Hettenhausen
38-Jähriger stößt seinem Bruder ein Messer in die Brust

Streit unter Geschwistern um ein zu lautes Radio endet mit lebensbedrohlicher Attacke – Drei Jahre Haft

25.11.2015 | Stand 02.12.2020, 20:30 Uhr

Hettenhausen/Neuburg (PK) Es war sein eigener Bruder, den er fast umgebracht hatte – und das wegen einer Lappalie. Nun ist ein 38-Jähriger vom Amtsgericht Neuburg zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt worden.

Das Radio war zu laut. Doch anstatt es einfach leiser zu drehen oder ganz auszuschalten, eskalierte der Streit zweier Brüder im Juli dieses Jahres in Hettenshausen (Kreis Pfaffenhofen) derart, dass am Ende der Jüngere dem Älteren ein Küchenmesser in die Brust rammte. Nur durch Zufall verfehlte die Klinge das Herz des 40-Jährigen um wenige Zentimeter – ansonsten wäre die brutale Attacke wohl tödlich ausgegangen.

Der Tag hatte eigentlich völlig harmlos begonnen. Die Brüder arbeiteten als Bodenleger in München, nach Feierabend trank man zusammen mit weiteren Kollegen Whiskey-Cola und Bier. Doch schon da fing der erste Streit an, vermutlich wegen des Whiskeys, den der 38-Jährige ausgetrunken hatte. Man schubste sich, raufte – das sei wohl öfter passiert, gab einer der Zeugen vor Gericht an. Der ältere Bruder fuhr dann mit seinen Freunden in Richtung Geisenfeld an einen Badeweiher. Zurück in Hettenshausen gingen alle zusammen in einen Biergarten – der Angeklagte jedoch setzte sich getrennt vom Rest an einen anderen Tisch und kehrte auch schon früher heim in die gemeinsame Wohnung.

„Ich bin dann ins Bett gegangen“, berichtete der 38-Jährige Richterin Celina Nappenbach. Was dann jedoch geschah, an das alles konnte er sich nur noch vage erinnern. Sein Bruder sei ins Zimmer gekommen wegen des Radios und habe ihn am Kinn gepackt, der 40-Jährige sei wütend gewesen. Das Messer habe zufällig im Wohnzimmer gelegen, damit habe er zugestochen. „Ich konnte nicht glauben, was passiert ist“, sagte der nicht vorbestrafte Angeklagte. Und auch ein Polizist gab im Zeugenstand an: „Er war sichtlich schockiert.“

Die Freunde riefen geistesgegenwärtig einen Krankenwagen, der Jüngere versuchte die sechs Zentimer tiefe Wunde an der Brust seines Bruder mit einem Handtuch zu stoppen. „Vielleicht war es ein Reflex“, vermutete der 40-Jährige, der seinem kleinen Bruder vor Gericht die Tat verzieh. Sichtlich bewegt und zerknirscht hatte der sich zuvor entschuldigt. Beide Männer hatten Tränen in den Augen.

Staatsanwalt Jürgen Staudt forderte eine Haftstrafe von dreieinhalb Jahren, Verteidiger Jörg Gragert hielt zweieinhalb Jahre für ausreichend. Richterin Celina Nappenbach entschied sich schließlich für drei Jahre. „Das war ein völlig überzogenes Verhalten als Reaktion auf solch eine Lappalie.“