windkraftgegner - die Umgebung der Wallfahrtskirche Herrnrast wird durch solche Anlagen beeinträchtigt - wird dadurch also womöglich doch noch Realität.

Eine Beteiligung der Bürger am Ertrag der Anlagen hält Käser für "sehr unwahrscheinlich". "Die Firma bräuchte dazu einen Partner - auf die BEG ist hier noch keiner zugegangen", berichtet Käser und fügt an: "Wir als BEG werden uns an das Bürgervotum halten." Letzten Endes steht Ilmmünster nun vor der Situation, vor der Käser gewarnt hatte: "Wenn wir es nicht machen, macht es ein anderer."